Den täglichen Hass und Rassismus melden: Neue Plattform für Schulen in München

Seit Montag ist eine Plattform online, auf der sich Betroffene oder Zeugen bemerkbar machen können, die in der Schule Diskriminierung erleben. Eine Vorlage dazu kommt aus Berlin.
Hüseyin Ince
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Alexandra Hernadi vom Arbeitskreis Antirassismus, Philip Fickel, Lehrer an der Anita-Augspurg-Berufsoberschule und Stadtschulrat Florian Kraus zeigen am Montag die Plakate und Flyer zur Kampagne "Melde dich gegen Diskriminierung in der Schule!" am Neuen Rathaus.
Alexandra Hernadi vom Arbeitskreis Antirassismus, Philip Fickel, Lehrer an der Anita-Augspurg-Berufsoberschule und Stadtschulrat Florian Kraus zeigen am Montag die Plakate und Flyer zur Kampagne "Melde dich gegen Diskriminierung in der Schule!" am Neuen Rathaus. © Daniel von Loeper

München - Münchens Bevölkerung ist so international wie kaum in einer anderen Stadt Deutschlands. Zu anderen Kulturen ist es nicht weit. Österreich, Italien, Tschechien, Schweiz: Vier Ländergrenzen sind in zwei Stunden Autofahrt erreichbar - ganz zu schweigen von Zehntausenden anderen Münchnern, die ihre Wurzeln auf allen fünf Kontinenten der Erde haben.

Da verwundert eine Statistik aus dem Jahr 2021, auf deren Basis nun die Stadt München eine Internetseite eingerichtet hat, die es ab sofort möglich macht, Hass und Diskriminierung "niederschwellig und anonym" zu melden, sagt Philip Fickel, Lehrer an der Anita-Augspurg-Berufsoberschule.

Ozan Aykaç, Vorstandsmitglied beim Kreisjugendring München-Stadt.
Ozan Aykaç, Vorstandsmitglied beim Kreisjugendring München-Stadt. © Daniel von Loeper

Diskriminierung: 32% aller Fälle ereigneten sich an Schulen

Er stellte am Montag diese Plattform mit vier weiteren Funktionären im Neuen Rathaus vor. Ohne so eine Plattform stünde man vor der Wahl: "Zeige ich solche Vorfälle bei der Polizei an oder nicht?" Und das sei bisher eine große Hemmschwelle gewesen.

Der Inhalt der erwähnten Münchner Statistik aus dem Jahr 2021: 28 Prozent der Münchner gaben in einer repräsentativen Umfrage an, in den zwei Jahren zuvor Diskriminierung erfahren zu haben. 32 Prozent der Vorfälle wurden an Münchner Schulen verortet - also knapp ein Drittel.

Formen von Diskriminierung sind unterschiedlich

Die Bandbreite ist groß: vom Mitschüler, der mit dem Nazi-Code 88 auf seinem Pulli herumläuft, über Jugendliche die den Hitlergruß zeigen und "Scheiß Ausländer" rufen, bis hin zu Mitschülerinnen mit dunkler Hautfarbe, die mit dem N-Wort beschimpft und vom Lehrer vertröstet werden mit den Worten: Das sei bestimmt nur ein schlechter Scherz gewesen. Insgesamt: ein nicht hinnehmbarer Zustand.

"Schulen müssen demokratische Orte sein", sagt Stadtschulrat Florian Kraus (Grüne) am Montag im Neuen Rathaus. Dazu gehöre auch ein sensibler sowie konsequenter Umgang mit rassistischen, antisemitischen und demokratiefeindlichen Vorfällen. Hinsehen statt wegsehen müsse das Motto stets sein. "Auch für Täter ist es eine Chance zu erkennen, was sie angestellt haben", sagt Kraus.

Miriam Heigl ist die Leiterin der Fachstelle für Demokratie in München.
Miriam Heigl ist die Leiterin der Fachstelle für Demokratie in München. © Daniel von Loeper

Die Fachstelle für Demokratie hat auch eine Plakat- und Stickerkampagne zur neuen Plattform www.melden-gegen-diskriminierung.de gestartet. Die Leiterin der Fachstelle, Miriam Heigl, stellt klar: "Das Hakenkreuz an der Schultoilettenwand betrifft jeden in so einem öffentlichen Raum."

Neue Plattform soll Licht ins Dunkel bringen

Seit Februar kann man bereits in der Fachstelle solche Vorfälle melden. Aber die Zahl blieb überschaubar: 15 Fälle von Diskriminierung schlugen bei Heigl auf, gemeldet von Lehrkräften. In Berlin gebe es eine ähnliche Initiative namens Adas. Dort seien in vier Jahren mehr als 850 Fälle aufgeschlagen, gemeldet von Schülern - plus 81 Vorfälle, die zusätzlich Lehrer vermeldet haben.

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Es gelte jetzt, mithilfe der Meldeplattform Licht ins Dunkelfeld zu bringen, sagt Ozan Aykaç, Vorstandsmitglied beim Kreisjugendring München-Stadt. Aykaç selbst sei zwar in seiner Schulzeit von Rassismus und Diskriminierung weitgehend verschont geblieben. Doch er habe während seiner Tätigkeit als Referent zum Thema Rechtsradikalismus Vorfälle mitbekommen, bei denen so eine Meldeplattform geholfen hätte.

Manchmal braucht es Mut 

"Da spielte jemand Rechte Musik ab oder es fiel das N-Wort gegenüber einer Schülerin", erzählt er. Ein Fall, der ihm sehr in Erinnerung geblieben ist: "Ein 15-Jähriger wollte sich unbedingt von seinen Eltern distanzieren, weil sie die rechte Organisation 'Der Dritte Weg" mitgegründet hatten."

Das habe Aykaç viel Respekt abverlangt. "In dem Alter muss man das erst mal schaffen", sagt er.

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2 Kommentare
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  • Lackl am 13.10.2022 00:16 Uhr / Bewertung:

    Niedrigschwellig und anonym - aha. Damit irgend welche Anschuldigungen nicht überprüft werden können. Übrigens, gilt diese Plattform auch für Einheimische, welche diskriminiert werden?
    Ich mein, als Kartoffelfresser oder Weißbrot oder Naz.. bezeichnet zu werden ist ganau so schlimm. Oder ist das alles nur eine ideologische Einbahnstraße?

  • Der wahre tscharlie am 11.10.2022 16:09 Uhr / Bewertung:

    Diese Plattform ist absolut sinnvoll!

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