Essen - besser als Sex
Ein Lebensmittelarchitekt erklärt, wie Essen unsere Sinne anspricht – und wie leicht sie sich irren können.
Essen ist intimer als Sex. Das behauptet zumindest der Essensexperte Martin Hablesreiter. Er ist Designer für Lebensmittel und beschäftigt sich seit über zehn Jahren damit, wie Essen auf uns wirkt. „Beim Essen wollen wir etwas erleben. Wir sind dabei ständig auf der Suche nach etwas Neuem”, sagt Hablesreiter. Deshalb sei Essen vergleichbar mit Sex. „Und manchmal sogar besser”, sagt Hablesreiter.
Im „Kounge” von Sternekoch Holger Stromberg stellte er jetzt sein Buch vor (Food Design XL, Springer-Verlag, 39 Euro) und verriet, was die Lust beim Essen ausmacht – und warum wir absolut keine blaue Salami mögen.
Fühlen: „Die wichtigste Rolle spielt die Konsistenz einer Speise”, sagt Hablesreiter. Ob etwas fest oder weich ist, mache 60 Prozent des Erlebnisses aus. Besonders interessant sind Gegensätze: „Kombinieren Sie Weiches mit Hartem.” Das bringe dem Gaumen Abwechslung. Bestes Beispiel: „Die Praline ist in Nusskrokant gewälzt, in Schokolade getunkt, darunter ist eine knusprige Waffelschicht. Dann kommt eine weiche Creme oder ein zähflüssiger Likör – und in der Mitte noch eine knackige Kirsche oder eine Nuss als Kern.”
Hören: Das Geräusch eines Lebensmittels ist wichtig. „Es muss beim Reinbeißen in Brot, Breze oder auch eine Wurst knacken”, sagt Hablesreiter. Auch Kekse oder ein Stück Kirschkuchen müssen sich gut anhören. „Beim Kauen mögen wir möglichst dumpfe, nicht zu laute Töne.”
Sehen: Das Auge isst immer noch mit. Diese Regel überlebt sich nicht. Hablesreiter: „Rot spricht die Sinne an, wie bei Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Die Beerenfarbe erinnert an Natur, an Süße, das weckt die Emotionen.” Auch Gelb und Grün mache Lust. „Geben Sie Paprika zum Salat. Je farbiger das Essen, desto ansprechender.” Während aber Kinder gerne hellblaues Schlumpfeis schlecken, wenden sich die meisten Erwachsenen ab. „Blau und Schwarz mögen wir gar nicht.” Diese Farben erinnern an Schlechtes. „Selbst Gourmets schrecken vor schwarzer Pasta zurück.”
Schmecken: „Die Zunge ist ziemlich dumm. So schmeckt ein Küchen süßer, wenn im Teig eine Prise Salz mitgebacken wurde”, sagt der Experte. Anders bei Chili. Isst ein Mensch sehr scharf, kann er danach kaum noch unterscheiden, ob etwas salzig, süß, bitter oder sauer schmeckt.
Riechen: „Die Nase kann mehr als die Zunge.” Und lässt sich nicht so leicht täuschen. Safran, Zimt und Vanille etwa wirken betörend.
- Themen: