Eigene städtische Ärztezentren: Ein Plan gegen die Hausarzt-Not
München - Ein Hausarzt oder Kinderarzt in Wohnortnähe - was eigentlich für alle Münchner gelten sollte, ist in der Landeshauptstadt längst nicht Realität. Noch immer gibt es Stadtbezirke, und dies sind meist die ärmeren Viertel, in denen den Bürgern kein oder viel zu wenige niedergelassene Ärzte zur Verfügung stehen.
Bei den Kinderärzten ist die Not besonders groß
Je mehr es an den Rand geht, umso dünner wird die Versorgung: So kommen im Lehel 612 Hausärzte auf 20.960 Einwohner, also nur 34 Patienten pro Arzt, während in Milbertshofen 51 Ärzte 75.999 Patienten versorgen, ein pro Kopf Verhältnis von 1:1.490. Bei den Kinderärzten sieht es sogar noch düsterer aus, selbst in gut betuchten, zentralen Vierteln.
Es gibt bereits einen Lösungsansatz
Ein Zustand sozialer Ungleichheit, den sich die Stadt schon lange bemüht zu beheben. Eine Lösung könnten sogenannte Kommunale Gesundheitszentren (KGZ) sein. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls ein wissenschaftliches Gutachten, das die Stadtratsfraktion Die Linke/Die Partei mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern beim, wie betont wird, nicht partei-nahen, Institut für Gesundheitsökonomik in Auftrag gegeben hat.
Der Trend wird sich noch verstärken
Dessen Fazit fällt klar aus: Innerhalb der Stadt seien erhebliche Unterschiede im Gesundheitszustand der Wohnbevölkerung festzustellen, ebenso die deutlichen Unterschiede in der Verteilung der Ärzte. Dabei ist dort, wo der Bedarf höher ist, die Versorgung schlechter. Dies werde sich durch die Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren noch verstärken.
So kann die Stadt eingreifen
Durch vorausschauendes Handeln könne die Stadt hier aber eingreifen, zum Beispiel bei der Wohnbau- und Infrastrukturpolitik. Vor allem bei Neubauvierteln sollten die KGZ deshalb von vornherein eingeplant werden. In rund 20 Kommunen in Deutschland gebe es solche Zentren bereits.
Im Kern besteht ein solches Kommunales Gesundheitszentrum aus einem ärztlich geführten Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) mit mehreren sogenannten Primärärzten, also Allgemeinmediziner, Kinderarzt, Gynäkologe und Augenarzt. Daran angegliedert ist die weitere medizinische Versorgung, wie Physiotherapie, Hebammenpraxis, Podologen, außerdem Anbietern von Hilfsgütern: wie Apotheken, Optikern oder Hörakustikern. Auch präventive Einrichtungen wie Ernährungsberatung seien denkbar.
Rechtlich sind die Zentren seit Jahren möglich
Rechtlich, so wird es im Gutachten erklärt, ist es schon seit 2015 möglich, dass eine Kommune solche Zentren gründet. Die Stadt könnte diese etwa über die München Klinik betreiben oder einen anderen Betreiber suchen. Das Nadelöhr dabei ist aber die Zulassung von Kassenärzten.
Das Problem mit der Kassenärztlichen Vereinigung
München gilt bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) als überversorgt, neue Vertragsarztsitze werden nicht vergeben. Weil die KV dabei die Stadt im Ganzen als einen Planungsbereich betrachtet, kann sie dabei nicht steuern, wo in der Stadt sich die Ärzte niederlassen. Eine kleinräumigere Planung ist immer wieder Thema, gilt aber nicht als dringlich.
Bei der Einrichtung der Gesundheitszentren gehe es daher um Umverteilung. Um die Zentren für Ärzte attraktiv zu machen, solle mit Anreizen, wie etwa vergünstigten Mieten, gearbeitet werden. Mediziner sollen so motiviert werden ihren Vertragsarztsitz in ein MVZ verlegen oder sich dort anstellen zulassen.
Seit Jahren gibt es dazu Anträge
Die Idee der Gesundheitszentren ist nicht neu. Seit Jahren gebe es von der Linken, aber auch anderen Fraktionen immer wieder Anträge dazu, erklärt Stadtrat Stefan Jagel. Mit dem Gutachten wolle man das Thema noch einmal anschieben. Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) sagt zur AZ: "Mit solchen Anträgen rennt man bei uns offene Türen ein."
Ähnliche Konzepte seien, etwa in Freiham, schon in der Umsetzung, könnten aber noch ausgebaut werden. Die fehlenden Kassenzulassungen seien aber ein Problem. Dennoch wolle das Referat in naher Zukunft eine Beschlussvorlage zum Thema in den Stadtrat einbringen.