Foto, Installation, Skulptur: Aussteller auf dem Tollwood

Ob Fotoaustsstellung, Installation, oder Skulptur: Auf dem Winterfestival auf der Theresienwiese gibt es wieder einiges an Kunst zu sehen. Wir haben uns umgeschaut.
Annika Schall |
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Das Tollwood findet wieder auf der Theresienwiese statt.
Bernd Wackerbauer Das Tollwood findet wieder auf der Theresienwiese statt.

Das Tollwood Festival ist nicht nur ein idealer Ort um vorweihnachtlich zu schlemmen und einzukaufen, es verwandelt die Theresienwiese außerdem in die größte Kunstgalerie der Stadt. Doch wer stellt hier eigentlich aus? Die AZ stellt vier Tollwood-Künstler vor.

Wer sich selbst von den Werken überzeugen will: Sie alle sind noch bis einschließlich 23. Dezember im Weltsalon auf dem Winterfestival zu sehen – und das bei freiem Eintritt.

Max Kratzer: Keine Flüchtlinge mehr

Fotograf Max Kratzer im Weltsalon. Foto: Bernd Wackerbauer

Kann man Integration sehen? Das ist die Frage, die die Ausstellung des Münchner Fotografen Max Kratzer stellt. Das Projekt begann mit Foto-Workshops für Geflüchtete, die Kratzer im Jahr 2009 in Kooperation mit dem Verein Refugio begann. "Damals wusste ich über das Thema noch recht wenig" so Kratzer. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die Zahl der Asylanträge war damals an einem historisch niedrigsten Punkt, in den Medien kamen Begriffe wie Migration und Flucht so gut wie nicht vor.

Doch im Rahmen der Workshops lernte Kratzer bald einige Geflohene kennen und irgendwann fing er an Porträtfotos von ihnen zu machen.

Während das Bildarchiv wuchs, wurde gleichzeitig in Deutschland das Thema Flüchtlinge immer relevanter. Eine Zahl blieb Kratzer dabei besonders im Gedächtnis: Sieben Jahre, schätzten Politiker und Sozialverbände immer wieder, soll es dauern, bis sich die Geflohenen in Deutschland integriert haben.

So beschließt Kratzer 2016 die Menschen, die er damals porträtiert erneut zu fotografieren. "Zu einigen hatte ich noch Kontakt, bei anderen musste ich ein bisschen recherchieren", erzählt er.

Entstanden ist so eine Serie von "Vorher-Nachher Porträts", die auch zeigen, dass das Leben in sieben Jahren ganz unterschiedliche Wendungen nehmen kann.

Ob erfolgreiche Unternehmer, Schulabbrecher oder freiwillige Rückkehrer, Kratzers Models haben einiges erlebt. Wem es wie ergangen ist, will der Fotograf aber nicht verraten. So bleibt es dem Betrachter überlassen, zu entscheiden, ob man einem Menschen seine Integrationsleistung tatsächlich ansehen kann – oder nicht.

God’s Entertainment: Gefährliche Passage


Maja (re.), Gods Entertainment. Foto: Bernd Wackerbauer

Schmal ist der Grat auf dem das Wiener Künstlerkollektiv God’s Entertainment die Tollwood-Besucher balancieren lässt. Jeder Schritt sollte wohl überlegt sein, denn unter dem Balken wartet ein Pool gefüllt mit Tinte. Wer fällt, ist für Tage gezeichnet. Schafft man es dagegen über den Steg, erfährt man in einem goldenen Raum auf der anderen Seite aufschlussreiches. Inspiriert wurde die Installation von einem Gemälde Carl Spitzwegs mit demselben Titel.

"Es geht darum, den schmalen Grat der Demokratie spürbar zu machen", erklärt Maja von God’s Entertainment. Denn nicht immer würden demokratische Entscheidungen auch zu demokratischen Ergebnissen führen. "Durch jede Entscheidung, die wir treffen, können Werte in Frage gestellt werden", so Maja.

