Eigenbedarfskündigung wegen Au-pair: Münchnerin muss Wohnung räumen

Die Mieterin zweifelt an der Stichhaltigkeit des Anspruchs - und verliert vor Gericht.
John Schneider
John Schneider
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
16  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Eine Münchnerin muss ihre Wohnung räumen, weil der Vermieter Eigenbedarf für ein Au-pair geltend gemacht hat. (Symbolbild)
Eine Münchnerin muss ihre Wohnung räumen, weil der Vermieter Eigenbedarf für ein Au-pair geltend gemacht hat. (Symbolbild) © Matthias Balk/dpa

München - Bitter für Mieter: Das Amtsgericht hat jetzt in einem Fall entschieden, dass es ausreicht, wenn der Vermieter seinen Eigenbedarf mit einem Au-pair begründet.

Der Fall: Der Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der Ludwigsvorstadt wurden die 59 Quadratmeter großen Räumlichkeiten (Miete 763 Euro), die sie seit 18 Jahren bewohnt, zum 31. August 2020 gekündigt.

Der Vermieter, der die Wohnung im Jahre 2016 kaufte, hatte Eigenbedarf geltend gemacht, weil er die Wohnung für einen Au-pair zur Kinderbetreuung braucht.

Mietverhältnis wegen Eigenbedarf gekündigt - Mieterin weigert sich auszuziehen

Der Kläger lebt mit der berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die nur wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Diese sollte dem Au-pair zur Verfügung gestellt werden.

Doch die Mieterin weigerte sich auszuziehen. Es müsse der Familie möglich sein, das Au-pair in ihrer Wohnung unterzubringen, so ihr Argument.

Der Vermieter strengte daraufhin eine Räumungsklage an. In ihrer Wohnung, so hält er dagegen, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Richter gibt Räumungsklage statt

Die Mieterin führt wiederum ihre soziale Situation ins Feld. Sie sei zu 60 Prozent schwerbehindert und Bezieherin von Hartz-IV und damit auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos.

Das alles konnte den Amtsrichter nicht erweichen. Er gab der Räumungsklage statt. Seine Begründung: "Entgegen der Ansicht der Beklagten ist nach Auffassung des Gerichts auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au-pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die fußläufig von seinem bewohnten Eigenheim entfernt liegt."

Der Kläger habe überzeugend dargelegt, dass nur mit der Hilfe eines Au-pair seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen könne. Dafür, dass die komplette Nutzung der Räume nur vorgetäuscht sei, gebe es keine Anhaltspunkte. Die Mieterin habe zudem nicht alle Möglichkeiten der Ersatz-Wohnungssuche ausgeschöpft und sei auch nicht so krank, dass ihr eine Räumung nicht zuzumuten sei.

Immerhin: Die Frist verlängerte der Richter angesichts der Corona-Krise noch einmal bis zum 31. Juli 2021.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
16 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Witwe Bolte am 26.01.2021 19:59 Uhr / Bewertung:

    In der SZ steht näheres: Das Vermieterehepaar hat 3 kl. Kinder und bewohnt eine 6-Zimmerwohnung, die 700 m von der anderen Wohnung entfernt ist.
    Das ganze riecht eher nach vorgeschobenem Grund, die Mieterin loszuwerden, um nach einiger Zeit Au-Pair-Vermietung die Wohnung wesentlich teurer vermieten oder gar mit grossem Gewinn verkaufen zu können.
    Kontrolliert wohl niemand, ob die Wohnung wirklich von Au-Pair's bewohnt wird.
    Man kann Mietwohnungssuchenden nur empfehlen, mögl. nicht bei einem Privatvermieter zu wohnen, da kanns unliebsame Eigenbedarfskündigungen geben (im Bekanntenkreis mehrmals erlebt).
    Einen Kündigungsgrund wirds meistens geben, wenn einem nix einfällt, gibts Fachleute mit praktischen, juristisch nicht angreifbaren Vorschlägen zum Thema Eigenbedarfskündigung.

  • hiertanzenvieleihrennamen am 23.01.2021 18:45 Uhr / Bewertung:

    Au Pairs bleiben meist ein Jahr und eine löst die andere dann ab! Der Vermieter hat 3 Kinder und die Mutter kann erst arbeiten, wenn diese durch ein Au Pair beaufsichtigt und versorgt werden! Aus Platznot wohnt das Au Pair in unmittelbarer Nähe zur überfüllten Wohnung! Was ist daran so schwer zu begreifen? Auch für die Ex-Mieterin gilt: es gibt kein Wohnrecht auf Lebenszeit in fremdem Wohneigentum! Die Ex-Mieterin ist ihrer Ansicht ein Härtefall, also ab zum Amt für Wohnen und Migration und dort um eine Wohnung bitten!

  • Der wahre tscharlie am 24.01.2021 14:34 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von hiertanzenvieleihrennamen

    Ich kann nicht erkennen, dass die Mieterin vor Gericht mit "Wohnrecht auf Lebenszeit" argumentiert hätte.
    Und Au-Pairs werden seit Jahrzehnten in München untergebracht. Dass aber jemandem deshalb die Wohnung gekündigt wird, scheint in München erstmalig zu sein.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.