Durchsuchungen in München: Polizei geht gegen Hass-Postings im Netz vor

Bei einer bayernweiten Aktion durchsucht die Polizei bei drei Münchnern die Wohnungen. Die Männer haben etwa den Ministerpräsidenten beschimpft und beleidigt.
Helmut Reister, Ralph Hub |
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Mit einer bundesweiten Aktion ist die Polizei gegen strafbare Posts im Internet vorgegangen.
Mit einer bundesweiten Aktion ist die Polizei gegen strafbare Posts im Internet vorgegangen. © Finn Winkler/dpa/Symbolbild

München - Zu einem Schlag gegen Hass und Hetze im Internet haben am Mittwoch in den frühen Morgenstunden Polizei und Staatsanwaltschaft ausgeholt. Nach Angaben des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) wurden im Rahmen einer bundesweit laufenden Aktion auch in München Wohnungen durchsucht, Computer, Laptops und Handys sichergestellt.

Ein 62-Jähriger aus der Medienbranche bekam frühmorgens Besuch vom Staatsschutz. Seine Wohnung am Helene-Mayer-Ring war allerdings leer. Der Mann zieht gerade um. "Der Münchner wird der Querdenkerszene zugeordnet", sagt Thomas Schedel, Chef beim K 44, zuständig für Delikte aus dem rechten Spektrum.

Ernste Bedrohung durch rassistischen, antisemitischen oder frauenfeindlichen Hass

Der Verdächtige war bereits früher wegen antisemitischer Hetze und Hassbotschaften im Internet aufgefallen. In einem offenen Chat bei Telegramm pöbelte der Publizist jüngst wieder gegen Politiker. Besonders eingeschossen hatte er sich nach AZ-Informationen dabei auf Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wegen dessen Kurs in der Corona-Pandemie.

Der Nächste auf der Liste der Hetzer war ein 22-Jähriger aus der Chiemgaustraße. Ihm wird eine besondere Nähe zu den Reichsbürgern nachgesagt. Der Münchner pöbelte besonders gerne auf Facebook gegen eine in Thüringen aktive Lokalpolitikerin. Er schrieb immer wieder beleidigende Kommentare zu deren Äußerungen.

Der Dritte im Bunde der Verdächtigen ist ein 73-jähriger Rentner aus der Eschenstraße in Harlaching. Er hatte eine Landespolitikerin aus Schleswig-Holstein auf dem Kieker. Er beschimpfte die Frau etwa als "Asylflittchen". Seinen Hass und seine Hetze verbreitete der Münchner ebenfalls via Facebook. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Volksverhetzung und Beleidigung vor.

Auswertung wird Zeit in Anspruch nehmen

"Die Auswertung der sichergestellten Kommunikationsmittel wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen", erklärte Oberstaatsanwalt Andreas Franck, der Antisemitismus-Beauftragte der bayerischen Justiz. Er gehört der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) an, die bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt ist.

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426 Delikte aus dem Bereich der Hasskriminalität

2020 registrierte die Polizei in München 426 Delikte aus dem Bereich der Hasskriminalität – ein Anstieg um fast 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Behördenangaben zufolge waren rund 90 Prozent dem rechten Spektrum zuzuordnen. Als "judenfeindlich" stuften die Ermittler 71 Taten ein.

Bayernweit wurden bei 23 Beschuldigten Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen. Unter ihnen befanden sich auch Tatverdächtige aus den Landkreisen Ebersberg, Erding, Freising und Fürstenfeldbruck.

"Der im Netz verbreitete rassistische, antisemitische oder auch frauenfeindliche Hass", so LKA-Präsident Harald Pickert, "stellt eine ernsthafte Bedrohung dar." Nach LKA-Angaben fanden außer in München auch noch Dursuchungen statt in Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben .  

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47 Kommentare
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  • Boandlkramer am 02.12.2021 07:40 Uhr / Bewertung:

    Sind wir also schon wieder soweit?

    Mehr als angebrachte Kritik an den herrschenden Verhältnissen wird zu „Hass“ und „Hetze“ umettiketiert und mit Gummiparagraphen verfolgt. Wer sich gar der Majestätsbeleidigung schuldig macht, indem er den Prinzregenten verspottet oder Politiker kritisiert wird verfolgt und drangsaliert.

  • Der wahre tscharlie am 02.12.2021 17:26 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Boandlkramer

    Ich glaube nicht, dass es darum geht, Kritik an den Herrschenden zu üben. Die ist ja schließlich legitim, solange sie auch einigermaßen sachlich begründet wird.
    Sondern es geht ganz klar um sustanzlose Hass und Hetze

  • Der wahre tscharlie am 01.12.2021 15:34 Uhr / Bewertung:

    Absolut richtige und wichtige Aktion.
    Wobei ich auch dafür bin, dass Telegram viel stärker kontrolliert werden muß. Denn schon lange verziehen sich diese ganzen Rechtsnationalisten und "braungekleideten User" zu Telgram, nachdem ihre verschiedenen Accounts auf diversen Plattformen mehrfach gesperrt wurden.

    Was mich irgendwie schon wundert, dass eine Seite noch nicht geschlossen wurde, die zwar einen recht unverfänglichen Namen hat, in der Domain aber nur ein neues Wort hinzugefügt hat, so dass sie wieder existiert.

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