Bevor man sich auf die Reise über den Tintenpool machen kann, muss eine Einverständniserklärung ausgefüllt werden. Die sichert das Künstlerkollektiv nicht nur gegen Klagen im Fall eines Tintenbades ab. Auf dem Bogen wird auch abgefragt, was der einzelne unter Demokratie versteht. "Letztendlich geht es darum, eine demokratische Balance zu finden", so Maja.

Laut gegen Nazis: Shop der Menschenverachtung


Jörn Menge vor seinem Shop der Menschenverachtung. Foto: Bernd Wackerbauer

Auf dem Pulli prangen ein paar Zeilen des Deutschlandliedes, dazu die Abbildung eines bei den Nazis beliebten Panzermodells. "Das muss doch verboten sein", denkt der Betrachter. Jörn Menge vom Verein "Laut gegen Nazis" weiß es besser, denn er hat den Pulli ganz legal auf einer gut auffindbaren Seite im Internet bestellt.

Ebenfalls leicht zu bekommen: Aufklebern, die gegen Flüchtlinge hetzen, und Kochschürzen mit frauenfeindlichen Sprüchen. Die Sammlung aus rassistischen, sexistischen und rechtspopulistischen Gegenständen zeigt der Verein auf dem Tollwood in seinem "Shop der Menschenverachtung".

Zu kaufen gibt es hier nichts, aber jede Menge zu lernen. Zum Beispiel darüber wie einfach es ist, an Pullis mit dem Deutschlandlied zu kommen: "Einige der Dinge haben wir bei einschlägigen Nazishops bestellt, andere gab es aber auch ganz einfach über Großhändler wie Amazon", erklärt Menge und ergänzt: "Es ist viel zu einfach, so etwas zu kaufen."

Der Verein weiß, dass ein Verbot solcher Gegenstände "utopisch" ist, wie Menge sagt. "Die Leute, die so etwas verkaufen, wissen ganz genau, was sie dürfen und was nicht."

Auf das Problem hinweisen will der Verein trotzdem. "Vielleicht können wir ja so ein Bewusstsein dafür schaffen, wie diese Produkte Einfluss auf uns alle nehmen, besonders auf Kinder und Jugendliche", hofft Menge. Fotografiert werden soll im Shop der Menschenverachtung übrigens nicht. So möchte man verhindern, dass durch das Posten der Fotos in den sozialen Netzwerken der ein oder andere auch noch unfreiwillig Werbung macht für die hier ausgestellten Produkte.

Imal: Tabula Rasa

IMAL-Teilnehmer mit Mathias Glas (h. l. )

Viel Teamarbeit steckt hinter der Installation vom International Munich Art Lab, kurz IMAL. Bei dem Projekt können Jugendliche im Alter von 16 bis 24 Jahren berufliche Qualifikationen in den Bereichen Bildende Kunst und Neue Medien erwerben.

Über ein Jahr lang werden sie in den verschiedenen Bereichen ausgebildet und dabei von einem Team aus Sozialpädagogen und Künstlern unterstützt.

Für das Tollwood entwarf der diesjährige Jahrgang aus Gips und Draht eine Festtafel mit allem, was dazu gehört. "Ein Gelage" wie Mathias Glas, der Künstler, der die Jugendlichen bei der Umsetzung unterstützt hat, sagt. "Ein Gelage ist ein aktiver Moment, etwas das wir bei IMAL jeden Tag pflegen".

Mitgemacht bei Tabula Rasa hat unter anderem auch Felicia Kindermann. Dass eines ihrer Kunstwerke jetzt auf dem Tollwood steht, kann die 16-Jährige noch nicht so ganz glauben: "Das ist eine total große Ehre, tausende von Menschen werden das sehen." Ihre IMAL-Kollegin Elena Spatz sieht das ähnlich: "Mir wird jetzt erst langsam klar, wie großartig das ist".

Die beiden stehen noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung bei IMAL. Beide wollen auch nach dem Programm im künstlerischen Bereich bleiben, vielleicht studieren. Ihr erstes ausgestelltes Werk werden die beiden trotzdem vermutlich noch lange in Erinnerung behalten.

Lesen Sie hier: Winter-Tollwood: Ein Festival für wirklich alle

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