Nachbar über mutmaßlichen Täter nach Familiendrama in München: "Heute Morgen war mir sofort klar, dass er es ist"

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Nach dem Drama im Münchner Norden führen die Spuren des mittlerweile mutmaßlich verstorbenen Tatverdächtigen Martin P. (57) rund 40 Kilometer südlich nach Starnberg. Auch dort waren im Laufe des Mittwochmorgens unweit des Zentrums Knallgeräusche zu hören, wie mehrere Anwohner der AZ bestätigen. "Es war so laut hier, dass die Hunde gezittert haben", sagt eine Frau der AZ.
Die Detonationen seien durch die Polizei aus Fürstenfeldbruck verursacht worden, als diese ein Haus durchsuchte. Die Einsatzkräfte vor Ort äußern sich dazu auf AZ-Nachfrage nicht. Nur ein Feuerwehrmann bestätigt, dass er ab zehn Uhr vor Ort gewesen sei. Beamte, Ermittler und auch der Katastrophenschutz laufen zum Mittag noch in der Straße hin und her. In einigen Autos sitzen vermummte Polizisten.
Anwohner berichten: "Ich habe ihn immer nur in seiner Werkstatt basteln sehen"
Im Visier hatten sie ein Haus in einer sonst ruhigen Wohngegend, in dem Martin P. zuletzt gelebt haben soll. Zurückhaltend sei er gewesen, nie auffällig, berichten Anwohner. "Ich habe ihn immer nur in seiner Werkstatt basteln sehen."

An der Adresse soll sich der 57-Jährige nicht nur aufgehalten haben – auch seine Handwerksfirma ist dort ansässig, wie das Impressum des zugehörigen Internetauftritts zeigt. Tatsächlich soll es sich um einen kleinen Hausmeisterbetrieb gehandelt haben, heißt es in der Umgebung.
Auf der Startseite erscheint Martin P. auf einem Bild hinter Werkzeug und anderen Handwerksutensilien. Hinter ihm: ein markanter roter Bus, der dem ausgebrannten Fahrzeug im Münchner Norden ähnelt. Er taucht ebenso auf älteren 360-Grad-Ansichten bei Google Maps auf – geparkt vor einer Garage neben dem Hauseingang.
"Mir war sofort klar, dass es sich um Martin P. handelt"
An den Wagen erinnern sich auch die Anwohner. "Der ist jeden Tag mit seinem roten Bus hierhergefahren", sagt ein Mann aus der Nachbarschaft. Zuletzt sei er am Dienstag in den Bus gestiegen und weggefahren. "Heute Morgen – als ich die Bilder vom abgebrannten Fahrzeug in München gesehen habe – war mir sofort klar, dass es sich um Martin P. handelt", meint ein Mann. Ein anderer ergänzt: "Wenn man das hört, trifft einen wirklich gleich der Schlag."

Das Haus sei seit Jahrzehnten im Besitz der Familie P. gewesen, bestätigt eine Person. Die gesamte Familie habe dort gelebt. Martins Mutter Hildegard (81) sei als Schauspielerin und Künstlerin aktiv gewesen, die Tochter Helga (21) als Musikerin – genauso wie der Opa. Zusammen hatten sie in der Vergangenheit auch Stücke veröffentlicht, wie aus einer CD-Datenbank hervorgeht. Der Vater ist wohl mittlerweile erschossen worden, Mutter und Tochter wurden verletzt.
Wie es dazu kam? Vor Kurzem soll das Gebäude in die Hand eines neuen Besitzers übergegangen sein. Es sei verkauft worden, und die Familie sei bereits umgezogen. Geblieben sei nur einer: Martin P. – als Untermieter.
Die Spuren verlieren sich im Internet
Politische Verbindungen von Martin P. sind den Anwohnern nicht aufgefallen. Am Morgen kursierte im Internet zuvor noch ein vermutliches Bekennerschreiben mit Bezug zur "Antifa", das wohl von einem unbekannten Trittbrettfahrer verfasst wurde. Außerdem blieb offen, warum es der Tatverdächtige offenbar auf die Wiesn abgesehen hatte.
Davon abgesehen verlieren sich die Spuren im Internet. Martin P. hat kein auf seinen Klarnamen registriertes Konto in den sozialen Medien – auf Instagram, Facebook, X und LinkedIn ist er nicht auffindbar. Dafür habe eine Scheidung das Familienleben in der letzten Zeit jedoch ordentlich aufgewirbelt. Ein Brief lege den Verdacht nahe, dass es sich bei der Tat möglicherweise um einen Erbstreit gehandelt habe, berichtet die "Bild".
Laut den Behörden sei der Brief kurz vor der Öffnung des Oktoberfests gefunden worden
Darüber hinaus bestätigt der Innenminister, einen Drohbrief, den Beamte in einem Briefkasten gefunden haben sollen: "Gehen Sie nicht auf die Wiesn. Dort gibt es noch eine bombige Überraschung." Laut Polizei habe der Tatverdächtige außerdem Zweifel daran gehabt, ob es sich bei der Tochter um seine leibliche Tochter handle – obwohl ihm ein Vaterschaftstest dies bestätigt habe.
Laut den Behörden sei der Brief kurz vor der Öffnung des Oktoberfests gefunden worden. Drohungen müsse man bei jemandem, der so brutal gegen die Familie vorgehe, das Elternhaus in die Luft jage und anzünde, sehr ernst nehmen, sagte Herrmann.
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