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Friedensgebet in München: Absage nach Kritik – das sagt OB Dieter Reiter

Der Münchner Muslimrat plante für Montag ein interreligiöses Friedensgebet, bei dem laut Kritikern auch islamistische Teilnehmer erwartet wurden. Nun wurde die Veranstaltung abgesagt.
von  Jan Krattiger, Ralph Hub, Hüseyin Ince
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. (Archivbild)
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. (Archivbild) © imago/Eibner

München - Das für Montagabend geplante Friedensgebet in München findet nun doch nicht statt: Wie die Stadt am Montagmittag mitteilte, hat unter anderem der Vertreter der jüdischen Religionsgemeinschaft seine Teilnahme abgesagt.

"Es war Voraussetzung für die Übernahme meiner Schirmherrschaft, dass auch ein Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft ein Gebet spricht. Das ist nun leider nicht mehr der Fall. Das bedauere ich, habe aber auch Verständnis dafür", sagt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Die Zeit sei "derzeit offenbar nicht reif, um in und für München ein gemeinsames Friedensgebet zu ermöglichen", so Reiter weiter.

Kurz nach der Ankündigung des gemeinsamen Gebets, an dem ursprünglich Münchner Imame, ein Rabbi und Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche hätten teilnehmen sollen, gab es vonseiten des Linken Bündnis gegen Antisemitismus Kritik daran. Auch Volker Beck als Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft forderte eine Absage.

Friedensgebet in München: Absage aus terminlichen Gründen?

Der Termin für das interreligiöse Gebet war erst vergangenen Freitag von allen Seiten vereinbart worden. Im Laufe des späten Montagvormittags hätten dann die jüdische Gemeinde, die katholische Kirche sowie Oberbürgermeister Dieter Reiter abgesagt, so der Muslimrat. Als Grund nannten alle drei Parteien terminliche Gründe.

Auch die Idee des Muslimrats, Vertreter der jeweiligen Gemeinden und des Rathauses zum Gebet zu entsenden, sei abgelehnt worden, sagte ein Sprecher des Muslimrats am Montag. Auf AZ-Anfrage wirkten die Sprecher der Israelitischen Kultusgemeinde und der Erzdiözese Freising überrumpelt von der Absage und konnten das zunächst nicht kommentieren.

Trotz der Absage versammelten sich am Abend mehrere Dutzend Menschen, vor allem Christen, um gemeinsam zu beten. Auch Imam Idriz war am Marienplatz. "Ich wusste, dass Menschen kommen würden und wollte sie nicht alleine lassen", sagte er zur AZ. Nachdem die anderen Glaubensgemeinschaften abgesagt haben, hätte man das ebenfalls tun müssen. Das sei sehr schade, so Idriz. Es berühre ihn, dass trotzdem so viele Menschen gekommen seien.

Am Montagabend sind versammeln sich mehrere Menschen trotz der Veranstaltungsabsage, um gemeinsam zu beten, unter ihnen der Penzberger Imam Benjamin Idriz (Mitte, mit Kerze).
Am Montagabend sind versammeln sich mehrere Menschen trotz der Veranstaltungsabsage, um gemeinsam zu beten, unter ihnen der Penzberger Imam Benjamin Idriz (Mitte, mit Kerze). © Daniel von Loeper

Ursprungsmeldung: Der Aufruf klingt in diesen Zeiten des Kriegs im Nahen Osten versöhnlich: Am Montag (6. November) um 18 Uhr sollen auf dem Marienplatz Münchner Imame, der Rabbi Jan Guggenheim der Israelitischen Kultusgemeinde München sowie Vertreter der Evangelischen und der Katholischen Kirche zu einem gemeinsamen Gebet für "Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten" zusammenkommen. 

Zum Abschluss soll der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) Dankesworte sprechen – er hat die Schirmherrschaft für die Veranstaltung übernommen. Entsprechend machen die Organisatoren auch Werbung, inklusive offiziellem Logo der Stadt.

