David Mayonga: Mit Rassisten diskutiere ich nicht
David Mayonga wurde im Kindergarten das erste Mal als "Neger" bezeichnet und mit 13 gleich zweimal von der Polizei durchsucht. Im AZ-Interview spricht er über seine Erfahrungen mit Rassismus.
München - Er spricht und rappt bairisch. Trotzdem wird David Mayonga ständig damit konfrontiert, dass sein Vater aus dem Kongo stammt. Jetzt hat er über Rassismus, der ihn sein Leben lang begleitet, ein Buch geschrieben: "Ein Neger darf nicht neben mir sitzen – Eine deutsche Geschichte".
AZ: Herr Mayonga, woher kommen Sie?
DAVID MAYONGA: Aus Markt Schwaben.
Ok. Aber woher kommen Sie wirklich?
Geboren bin ich in München.
"Rassismus ist Einteilung und Hierarchisierung von Menschen"
Über diese Fragen wird gerade viel diskutiert. Menschen entgegnen, sie seien neugierig und geben sich mit der Antwort Markt Schwaben nicht zufrieden.
Erstmal muss man sich fragen, ob man wirklich neugierig ist. Noch nie haben sich zwei Weiße getroffen und im ersten Kontakt gefragt: "Wo kommen deine Eltern her?" Ich muss mich dann fragen: Ist das wirklich das Wichtigste, das, was diesen Menschen ausmacht?
Wie definieren Sie Rassismus?
Rassismus ist die Einteilung von Menschen in Rassen und dann die Hierarchisierung dieser Rassen: Diese hier steht oben und die da sind unten.
Erste Rassismus-Erfahrung bereits im Kindergarten
Ihr Buchtitel bezieht sich auf Ihre erste Rassismus-Erfahrung.
Das war ein wichtiger Tag in meinem Leben, mein erster Tag im Kindergarten. Wie das so ist, am Anfang wird ein Stuhlkreis gebildet, wir sollten uns alle hinsetzen und ich gehe auf einen freien Platz zu. Als ich mich hinsetzen will, macht der Junge, der neben diesem freien Platz sitzt, beide Hände auf die Sitzfläche des Stuhls, schaut mich an und sagt: "Ein Neger darf nicht neben mir sitzen." Ich habe sofort gedacht: "Ui, ja klar, neben mir auch nicht."
Und hab geschaut: Wo isser denn, dieser Neger? Man versteht ja als Kind sofort, dass dieses Wort negativ ist. Dann hat er gesagt: "Du bist der Neger!" Da habe ich mich gefragt, was habe ich denn getan, um das zu werden. Ich kannte das Wort nicht, ich dachte, es sei ein Wort für etwas schlechtes. Bis dahin wusste ich nicht, dass mein Äußeres Grund genug ist, mich in allem abzulehnen.
Über Ihre Schulzeit schreiben Sie: "Wir bekamen die schlechteren Noten, haben uns aber, genau wie die Lehrer, damit abgefunden."
Das Problem als Heranwachsender ist, dass man viele Dinge als gegeben annimmt, weil man noch nicht viele Vergleichsmomente hat. Wenn man das Gefühl hat, die Noten, die man bekommt, passen zu einem und es wird nicht großartig mehr erwartet. Wenn im Umfeld niemand den Bildungshunger pusht.
Bei mir war das gotsseidank meine Mutter, weil die Akademikerin ist. Andere bewegen sich unter ihren Möglichkeiten. Viele Lehrer sehen allein in einem ausländischen Namen eine Schwierigkeit. Wenn der Cemal das Diktat nicht so gut kann, ist es was anderes, wie wenn der Manfred das nicht kann. Diese Vorurteile nehmen den Kindern auch Chancengleichheit.
Probleme mit der Polizei: "Racial Profiling ist kein Spaß"
Sie beschreiben im Buch die ständigen Polizeikontrollen, unter denen Sie leiden – das sogenannte Racial Profiling. Als 13-Jähriger wurden sie zweimal in zwei Wochen durchsucht.
Racial Profiling ist kein Spaß. Das wirkt oft so, als wolle man sich wehren gegen die Arbeit der Polizei. Aber der Job der Polizei ist es, Verbrechen aufzuklären und zu verhindern. Aber die Aufgabe der Polizei kann es nicht sein, aufgrund von Vorurteilen ständig die zu kontrollieren, die anders aussehen. Sie senden damit das Signal: Wir wissen, dass du potenziell ein Krimineller bist. Wenn man kein Krimineller ist, dann führt das zu einer nachhaltigen Schädigung im Verhältnis mit der Polizei und noch mehr. Denn wenn ich eh immer der Buhmann, das Problem, der Kriminelle bin, warum soll ich mich noch richtig aufführen?
Finden Sie, dass man mit Menschen reden soll, die beispielsweise "Neger" sagen?
Es gibt zwei Möglichkeiten: Jemand hat dieses Wort im Vokabular und ist sich bewusst, wie verletzend das ist. Mit Rassisten werde ich nicht mehr diskutieren. Ich habe das probiert. Aber es ist fast nicht möglich, eine echte Diskussion zu führen. Die haben keine Meinung, die sie von sich selbst trennen können, sondern eine Überzeugung, die sie selbst sind. Die anderen sind Menschen, die das Wort unbedacht benutzen, die "Ja, mei, des ham mer immer scho so gsagt"-Menschen. Da kann man einen Weg finden.
"Ich appelliere an die Sensibilität"
Wie ist der Ausweg aus dem Rassismus, gerade dem unbedachten Alltagsrassismus?
Man muss sich bewusst sein, dass es Lebenswelten gibt, die man nicht ganz erfahren kann, nur theoretisch verstehen kann. Wenn einer aus dieser Lebenswelt was rückmeldet, muss ich das aus Respekt annehmen. Ich zum Beispiel bin ein Mann. Wenn eine Frau mir sagt, dass etwas, was ich getan habe, sexistisch ist, dann kann ich mich verteidigen und mache so das Problem und die Person klein. Oder ich höre zu und nehme das an. Ich appelliere an die Sensibilität, gerade wenn man sich denkt: "Das will ich nicht sein. Ich will kein Rassist sein. Erzähl mir, wie ich es besser machen kann."
Am Mittwoch, 13. März um 20 Uhr stellt Mayonga sein Buch in einem Abend im Volkstheater vor. Tickets ab 12 Euro.
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