Ehepaar macht kuriose Entdeckung: "So etwas hat auf einem Stimmzettel nichts verloren"
München – Eine Wahl ist allgemein, unmittelbar, frei, gleich und vor allem: geheim. Das heißt einerseits, dass ein Wähler unbeobachtet seine Stimme abgeben kann. Andererseits soll nicht nachvollziehbar sein, für welche Partei sich jemand entschieden hat.
Münchnerin entdeckt Aufdruck auf ihrem Stimmzettel: Geschlecht, Jahrgangsgruppe und ein großes "M"
Schreibt ein Wähler etwa seinen Namen, Adresse oder das Geburtsdatum auf den Stimmzettel, ist dieser gemäß Bundeswahlgesetz ungültig. Umso größer ist die Aufregung bei Elisabeth Kröger (76). Die Münchnerin, die wegen Ihres Gesundheitszustandes bei der anstehenden Europawahl per Brief wählen wollte, erlebt eine Überraschung auf ihrem Stimmzettel. Oben rechts aufgedruckt war ihr Geschlecht ("weiblich") und ihre Jahrgangsgruppe ("geb. 1954 oder früher") und daneben ein großes "M".
Ehemann ärgert sich über die Entdeckung auf dem Stimmzettel: "Das hat mit einer geheimen Wahl doch nichts mehr zu tun."
"Sowas hat auf einem Stimmzettel nichts verloren", ärgert sich Franz Osterrieder (76), Ehemann von Kröger, im Gespräch mit der AZ. Er selbst habe keinen Zusatz. Informationen zu den zusätzlichen Angaben seien in den Briefwahlunterlagen nicht zu finden gewesen. Nach der Entdeckung habe sich Elisabeth Kröger also beim zuständigen Wahlamt in München gemeldet, sagt sie. Ihr sei erklärt worden, dass es sich bei den Angaben auf dem Zettel um Informationen für eine statistische Erhebung zur Wahl handelt. Widersprechen könne sie dieser nicht, wurde ihr daraufhin gesagt.
"Wenn ich mir das Datenschutzgesetz anschaue, dann gehe ich doch davon aus, dass da zumindest eine Zustimmung erteilt werden sollte", sagt Osterrieder. "Das hat mit einer geheimen Wahl doch nichts mehr zu tun." Er befürchtet, dass die Wähler anhand der Informationen identifizierbar sein könnten.
Stadtwahlleiter: Aufdruck sind statistische Kenngrößen
Tatsächlich handelt es sich bei den Aufdrucken um statistische Kenngrößen, bestätigt Joachim Dyllick, Stadtwahlleiter für München, auf Anfrage der AZ. Dies sei ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Vor Ort im Wahllokal würde der Wahlhelfer anhand des Wählerverzeichnisses entsprechende Stimmzettel austeilen. Diese seien jeweils in Gruppen eingeteilt, also "männlich" oder "weiblich" und die jeweilige Jahrgangsgruppe. Diese Gruppen seien dann mit entsprechenden Großbuchstaben markiert - daher das "M" im Falle Krögers.
Stimmzettel werden durch das Statistische Bundesamt ausgewertet und dienen der Wahlstatistik
Gemäß dieser Kennziffer werden die Stimmzettel im Nachhinein sortiert, an die Bundeswahlleiterin übermittelt und letztlich durch das Statistische Bundesamt ausgewertet. Laut Internetseite der Bundeswahlleiterin dient die Repräsentative Wahlstatistik der Analyse des Wahlverhaltens, also der Wahlbeteiligung und der Stimmabgabe, nach Geschlecht und Geburtsjahresgruppe. Von deutschlandweit 90.000 Wahlbezirken bei der Europawahl wurden knapp 2350 Stichprobenbezirke ausgewählt - davon 450 Briefwahlbezirke.
Münchnerin kündigt an, ihre Stimme nicht abzugeben
Oberster Grundsatz sei dabei die Wahrung des Wahlgeheimnisses. So werden etwa keine personenbezogene Daten erhoben und die Wählerverzeichnisse werden niemals mit den Stimmzetteln zusammengeführt. Elisabeth Kröger beeindruckt das nicht, sie hat angekündigt, mit einem derartigen Stimmzettel nicht zu wählen.
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