"Für jeden gibt es den perfekten Mitbewohner": Neue App soll Münchner WGs zusammenbringen
AZ: Herr Bader, wie ist die Idee zur heyroom-App entstanden?
Johannes Bader: Ich bin jetzt seit fast acht Jahren in München und habe schon in vielen WG-Konstellationen gelebt. Tatsächlich hat es bisher nur einmal so richtig gut funktioniert. Als ich drei Jahre mit einem guten Freund zusammengewohnt habe, hat das meine Sicht auf WGs komplett verändert. Da kam mir die Idee zu einer neuen App.
Und dann?
Zum Zeitpunkt der Idee habe ich bereits fast zehn Jahre als externer Berater bei Volkswagen gearbeitet und dort viel Erfahrung in der digitalen Produktentwicklung gesammelt. Als ich gemerkt habe, wie schwierig die WG-Suche ist, habe ich erst einmal versucht, mit den vorhandenen Anbietern zu verhandeln, um deren Service auf ein neues Level zu heben. Als das nicht so wirklich funktioniert hat, dachte ich: "Mach ich's einfach selber." So ist heyroom entstanden. Dann habe ich einige Freunde mobilisiert, und seitdem sind wir ein Team aus sieben Leuten, die die WG-Suche vereinfachen wollen. Es gibt so viele coole Leute da draußen, die muss man doch zusammenbringen. Für jeden gibt es den perfekten Mitbewohner, man muss ihn nur finden.

Mitbewohner mit "dem gleichen Vibe" finden
Was machen Sie mit heyroom anders als andere Anbieter?
Die WG-Suche ist sehr langwierig und dadurch extrem negativ konnotiert. Oft sucht man ewig, bis man den richtigen Mitbewohner oder die richtige Mitbewohnerin gefunden hat. Die derzeitigen Angebote helfen da wenig. Sie sind gar nicht darauf ausgelegt, Menschen zu finden, die wirklich zusammenpassen. Egal wie viel Zeit man investiert, es ist einfach extrem schwer, das Passende zu finden. Das wollen wir ändern. Unsere App ist quasi nur darauf ausgelegt, Leute zu finden, die zusammenpassen. Suchende können ihre Interessen angeben und werden dann mit WGs verbunden, die den gleichen "Vibe" haben. So gestaltet sich die Suche leichter und unkomplizierter.
Was ist aus Ihrer Sicht eine funktionierende WG?
Das kann man, glaube ich, nicht pauschal sagen. Menschen sind so individuell, da kann man kein Geheimrezept vorlegen. Beim Zusammenleben geht es ja, wie bei jedem anderen Miteinander auch, um Beziehungsdynamiken. Jeder Mensch ist anders und hat andere Interessen und Vorlieben. Man muss nicht immer genau gleich sein, aber wichtig ist eine gewisse Art der Kommunikation oder eine stille Übereinkunft darüber, wie man zusammenleben will. Wenn beide Mitbewohner gerne Bücher lesen und nicht so viel zusammen unternehmen wollen, kann das ja auch völlig in Ordnung sein. Wichtig sind aber Kommunikation, gegenseitiger Respekt und dass man sich auch mal zurücknehmen kann - über alles andere kann man dann reden.
Die unliebsamen Zweck-WGs
Was sind Zweck-WGs und wie lassen sie sich vermeiden?
Für mich ist eine Zweck-WG eine Gemeinschaft, die nur darauf ausgelegt ist, sich Wohnraum und Miete zu teilen, ohne ein entspanntes Miteinander. Dieses Konzept habe ich eigentlich nie verstanden. Ich glaube nicht, dass irgendjemand gerne in einer Zweck-WG wohnt und sich die Wohnung mit jemandem teilt, mit dem es sonst nicht funktioniert. Auch wenn man sich nicht so oft sieht und das für alle in Ordnung ist, kann das ja gut funktionieren. Dann ist das aber auch noch keine Zweck-WG. Man muss einfach einen guten Mittelweg für sich selbst und mit seinen Mitbewohnern finden. Kommunikation ist da für mich das Stichwort. Oft ist das Problem aber auch einfach, dass man schnell eine Wohnung oder einen passenden Mitbewohner mit zu wenig vorhandenen Mitteln finden muss. Da bleibt dann oft nicht genug Zeit, um sich richtig kennenzulernen.
München ist ja nicht gerade das einfachste Pflaster für WGs. Was kann man aus Ihrer Sicht gegen die hohen Mieten tun?
Die Politik in München sollte sich mal ein Beispiel an Wien nehmen. Dort gehören fast ein Viertel der Wohnungen der Stadt. Die wurden in den frühen 1900ern nie an private Träger verkauft und sind deshalb sehr günstig. Es wäre total einfach, auch in München mehr Grund zu kaufen, darauf Wohnungen zu errichten und zu fairen Preisen zu vermieten. Als heyroom wollen wir die Prozentzahl an WGs in der Stadt grundsätzlich erhöhen und WGs eine Stimme in der Gesellschaft geben. Wohngemeinschaften sind die nachhaltigste Form des Zusammenlebens, das wollen wir fördern. Außerdem gibt es ja bereits Regularien, um den hohen Mieten in München entgegenzuwirken. Bestes Beispiel ist die Mietpreisbremse. Die ist aktuell nur so ineffektiv, weil niemand davon Gebrauch macht. Aktuell ist es Sache der Mieter, gegen zu hohe Mieten in ihren Wohnungen vorzugehen und gegen ihre Vermieter zu klagen. Das muss sich auf jeden Fall ändern. Da muss die Stadt eigentlich mal richtig durchgreifen. Die Mieten müssen zentral geregelt werden und nicht durch private Träger willkürlich in die Höhe getrieben werden.
App: An oberster Stelle steht das Marketing
Wie kann man Ihr Projekt sonst noch unterstützen?
Am besten ist es, wenn Menschen unsere Beiträge und Videos auf Instagram und Facebook liken und teilen, damit noch mehr Leute von uns erfahren. Es geht darum, die Message auf die Küchentische zu bringen. "Spread the word" ist unser Motto aktuell. Die Leute sollen wissen, wie viel Spaß WG-Leben machen kann und dass es nun die Mittel gibt, das zu verwirklichen. Oft sind die Leute in ihrer Wohnung unzufrieden oder frustriert von der Suche. Uns geht es darum, den Spaß zurückzubringen und die richtigen Leute zusammenzubringen.
Haben Sie noch andere Aktionen nebenher laufen, an denen man sich beteiligen kann?
Aktuell betreiben wir vor allem Marketing für die App. Nebenher sind wir aber auch immer wieder auf diversen Demos unterwegs, um uns für bezahlbaren Wohnraum und gegen die Gentrifizierung der Städte einzusetzen. Mit einem jungen Künstlerkollektiv aus München haben wir bereits eine Ausstellung in der Maxvorstadt realisieren können. Außerdem wollen wir noch weitere WG-Events planen, bei denen Menschen zusammenkommen und sich austauschen können, damit eine echte Community entstehen kann. Es gibt genug coole Leute in München, die müssen sich finden können.
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