Die Post dreht am Rad
Personal-Not, Zustell-Pannen, Filial-Schließungen. Rechtzeitig zur Weihnachtszeit gerät der gelbe Riese gewaltig ins Wanken. Kaum ein Tag, an dem das Unternehmen seine Kunden nicht mit neuen Hiobsbotschaften schockt. Jetzt droht sogar ein Chaos beim Weihnachtsversand . . .
Das Weihnachts-Drama:
Sie schuften bis zum Umfallen, aber kommen mit dem Austragen trotzdem nicht mehr nach. Bayerns 15600 Postboten werden dem Berg an Päckchen, Paketen und Briefen, der traditionell vor Weihnachten verschickt wird, kaum noch Herr. In Rosenheim, Gilching, Fürstenfeldbruck, Weilheim und Starnberg bleiben derzeit, laut Auskunft der Gewerkschaft, tausende Pakete liegen. Besonders prekär ist die Lage in München, wo in den vergangenen Jahren ein Fünftel der Postboten abgebaut wurden. Die rund 1000, die übrig geblieben sind, kommen derzeit ohne Überstunden nicht aus: „Viele sind bis 10 Stunden am Tag unterwegs“, erklärt Anton Hirtreiter, Leiter des Fachbereichs Postdienste bei Verdi Bayern.
Um das Ausmaß der Verzögerung einschätzen zu können, hat die Bundesnetzagentur nun von der Post Auskunft über Zustellungen gefordert und mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Die Post versuchte gestern zu beruhigen: Trotz hoher Sendungsmengen und kurzfristiger Personalausfälle würden mehr als 95 Prozent aller Briefsendungen innerhalb eines Tages beim Empfänger ankommen.
Der Zustell-Stop:
In Zukunft könnten die Briefkästen der Münchner nicht mehr nur am Sonntag, sondern auch am Montag leer bleiben. Dem Bundeswirtschaftsministerium liegt ein Positionspapier des Konzerns vor, in dem eine Verkürzung der Postzustellung diskutiert wird. Nur noch an fünf, statt wie bisher an sechs Tagen will die Post dann Briefe und Pakete zustellen. Nach herben Protesten – unter anderem von Innenminister Joachim Herrmann – ruderte Vorstandschef Frank Appel gestern vorerst zurück.
Das Filialen-Desaster:
Spätestens in drei Jahren wird auch die letzte Filiale in Bayern geschlossen sein. Von den einst 2300 Post-Stellen werden dann nur noch 148 Finanzzentren im Freistaat übrig bleiben. Auch die acht verbliebenen Filialen in München werden bis 2011 in privaten Agenturen umgewandelt werden.
Der Briefkasten-Abbau:
Schon vor Jahren hat die Post einige Sammelstellen für Briefe im Stadtgebiet abgebaut. Der Weg, den ein Münchner im Durchschnitt zurücklegen muss, um seinen Brief los zu werden, hat sich dadurch von 228 auf 368 Meter verlängert. Auch die Zahl der Kästen, die nachts geleert werden, ist zurückgegangen. Derzeit gibt’s davon in München noch genau zwölf.
Daniel Aschoff
- Themen:
- Gewerkschaften
- Joachim Herrmann