"Der Titel Radlhauptstadt war eine Frechheit": Interview mit dem Münchner Youtuber Felix Kuffner
Der Videojournalist Felix Kuffner (33) betreibt seit fünf Jahren seinen Youtube-Kanal „Felix testet Bikes“. Neben Tests der neusten Radlmodelle gibt es auch Geheimtipps und Insider-Wissen rund ums Rad. Die AZ trifft ihn an der Isar zum Gespräch, er kommt natürlich mit schnellem Rennrad und kompletter Ausrüstung angeradelt.
AZ: Herr Kuffner, vor ziemlich genau fünf Jahren haben Sie Ihr erstes Video auf Ihrem Youtube-Kanal „Felix testet Bikes“ hochgeladen. Sind Sie also ein Fahrrad-Influencer?
FELIX KUFFNER: Ich habe letztens meinen Beruf angeben müssen, da habe ich meinen Sohn im Kindergarten eingeschrieben und wurde gefragt, was ich mache. Da habe ich gesagt, ich bin Videojournalist. Fahrrad-Youtuber trifft es, glaube ich, ganz gut.

Münchner Fahrrad-Tester Felix Kuffner: Seit fünf Jahren auf Youtube unterwegs
Youtube, Influencer, Social Media. Wer jetzt von alledem keine Ahnung hat, wie würden Sie der Person das erklären?
Ich teste Fahrräder, vor allem Gravelbikes, aber auch Lastenräder, Mountainbikes, E-Mountainbikes, verschiedene Motorenkonzepte und Rennräder.
Zu Beginn ging es um BMX. Da gab es aber noch nicht so viele Zuschauer.
Diese Videos haben keine Sau interessiert (lacht). Die waren auch nicht besonders gut und inhaltlich nicht so interessant.
Dann kam Corona.
Da habe ich mir auf Kleinanzeigen ein gebrauchtes Gravelbike gekauft und angefangen, die Fragen, die ich als Anfänger hatte, als Video zu erklären. Da habe ich gemerkt: Diese Videos funktionieren total gut. Da gibt es eine riesengroße Zielgruppe mit wenig Vorahnung. Die aber Bock hat, sich zu informieren.
Aber anders als in klassischen Medien.
Es gibt viele Regeln und eine Fachsprache, die Fahrradjournalisten draufhaben. Es heißt nicht „Reifen“, sondern „Pneu“, zum Beispiel.
Man kann sich da sehr in technischen Details verlieren.
Technik hat mich nie interessiert, muss ich gestehen. Ich erkläre zwar vor allem Technik in meinen Videos, aber auch für jemanden, den es nicht interessiert (lacht).
"Mir sind schnell Räder zugeschickt worden": Münchner Youtuber "Felix testet Bikes" über seinen Arbeitsalltag
Sie wollen nicht zu professionell rüberkommen.
Man muss den Sweet Spot finden zwischen „Der ist immer noch ansprechbar“ und „Der hat gar keine Ahnung“. Irgendwo dazwischen hat es funktioniert.
Und dann ging es richtig los.
Mir sind relativ schnell Räder zugeschickt worden, das war schon verrückt. Zwei, drei Monate nachdem ich angefangen hatte. Ich habe wöchentlich Videos hochgeladen, die ich mit meinem iPhone gemacht habe. Dann kriege ich plötzlich ein supertolles Rad, das ich ein paar Wochen fahren darf.
Ohne Bedingungen?
Das war am Anfang ziemlich hemdsärmlig, es gab nichts Ausgesprochenes und keine Verträge. Das ist jetzt immer noch so, aber mittlerweile werde ich dafür bezahlt, aus unterschiedlichen Quellen.
"Werbung, aber ehrlich": Wie Felix Kuffner auf Youtube Räder testet
Das heißt, Sie machen eigentlich Werbung.
Ja, es ist Werbung, aber ehrliche Werbung. Sonst würde das nicht funktionieren.
Mit der Pandemie nahm das Interesse am Radfahren stark zu, ein Glücksfall für Sie.
Vor allem zu Graveln haben viele angefangen, das hat sich sehr angeboten. Ich habe das selber gemerkt. Ich war auf Wegen unterwegs, die ich davor nicht kannte. Ich glaube, so ging es vielen in der Zeit.
Sie sind aber schon viel länger Fahrrad-begeistert, wie ging das los?
Ich habe mit sieben Jahren angefangen, BMX-Rennen zu fahren. Mein Cousin hat das auch gemacht und mein Papa war Mountainbiker der ersten Stunde.