Kritik an geplantem Friedensgebet auf dem Marienplatz

Zum Hintergrund: Mehrere Imame um Benjamin Idriz, Vorstand des Münchner Forums für Islam, hatten zuvor in einem offenen Brief kritische Worte an den Oberbürgermeister gerichtet. Danach gab es Gespräche, man hat offenbar die Wogen glätten können.

Nun aber wird scharfe Kritik an der geplanten Veranstaltung laut, konkret an einigen Teilnehmern des gemeinsamen Friedensgebets. Es sei "nichts als eine Farce, die der Normalisierung des Islamismus dienen soll", kritisiert das Linke Bündnis gegen Antisemitismus in einem langen Text auf seiner Webseite, der am vergangenen Samstag veröffentlicht wurde. Dass OB Reiter die Schirmherrschaft übernommen hat, sei ein "Skandal und völlig inakzeptabel". 

Das Bündnis fordert den Oberbürgermeister und auch die Kirchenvertreter auf, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen und "damit ein Zeichen der Solidarität mit Israel und gegen jedweden Islamismus und Antisemitismus zu setzen".

Bündnis kritisiert Muslimrat: Nähe zu Muslimbruderschaft

Konkret richtet sich die Kritik des Bündnisses an den Münchner Muslimrat, in dem auch das Islamische Zentrum München und die Al-Ahibba-Moschee vertreten sind. Beiden wirft das Bündnis eine "große Nähe" zur Muslimbruderschaft vor. Die islamistische Terrororganisation Hamas, die am 7. Oktober Israel angegriffen, mehr als 1.400 Menschen getötet und mehrere hundert Geiseln genommen hat, ist der palästinensische Zweig dieser Muslimbruderschaft.

Das Bündnis kritisiert unter anderem, dass sich der Münchner Muslimrat zu wenig von den Muslimbrüdern und dem Angriff vom 7. Oktober distanziert.

Kritik an Imam Benjamin Idriz

Und auch Benjamin Idriz, den Penzberger Imam und Initiant des Friedensgebets am Montag, kritisiert das Bündnis deutlich und greift damit eine Kritik auf, die auch Marian Offman, SPD-Stadtrat und Beauftragter der Landeshauptstadt für interreligiösen Dialog, geäußert hat. Idriz habe den Angriff der Hamas als unislamisch bezeichnet, lasse aber "eine Anerkennung des Staates Israel nicht erkennen", zitiert ihn das "Sonntagsblatt".

Der Aufruf zum Friedensgebet auf dem Marienplatz am Montag, 6. November um 18 Uhr.
Der Aufruf zum Friedensgebet auf dem Marienplatz am Montag, 6. November um 18 Uhr. © Münchner Forum für Islam

In Idriz' Aufruf ist von all dem nichts zu lesen, er ruft dazu auf, "für Frieden und gegen jegliche Art von Hass, Gewalt und Intoleranz einzustehen". Es sei in diesen schwierigen Zeiten "Aufgabe und Verpflichtung", Geschlossenheit und Zusammenhalt zu zeigen.

SPD-Fraktionschefin Anne Hübner: "Tischtuch mit Muslimen nicht zerschneiden"

Oberbürgermeister Dieter Reiter wollte sich auf Anfrage der AZ nicht zu der Kritik äußern. Stattdessen reagierte SPD-Fraktionschefin Anne Hübner auf "X" (ehemals Twitter). Es sei "auch Verdienst des OBs", dass es in München "im Unterschied zu anderen Städten – nicht zu größeren Demonstrationen oder Ausschreitungen" gekommen sei. Es sei wichtig, "auch jetzt das Tischtuch zu den hier lebenden Muslimen nicht zu zerschneiden", schrieb sie am Montagvormittag.  

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Rund 450 Menschen nahmen laut Polizei am Sonntagnachmittag an einem Friedensgebet für Palästina am Odeonsplatz teil. Der Veranstalter sprach sich gleich zu Beginn der Kundgebung gegen jegliche Form von Antisemitismus aus. Er forderte alle auf, nach Hause zu gehen, die vor hätten, sich nicht daran zu halten.

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