"Fehlt weiterhin": So steht es um die Einkaufsstraßen in Münchens Zentrum

Die Passantenzahlen am Stachus in München stellen die aktuelle Attraktivität der Gegend infrage. Experten haben eine klare Meinung zu den Ursachen. Und wie steht es generell um die Attraktivität der Einkaufsstraßen in der Innenstadt? Die aktuellen Zahlen zeigen auch ein weiteres Sorgenkind.
Hüseyin Ince
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Passanten gehen auch bei schlechtem Wetter und mit Regenschirmen in der Kaufingerstraße gerne shoppen. Die Zahl der Laufkundschaft ist hier deutschlandweit an Platz 1.
Passanten gehen auch bei schlechtem Wetter und mit Regenschirmen in der Kaufingerstraße gerne shoppen. Die Zahl der Laufkundschaft ist hier deutschlandweit an Platz 1. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber
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Eine aktuelle Erhebung des Immobiliendachverbandes Süd (IVD) über Gewerbeimmobilien und Passantenzahlen in München bringt gleich mehrere interessante Ergebnisse zutage. Zunächst fällt der Stachus auf. Die Münchner Polizei hatte hier zuletzt für Diskussionsstoff gesorgt, weil ein hoher Kameraturm aufgestellt wurde (AZ berichtete).

Nun steht die Gegend erneut im Fokus. Denn die Passantenzahlen sind eingebrochen, wie beim IVD gemessen wurde. Der Stachus sei "ein doppeltes Signa-Opfer", sagte Stephan Kippes, Leiter des Marktforschungsinstituts IVD, am Dienstag vor der Presse.

Der Karlsplatz befindet sich in der Zange der Megapleite von René Benkos Signa-Imperium: Südlich ist die hässliche Bauruine der Alten Akademie, die der Österreicher umbauen wollte. Nördlich steht sein Kaufhof-Desaster am Bahnhof. Auch hier: Baustelle und Verwahrlosung. Die frühere Flaniermeile vom Hauptbahnhof Richtung Kaufingerstraße über den Stachus sei daher enorm unattraktiv geworden. "Da muss man ja dafür bezahlt werden, um entlangzulaufen", sagte Kippes.

Stachus hatte 2019 die höchsten Passantenzahlen der Stadt

Die erhobene Frequenz ist immer ein Indikator für die Attraktivität der Gegend sowie für erwartbare Umsätze bei Geschäftsleuten. Am Ende wird die Zahl der "Laufkundschaft" gezählt. In guten Zeiten war der Stachus nach der Kaufingerstraße auf Platz zwei, 2019 sogar auf Platz 1. Nun fällt er zurück auf Platz 4.

Während also die Kaufingerstraße (deutschlandweit Nummer 1 bei Passantenzahlen) mit gemessenen 9374 Personen pro Stunde neue Rekordhöhen erreicht, zählt man am Stachus trotz räumlicher Nähe derzeit weniger als die Hälfte: 4511 Passanten pro Stunde.

Sorgenkind Sendlinger Straße: "Sie braucht Zeit!"

Auch die Sendlinger Straße kommt noch nicht in Schwung, obwohl nach langer Umbauphase die U-Bahn-Haltestelle Sendlinger Tor fertiggestellt ist. Während die Frequenz in der Nähe des Marienplatzes stabil bleibt, ist der Rückgang nahe der U-Bahn klar zu erkennen. Der längerfristige Vergleich wirkt dramatisch. Während 2013 bis zu 6541 Personen je Stunde gezählt wurden, sind es aktuell nahe der U-Bahn nur 2031. Und das nach dem jahrelangen Umbau der Sendlinger Straße zu einer reinen Fußgängerzone.

War das ein Flop? "Nein, auf keinen Fall", sagt Kippes. Es sei absolut zeitgemäß gewesen, die Straße derart umzugestalten. Die Gegend brauche einfach noch ein wenig Zeit. "Es fehlt weiterhin ein großer Publikumsmagnet", sagt Kippes, ein Geschäft oder ein Laden also, zu dem Menschen gezielt hinfahren. Die Gegend nahe der U-Bahn sei im Findungsprozess, sagt der Münchner Fachmann Mark Goldmann.

Büropreise in Bestlage steigen sprunghaft

Münchner Büroflächen in Bestlage sind heiß begehrt. Mieten für den Ladenverkauf stagnieren jedoch. So sprang der Büro-Quadratmeterpreis in 1a-Lage auf 51 Euro. Noch im Frühjahr 2023 lag dieser Wert bei unter 40 Euro. Die Erklärung: "Viele Firmen wollen mit attraktiven Bestlagen ihre Mitarbeiter aus dem Homeoffice locken", sagt Kippes.

Der Online-Handel aber setze Geschäftsleute weiter unter Druck. In Deutschland ist das Umsatzvolumen auf jährlich mehr als 90 Milliarden Euro gestiegen. 2017 waren es noch etwa 50 Milliarden. Deshalb habe bei Ladenmieten eine "Marktbereinigung stattgefunden", so Kippes. Und das sei gut so. Bei mehr als 400 Euro je Quadratmeter lagen sie zum Teil in Münchner Bestlage vor Corona. "Das waren Fantasiepreise", sagt Kippes.

Auf 280 Euro sank dieser Wert schon kurz nach Beginn der Corona-Pandemie und dem Einbruch der Passantenzahlen. Aktuell rufen Vermieter in Münchner Bestlage für einen Laden mit 80 Quadratmetern rund 295 Euro pro Quadratmeter auf. Der Wert stagniert.

In Münchner 1b-Lagen, wie in der Gleichmannstraße am Pasinger Marienplatz, beträgt der Quadratmeterpreis für Ladenflächen zwischen 80 und 115 Euro. Auch dieser Wert stagniert. "Gerade bei Höchstwerten muss man die Ladenmiete erst einmal erwirtschaften. Das ist nicht einfach", sagt Kippes. Eine grobe Beispielrechnung: In Bestlage würde eine Gewerbefläche mit 100 Quadratmetern derzeit fast 30.000 Euro pro Monat kosten.

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  • kartoffelsalat vor einer Stunde / Bewertung:

    "Südlich ist die hässliche Bauruine der Alten Akademie, die der Österreicher umbauen wollte. Nördlich steht sein Kaufhof-Desaster am Bahnhof."

    Das ist ja mal wieder sauber recherchiert. Es stimmen zwar weder die Himmelsrichtungen noch war am Bahnhof ein Kaufhof aber sonst alles super.

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  • gubr vor 22 Stunden / Bewertung:

    Das Problem am Stachus sind nicht so sehr die Baustellen und Leerstände sondern die Bettelbanden und Obdachlosen, welche da ihr Quartier gefunden haben, natürlich ohne sanitäre Einrichtungen.

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  • AufmerksamerBürger vor 22 Stunden / Bewertung:

    Klar, Messerstechereien stören niemanden, aber der böse Benko, dafür meidet man den Stachus.
    Zumindest in der Sendlinger Straße ist es eine grüne Erfolgsstory, es wurde jegliches Leben abgewürgt.

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