Dreikönigstreffen der SPD: Die Radl-Politik der CSU? Dreist!
München - Eigentlich hat Alt-OB Christian Ude (SPD) jedes Jahr am 6. Januar bereits einen festen Termin in seinem Kalender stehen: die Isar-Segnung, bei der christlich-orthodoxe Griechen ein Holzkreuz in den Fluss werfen. Eine Tradition, der der Griechenland-Liebhaber schon zu seinen Zeiten als OB gerne beigewohnt hat.
Das Dreikönigstreffen seiner SPD hingegen war ein Termin, den er in den vergangenen Jahren eher hat schleifen lassen.

Alt-OB Ude überrascht beim Dreikönigstreffen der SPD
Umso überraschender Udes Besuch gestern im Hofbräukeller. Beim Dreikönigstreffen der SPD saß er mit Frau Edith Welser-Ude mit einer Person am Tisch, mit der er sich eigentlich seit fünf Jahren auf keiner bedeutenden öffentlichen Münchner SPD-Veranstaltung mehr hat blicken lassen: mit OB Dieter Reiter (SPD) – in Begleitung von Ehefrau Petra.
Den Hauptgrund dafür, dass er zuletzt Veranstaltungen der Münchner SPD gemieden hat, schiebt Christian Ude jedoch nicht auf seinen Nachfolger – obwohl es auch mit dem längst nicht immer harmonisch ablief. Nein, Schuld sei vor allem Ex-SPD-Fraktionschef Alexander Reissl gewesen, der Ende September zurückgetreten und zur CSU-Fraktion gewechselt ist.
OB Reiter macht Reissl für die SPD-Krisen mitverantwortlich
"Es lag an den Konflikten mit ihm, weswegen ich den Einladungen nicht mehr gefolgt war", sagte Ude gestern der AZ. Und fügte hinzu: "Das Problem hat sich jetzt ja in Wohlgefallen aufgelöst." Von der neuen, kurz nach Reissls Rücktritt gewählten Vierer-Spitze der SPD – Verena Dietl, Christian Müller, Anne Hübner und Christian Vorländer – sei er heuer "besonders herzlich eingeladen" worden. Auch Reiter machte Reissl ein Stück weit mitverantwortlich für die SPD-Krisen der Vergangenheit. Er habe ein sicheres Gefühl für die anstehende Wahl im März, sagte er gestern, "und das trotz – oder vielleicht auch wegen – der doch bemerkenswerten personellen Veränderungen in unserer Stadtratsfraktion". Für die vergangenen sechs Amtsjahre fand Dieter Reiter viele positive Worte.
Er führte Errungenschaften an, für die er federführend seine SPD verantwortlich macht – wie kostenlose Kitas, gratis Mittagessen für Senioren in den 32 Alten- und Servicezentren der Arbeiterwohlfahrt, die Münchner Mietpreisbremse und die MVV-Reform, die er mitverhandelt hat, und die erhöhte München-Zulage für städtische Tarifbeschäftigte. Reiter: "Wir haben nicht nur geredet, wie so manch andere Partei im Rathaus." Damit meint er vor allem die CSU. Schon vor sechs Jahren, ebenfalls ein paar Monate vor der Wahl beim Dreikönigstreffen im Hofbräukeller, waren die Dauerzielscheibe des OB. Heuer wieder.
SPD-Kritik an Radlpolitik der CSU
Und es ging – wie so oft im Streit mit dem Bündnispartner – um den Radverkehr. "Erst beschließt die CSU mit, das Radbegehren zu übernehmen, nun probiert sie, möglichst jede Einzelmaßnahme zu verhindern – ein dreistes Vorgehen", schoss Reiter. Auch den Wahlkampf-Slogan der CSU "Wieder München werden" habe er nicht verstanden. Reiter: "Wir wollen München fortentwickeln, nicht zurückentwickeln."
Gleichzeitig kündigte er an: "Wir werden mit den Initiatoren des Radlbegehrens dafür Sorge tragen, dass die Vorhaben für sicheres und zügiges Radeln in München auch tatsächlich umgesetzt werden – übrigens gerne auch zusammen mit den Grünen, wir sind da ganz pragmatisch."
Eher optimistisch ist Reiters Ziel für den 15. März nach den schlechten Wahlergebnissen bei der Landtags- und Europawahl. Er hoffte gestern auf "mindestens das Ergebnis von 2014". Also 30,8 Prozent.
Zumindest mit Alt-OB Ude scheint es schon ein Happy-End zu geben. Denn für den fand Reiter gestern versöhnliche Worte. "Ich danke dir, lieber Christian – du bist ein wesentlicher Teil des Erfolges der Münchner SPD", sagte er.
Und die Griechen? Die mussten die Isar heuer ohne den Alt-OB segnen. Ude blieb im Hofbräukeller – bis zum Schluss.
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