Derzbachhof: zwischen gestern und heute
München - Der Hof von 1751 gilt als Meisterwerk bäuerlicher Baukunst. Er stammt aus der Zeit von Mozart und Maria Theresia. Die junge Sisi passierte das Gehöft in Fürstenried vermutlich auf Kutschfahrten zwischen München und Possenhofen am Starnberger See.
Ab 2012 verfiel der Hof
Ab den 1980er-Jahren wurde der Hof nicht mehr bewohnt. Doch er wurde weiter bewirtschaftet. Die Derzbachschwestern versorgten lange das große Hofgrundstück. Sie kochten Äpfel ein, die Wiese wurde gemäht, im Winter war die Bauernstube beheizt. Doch 2012 starb die letzte der fünf Derzbach-Schwestern. Danach verfiel der heute 270 Jahre alte Hof, bis die Erbengemeinschaft das denkmalgeschützte Gehöft 2017 an Stefan Höglmaier von Euroboden verkaufte.
17 Eigentumswohnungen entstehen hier nun
Riesige Bauplanen ummanteln im Augenblick das alte Haupthaus an der Forstenrieder Allee 179. Es wird gerade von innen saniert. Nebenan ist die Tiefgarage mit 21 Stellplätzen fertig. Darüber steht der Rohbau für 17 Eigentumswohnungen.
Mit ihren Holzfassaden sollen sie an landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude erinnern, informiert der Investor Euroboden auf seiner Website. Auf dem alten Hofgrundstück entsteht eine Gesamtwohnfläche von 1.710 Quadratmetern. "Wir erhalten die denkmalrelevanten Teile des historischen Hofs und machen sie erlebbar", erklärt Eigentümer Stefan Höglmaier.

Denkmalschützerin weint um die "uralten, seltenen Obstbäume"
Für Claudia Kaiser von der Bürgerinitiative Dorfensemble Forstenried spielt sich hier jedoch eine "unsensible Zerstörung" ab: "Der Schuppen und die Remise wurden abgerissen, das markante Außenklohäusl entfernt und entsorgt. Und ich weine um die uralten, seltenen Obstbäume", sagt die Denkmalschützerin.
Die 63-Jährige ist Mitglied im Denkmalnetz Bayern und aktiv bei der München Liste. Sie empfindet den Neubau auf dem Hof als "zu massive Nachverdichtung": "Der denkmalgeschützte, spätbarocke Hof wird vergewaltigt. Das ist ein schrecklicher Frevel", sagt die Frau. Die private Petition einer Baugegnerin im Bayerischen Landtag ist allerdings 2019 gescheitert.
Das Kulturreferat verpasste seine Chance
Einige Bürger Forstenrieds hätten den ältesten Bauernhof der Stadt, ein Kulturdenkmal ersten Ranges, lieber als Kulturzentrum oder Museum gesehen. Claudia Kaiser findet: "Die Stadt hätte verpflichtet werden müssen, das Kulturgut Derzbachhof zu übernehmen und als Beispiel vergangener Zeiten original zu erhalten. Die Allgemeinheit hat einen Anspruch darauf."
Diese Chance hat das Kulturreferat der Stadt verpasst. Inzwischen inseriert die Firma Euroboden die neuen Eigentumswohnungen am Derzbachhof bereits zum Verkauf. Im Sommer 2022 sollen sie bezugsfertig sein. In Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege, nach einem Konzept von Peter Haimerl und raumstation Architekten wird dieses besondere Stück Geschichte neues Wohnen ermöglichen. Die historische Bauernstube des Derzbachhofs ist als Gemeinschaftsfläche für die Bewohner eingeplant.
Hausmeisterwohnungen in der Tenne?
In die Tenne werden vier Mietwohnungen gebaut. Für Münchner, die etwas in die zukünftige Derzbachhof-Gemeinschaft von Nachbarn einbringen können, wie zum Beispiel Gärtnern oder auf die Kinder schauen. Für diese Wohnungen mit günstigen Mietbedingungen läuft im Frühjahr die Bewerbung bei Euroboden.
"Darüber kann man auch geteilter Meinung sein. Das klingt nach Hausmeisterwohnungen", sagt Claudia Kaiser kritisch. Sie ist untröstlich, dass "der typische Kraut- und Kräutergarten im historischen Dorfkern von Forstenried eingeebnet wurde und ein großer Teil der magischen Streuobstwiese dem Neubau weichen musste."
Das luxuriöse Projekt will auf das bäuerliche Erbe anspielen
Doch einige Apfel- und Marillenbäume im hinteren Teil des Gartens blieben erhalten. Die Investoren wollen neue dazupflanzen. Mit dem Baustoff Holz und Lamellen vor den Fenstern gehen sie bei diesem luxuriösen Projekt stark auf das bäuerliche Erbe ein.
Vom 4.000-Quadratmeter-Grundstück bleiben, laut Investor, drei Viertel unbebaut. Individuelle Gärten der Wohnungen werden in einen Garten für alle übergehen. Die Futtertröge aus dem Stall sollen weg. Der alte Taubenschlag ist entfernt. Doch die Möglichkeit, einen neuen Hühnerstall zu bauen oder ein Hasenhaus für Kinder, steht jedenfalls im Raum.
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