Denkmalschutz oder Klimaschutz? Kustermann will 70 Prozent seines Strombedarfs selber erzeugen

Die Stadt München will bald die Erlaubnis erteilen für Photovoltaikanlagen auf geschützten Gebäuden in der Altstadt. Kustermann steht in den Startlächern.
Nina Job
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Bis Ende 2023 will Kustermann Solaranlagen auf seinen drei Dächern anbringen.
Bis Ende 2023 will Kustermann Solaranlagen auf seinen drei Dächern anbringen. © Simon Parat/ho

München - Schön ist der Blick vom Alten Peter auf München: Die historischen Gebäude der Altstadt liegen zu Füßen des Betrachters, der Blick fällt auf sonst verborgene Innenhöfe und – auf viele bunte Dächer.

Solaranlagen sieht man auf den Dächern so gut wie keine. Nur ein mickriges Prozent betrug der Anteil noch vor einem Jahr. Doch das wird sich bald deutlich ändern – sogar auf Gebäuden, die in der Altstadt unter Ensembleschutz stehen. Und die in ihrem äußeren Erscheinungsbild, auch von oben betrachtet, besonders schützenswert sind.

Solarzellen auf dem Dach: Kustermann wird Vorreiter sein

Das Traditionshaus Kustermann am Viktualienmarkt wird dabei Vorreiter sein. Wäre es nach Geschäftsführer Caspar-Friedrich Brauckmann gegangen, würden die vielen Lampen in dem Haushaltswarenfachgeschäft (Firmengründung 1798) längst durch Solarstrom zum Leuchten gebracht. Doch er muss noch auf die Genehmigung warten.

Brauckmann mit einem PV-Modul.
Brauckmann mit einem PV-Modul. © Kustermann

Bereits vor elf Monaten hatte Brauckmann zum Pressetermin auf die Dachterrasse des Hotels Louis geladen, um vom Plan des Familienunternehmens zu berichten: Eine hohe sechsstellige Summe wollte man auf den drei Dächern für Solarmodule investieren und so 20 Prozent des Energiebedarfs für das eigene Geschäft decken.

Tatkräftige Unterstützung kam von der grünen Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und von der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Landtag Katharina Schulze. Beide forderten eine schnelle Gesetzesänderung. Im strengen bayerischen Denkmalschutzgesetz waren Photovoltaikanlagen bis dahin auf denkmalgeschützten Häusern verboten, auch auf Gebäuden mit Ensembleschutz erteilten die Behörden fast durchweg Absagen.

Seit Sommer 2022: Photovoltaik auf denkmalgeschützten Dächern möglich

Inzwischen ist einiges passiert: Im Sommer 2022 hat die bayerische Staatsregierung eine Novellierung beschlossen. PV-Anlagen sollen nun auch auf denkmalgeschützten Gebäuden möglich sein.

In der Zeit, in der Kustermann darauf wartete, loslegen zu können, hat Brauckmann mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalschutzbehörde ein detailliertes Konzept erarbeitet, wie die Solar-Anlage auf den ensemblegeschützten Kustermann-Gebäuden realisiert werden kann. Seit zwei Wochen ist das Konzept fertig. Nun liegt es bei der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt. Am Freitag teilte ein Sprecher mit: Bis 30. Juni sollte es klappen mit der Genehmigung.

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Das Warten hatte noch mehr positive Seiten. Zwar rechnet Kustermann mittlerweile mit gestiegenen Kosten – nämlich einem niedrigen siebenstelligen Betrag – aber dank weiterentwickelter Technik auch mit einer höheren Energiegewinnung: "Heute gehen wird davon aus, dass wir bis zu 500.000 Kilowattstunden Strom erzeugen können", so Brauckmann. Durch neue LED-Lampen konnte gleichzeitig der Gesamtbedarf an Energie um 25 Prozent gesenkt werden. Fazit: "Etwa 70 Prozent des Stroms, den wir für unseren Einzelhandel brauchen, werden wir selbst erzeugen können."

"Blaupause für denkmalgeschützte Ensemble"

Brauckmann sieht in dem Konzept eine "Blaupause für denkmalgeschützte Ensemble in ganz Bayern". Und auch Bürgermeisterin Habenschaden ist hochzufrieden über die gute Zusammenarbeit der Denkmalbehörden und Kustermann und das Ergebnis: "Hier steckt sehr viel Potenzial für den Klimaschutz drin!"

Bleibt noch die Optik. Wie wird das Ganze dann mal ausschauen vom Alten Peter aus? "Von außen wird man fast gar keinen Unterschied sehen", sagt Brauckmann. Dafür wird das Dach teilweise abgedeckt, die Module innen verbaut. Zudem sollen Paneele eingefärbt werden.

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  • Sarah-Muc am 01.05.2023 19:40 Uhr / Bewertung:

    Der Denkmalschutz musst erst von der bay. Staatsregierung angepasst werden und das passierte im letzten Sommer. Steht im Artikel. Also nix grün-rote Stadtverwaltung.

  • Der wahre tscharlie am 01.05.2023 15:41 Uhr / Bewertung:

    Kustermann als Vorreiter beim Thema Photovoltaik. Das ist absolut zu beführworten.
    Man kann nur hoffen, dass Kustermann noch mehr Nachahmer findet. Und dass dies Frau Habenschaden beführwortet, ist auch positiv.

  • Sarah-Muc am 01.05.2023 13:44 Uhr / Bewertung:

    Genau so muss es sein. So erreichen wir unsere Klimaziele. Bin mal gespannt, was jetzt von den Hardlinern Anti-Grün-Rot kommt. Sicher sehr viele gute Argumente dagegen,

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