Dann mussten Sie sich irgendwann entscheiden, wie es weiter geht.
Mit 16 wurde ich Deutscher Meister und habe viermal die Woche trainiert, im Fitnessstudio und auf der Bahn. Am Wochenende war ich dann immer auf irgendwelchen Rennen in ganz Deutschland unterwegs.
"Sportsoldat und Olympia waren Thema": Warum Felix Kuffner (33) doch nicht Radprofi wurde
Sie wurden aber doch nicht Profi.
Ich habe mich dagegen entschieden. Sportsoldat und Olympia waren Thema, aber die Pubertät und andere Faktoren haben nicht mehr gepasst.

Trotzdem blieb die Leidenschaft.
Ich habe das Freestyle-BMX-Fahren für mich entdeckt und später das Dirtbike-Fahren.
Sie haben mittlerweile über 47.000 Abonnenten auf Youtube und bereits 342 Videos veröffentlicht. Gehen Ihnen da nicht die Ideen aus?
Man muss schon ein bisschen nachdenken und schauen, was funktioniert. Auch was bei anderen funktioniert. Und sich geschickt inspirieren lassen.
Man kann auch ganz genau schauen, wie die Videos beim Zuschauer ankommen, oder?
Ja, ich sehe genau, wann sie abspringen, welche Formulierungen sie mögen, welche nicht. Mögen sie es, wenn ich sie duze oder sieze? Mögen sie es, wenn ich den Namen eines Rads direkt im ersten Satz sage? Da kann man richtig tief reingehen.
Und das macht Sie nicht wahnsinnig?
Doch, schon. Darum vertraue ich die meiste Zeit auch eher auf mein Gefühl.
"Themen, die helfen funktionieren am besten": Youtuber "Felix testet Bikes" im AZ-Interview
Was funktioniert am besten?
Themen, die helfen. Wenn mich zum Beispiel Leute fragen, welchen Reifen ich empfehlen würde. Oder welche Gravelbikes für 2,000 Euro gerade gut sind. Da habe ich ein Video gemacht, wo ich etwa 15 Räder aufliste. Das ist eines meiner erfolgreichsten Videos geworden.
Wann ist ein Video ein Erfolg?
Ein Video, das richtig gut funktioniert, hat Klickzahlen ab 100.000 Ansichten – davon habe ich aber nicht viele, vielleicht zehn Stück maximal. Die bringen dem Kanal nur kurzfristig etwas, langfristig nicht.
Ein Grundrauschen ist besser als die Klick-Hits?
Ja, dieser Schwung, wenn man kontinuierlich Videos zwischen 4000 und 10.000 Klicks hat. Das schafft dann keine falschen Erwartungen bei den Firmen. Viralität ist kein großes Thema in der kleinen Nische, in der ich bin.
Sie werden auch mal ins Ausland eingeladen, um ein Rad zu testen. Sind das die schönen Seiten des Berufs oder muss man sich das so vorstellen wie bei einem Reisejournalisten, dass man vor allem arbeitet an diesen schönen Orten?
Wir waren vor kurzem vier Tage in Spanien. Es hat vier Tage krass geschüttet und wir mussten vier Videos machen. Das hat Spaß gemacht, aber der Druck ist auf diesen Reisen schon auch da. Die Leute laden einen nicht ein, weil man so gut im Biertrinken ist. Wenn man nicht abliefert, ist man schnell nicht mehr dabei.
"Neben uns hat permanent der Blitz eingeschlagen": Youtuber Felix Kuffner über seine Arbeit als Radltester
Sie müssen auch sehr schnell arbeiten.
Man muss viel improvisieren. Im Schnitt im besten Fall etwas Gutes daraus machen. Ich habe zum Beispiel gerade ein Rennrad gefilmt, damit bin ich 40 Kilometer gefahren und neben uns hat permanent der Blitz eingeschlagen. Es soll aber trotzdem nach Spaß ausschauen. Da muss man etwas hinschneiden (lacht).
Machen Sie das alles alleine?
Ich filme nicht mehr selber. Ich habe mir seit letztem Jahr gegönnt, dass ich da zu Freelancern greife, die mich filmen. Das ist ja eine Kunst. Ich schneide aber noch selber.
In den fünf Jahren ging es konstant bergauf, heißt das, Sie können davon leben?
Ich verdiene mehr als im Angestelltenverhältnis zuvor. Aber es ist nicht so, dass ich eine Million Euro im Jahr auf die Seite scheffel.
