Generationentreff bei "Mutti" Carlos

Das Pop-As in der Thalkirchner Straße ist eine der ältesten Gay-Bars der Stadt, der Wirt schmeißt sie seit 33 Jahren. „Das gibt mir eine solche Lebensfreude, hier zu stehen“, sagt er
Laura Kaufmann |
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Der Wirt spricht fünf Sprachen
– und hat Gäste aus aller Welt.
Gregor Feindt Der Wirt spricht fünf Sprachen – und hat Gäste aus aller Welt.

Um neun Uhr überquert Carlos Placha die Thalkirchner Straße und sperrt die unscheinbare Tür neben der zum Bersten gefüllten „Schnellen Liebe“ auf. Jeden Abend macht er das, wenn er nicht gerade auf Reisen ist, seit 33 Jahren. Er macht Licht und die Musik an und wartet auf Gäste. „Früher waren die Leute hier drin so alt wie ich“, sagt Placha. „Dann hätten sie meine Söhne sein können, heute sind es meine Enkel.“

Die ersten lassen nicht lange auf sich warten. Placha grüßt sie alle mit Namen, herzlich wie vermisste Freunde. Sie nennen ihn scherzhaft Mutti, und Placha gibt eine Runde Schnaps aus auf das Paar, das gerade von der Hochzeit in New York zurück ist.

Ein paar ältere Stammgäste hat Placha auch. „Man sagt ja immer, jung und alt gehen nicht zusammen. Aber das stimmt nicht, es braucht nur einen Katalysator.“ Als solchen versteht sich Placha – einer, der seine Gäste zusammenbringt.

Die Kneipe hat er sich einmal als zweites Standbein aufgebaut, heute ist sie sein Lebensinhalt. Als Kind floh er mit seinen Eltern von Prag nach Berlin, machte dort Abitur. Tingelte dann mit einer eigenen Band durch Italien, wurde als Model entdeckt, lief High Fashion Shows für Armani und Co. Als ihm das zu blöd wurde, ging er zurück nach Berlin, an die Max-Reinhardt-Schule, und wurde Schauspieler.

Mit Harald Juhnke, Grit Boettcher, Georg Thomalla stand er auf der Bühne und vor der Kamera. Viele Schauspielerkollegen saßen an seiner Bar, Stammgast Freddie Mercury wurde ein guter Freund, mit dem er oft um die Häuser zog, wenn er das Pop-As zusperrte.

An ein endgültiges Zusperren denkt er noch nicht. „Das gibt mir eine solche Lebensfreude, hier zu stehen“, sagt er. Man merkt das als Gast. Frauen sitzen selten am Tresen, „wenn ein Stammgast mal eine Freundin mitbringt, ist das schon in Ordnung“, sagt Placha. Die Preise sind seit zehn Jahren gleich, das Bier 0,5, gibt’s für 3,10 Euro.

Mehr brauchen seine Gäste nicht, sie treffen hier ihre Freunde zum Ratschen, lernen neue Leute kennen. „Ich weiß von jedem wie er heißt, wo er arbeitet, ob er eine Beziehung hat“, sagt Placha. „Aber von mir wissen sie nichts – ich bin nur dafür da, dass sie einen schönen Abend haben.“

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Seine Gäste begrüßen ihre „Mutti“ genauso herzlich wie der Wirt sie. Ohne Carlos Placha wäre das Pop-As nicht die Bar, die sie seit 33 Jahren ist.


Thalkirchner Straße 12, ab 21 Uhr, www.pop-as.de, Tel.: 26 09 191

 

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