"Dröhnendes Schweigen" von Söder: Auch Grüne Jugend kritisiert eine Einladung der Jungen Union in München
München - "Hat die CSU München ein Rechtsextremismusproblem?", fragt die Grüne Jugend München in ihrer Mitteilung am Mittwoch (14. Mai). Just an jenem Tag also, an dem die Junge Union München Nord Thilo Sarrazin in einer Veranstaltung präsentiert – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit geheim gehaltenem Ort.
Update 14. Mai, 14.40 Uhr: Die Grüne Jugend nennt Sarrazin einen "Vordenker der AfD" und einen "Rechtsaußenpublizisten". Was die JU hier als "Debattenbeitrag" verkaufe, sei in Wirklichkeit "eine Bühne für rassistische, antisemitische und sozialdarwinistische Thesen, die in einer demokratischen und weltoffenen Gesellschaft nichts verloren" hätten.
Grüne Jugend München: "Diese Einladung ist kein Ausrutscher"
Deliah Herbstritt, Sprecherin der Grünen Jugend München: "Diese Einladung ist kein Ausrutscher – sie steht exemplarisch für ein strukturelles Problem in Teilen der Union, auch hier in München."
Dass Sarrazin für seine "menschenverachtenden Thesen" in München eine Bühne erhalte, sei nicht nur ein politischer Skandal, sondern auch ein Schlag ins Gesicht aller, "die sich für eine offene, solidarische und demokratische Gesellschaft einsetzen".
Was die Kritiker hier "besonders verstörend" finden: "Die CSU München wirbt für die Veranstaltung im eigenen Newsletter und trägt hierfür politische Mitverantwortung." Dazu gebe es "dröhnendes Schweigen" von Markus Söder und dem Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung, Ludwig Spaenle.
Grüne-Jugend-Sprecher Lorenz Stradtner: "Wer einem Menschenfeind wie Sarrazin ein Podium bietet, macht sich mitverantwortlich für die Normalisierung rechter Hetze. Gerade in einer Stadt wie München, die historische Verantwortung trägt, ist das vollkommen inakzeptabel."
Die Forderungen der Grünen Jugend München
- eine öffentliche Distanzierung der CSU von dieser Veranstaltung
- einen klaren Bruch der JU mit rechtsextremen Akteur*innen
- einen entschlossenen Einsatz gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus – auch in den eigenen Reihen
Erstmeldung 6. Mai, 9.52 Uhr: Spätestens seit seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" von 2010 ist der Ex-SPD-Politiker Thilo Sarrazin deutschlandweit bekannt.
Abend mit Thilo Sarrazin in München: Kritik an Veranstaltung der Jungen Union
Wie Alexander Rulitschka, Chef der Jungen Union München-Nord, in einer Einladung für den 14. Mai in München schreibt, habe der "die Zustände in Deutschland, die uns heute sehr stören, ziemlich präzise vorausgesagt". Es werde darum "höchste Zeit ihm zuzuhören und mit ihm zu diskutieren", so Rulitschka.
Auch der Ex-SPD-MdB und jetzt CSUler Florian Post freut sich auf den Münchner Abend mit Sarrazin. Man halte aber den genauen Ort "mit Rücksicht auf den Wirt noch unter Verschluss", so schreibt Post auf der Plattform X.

Der Grund: Die Organisatoren rechnen mit Kritik und Demonstrationen. Diese Kritik kommt unter anderem von Vertretern der Schwesterpartei CDU, die sich daran stören, dass auch der Münchner Bezirksverband der CSU die Veranstaltung bewirbt.
"Rechtsextremer Akteur": Linkes Bündnis kritisiert Sarrazin-Besuch in München
Aber auch das Linke Bündnis Gegen Antisemitismus (LBGA) kritisiert die Veranstaltung. Sarrazin sei "wegen der von ihm verbreiteten Inhalte und seines persönlichen Netzwerks selbst als rechtsextremer Akteur aufzufassen", so das LBGA. In seinem Buch vertrete Sarrazin Thesen, "die als eugenisch, sozialdarwinistisch und rassenhygienisch klassifiziert werden", schreibt das LBGA weiter.
Das Bündnis verweist auch auf antisemitische Positionen in Sarrazins Buch, von denen er sich nie distanziert habe. Wenn er darin behauptet, europäische Juden hätten eine überdurchschnittliche Intelligenz und das auf genetische Ursachen zurückführt, sei das kein Kompliment.
Diese "Vorstellung einer jüdischen Überlegenheit" hätten auch die Nationalsozialisten als Rechtfertigung für ihre Auslöschungspläne hergenommen, so das LBGA.
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