Es ist wahrscheinlich unsteter als angestellt zu sein.
Mittlerweile im fünften Jahr kann ich ungefähr voraussagen, dass der Winter nicht so brillant wird, aber der Sommer gut.
Haben Sie ein Lieblingsrad?
Das kann ich gar nicht so pauschal sagen. Mein absolutes Lieblingsrad, das ich mir aber nicht kaufen würde, ist das Colnago C68. Das ist mir viel zu teuer (etwa 13.000 Euro, d. Red.). Das kostet zweimal so viel wie mein Auto.
"Titel Radlhauptstadt war eine Frechheit": Radl-Youtuber Felix Kuffner über München
Sie kommen aus dem Umland und sind seit etwa zehn Jahren in der Stadt zuhause. Wie nehmen Sie München wahr als Radlstadt?
Der Titel Radlhauptstadt war ja eine Frechheit vor einigen Jahren. Aber seit Corona hat sich sehr viel getan.
Auch im Alltag?
Ich sehe es jeden Morgen, wenn ich mit dem Lastenrad zur Kita fahre. Was da für ein Konvoi von Ampel zu Ampel schwimmt, das ist irre. Das hat sich megacool entwickelt. Es ist auch schön, zu sehen, dass immer mehr Radwege verbreitert werden, dass Autospuren Radwegen weichen.
Die Diskussion über Radwege und Parkplätze wird in München sehr hitzig geführt.
Das ist ja klar. Wenn ich Auto fahre, finde ich es auch schwierig, einen Parkplatz zu finden. Aber das würde ich nicht den Radfahrern in die Schuhe schieben. Es ist der Art und Weise geschuldet, wie die Stadt aufgebaut ist. Und jetzt ist man daran, das Problem zu lösen.
Was ist für Sie zum Beispiel eine gute Lösung?
Über kurz oder lang gibt es in der Stadt keine Alternative zum Lastenrad. Ich glaube, dass es immer mehr Leute auch verstehen, die das einmal ausprobiert haben. Darum sind die Förderungen der Stadt so wichtig, damit es sich auch Leute leisten können, die nicht so viel Geld haben. Da sind wir schon auf einem sehr, sehr guten Weg.
"Meckern auf ganz hohem Niveau": Radl-Youtuber "Felix testet Bikes" über das Radfahren in München
Auch im Vergleich mit anderen Städten?
Es kann natürlich immer besser sein, aber es ist Meckern auf ganz, ganz hohem Niveau, finde ich.
Auch was die Sicherheit betrifft?
Es ist immer noch gefährlich. Meine Freundin ist zweimal zusammengefahren worden von einem Auto innerhalb von zwei Monaten. Mit dem Kind hintendrauf. Es lag in beiden Fällen nicht an ihr, sondern an den Straßen, die zu eng waren. Da wird einem schon Angst und Bange.
Wo sehen Sie in München noch Verbesserungsmöglichkeiten?
Beim Isar-Highway. Viele Münchner in der Rennradblase sind davon komplett begeistert und es ziehen sogar Leute aus Köln oder Berlin hierher, das kriege ich mit.
"Isar-Highway kurz vor der Verstopfung": Was sich der Radl-Youtuber für München wünschen würde
Was ist daran so toll?
Der Isar-Highway schafft es, dass du in einer halben Stunde vor die Tore der Stadt kommst. Dann hast du wunderschönes Rennradterritorium, mit dem Gravelbike noch viel früher.
Aber?
Er steht jetzt schon kurz vor der Verstopfung. Man müsste ihn verbreitern oder zum Beispiel eine Extraspur für schnelle Radfahrer einrichten. Sowas gibt es in Holland beispielsweise.
Haben Sie eine Lieblings-Radstrecke, die Sie unseren Lesern empfehlen würden?
Letztens habe ich mit dem Gravelbike entdeckt, dass es nach Schäftlarn nochmal schön weitergeht Richtung Münsing und dann Richtung Starnberger See. Dann kann man im weiten Bogen um den Starnberger See fahren, zum Ammersee, zum Wörthsee und dann über den Westen von München wieder zurück.
Da ist man aber lange unterwegs.
Das ist nichts für Anfänger, ja. Wer es gern geselliger mag, auf der Ludwigshöhe in Richtung Kleindingharting geht’s zu wie auf der Wiesn. Da stehen manchmal gefühlt Hunderte Radler mit ihren Outfits, alle machen ihr Instagrambild. Da sieht man auch immer, welche Marken gerade in sind (lacht).
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