Interview

Bürgermeisterin Habenschaden über den Gasteig: "Zügiges Vorgehen entscheidend"

Katrin Habenschaden spricht über den Stand der Dinge nach der erfolglosen Investorensuche für den Gasteig – und sagt in Richtung Freistaat: "Ich habe den Eindruck, dass aus der Denkpause eine Pause vom Denken geworden ist."
Robert Braunmüller
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Für Katrin Habenschaden steht außer Frage, "dass das größte Kulturzentrum Europas am Rosenheimer Platz in seiner ganzen Kraft auch in Zukunft weiter strahlen soll".
Für Katrin Habenschaden steht außer Frage, "dass das größte Kulturzentrum Europas am Rosenheimer Platz in seiner ganzen Kraft auch in Zukunft weiter strahlen soll". © imago images/Wolfgang Maria Weber

AZ-Interview mit Katrin Habenschaden: Die 46-Jährige arbeitete als Bankkauffrau und Diplombetriebswirtin bei den Stadtsparkassen in Nürnberg und München. 2014 wurde sie in den Stadtrat gewählt, 2020 war sie OB-Kandidatin der Grünen/Rosa Liste. Sie ist Münchens Zweite Bürgermeisterin.

München - Die Philharmonie ist nach Sendling umgezogen, ebenso die Volkshochschule. Die Stadtbibliothek nutzt das Motorama und Teile des Gasteig HP8. Doch nach wie vor steht kein Baukran am Gasteig. Denn die Suche nach einem Investor, der Europas größtes Kulturzentrum zum Festpreis sanieren soll, ist gescheitert.

AZ: Frau Habenschaden, wie ist der Stand der Dinge nach der Vollversammlung des Stadtrats am Mittwoch?
KATRIN HABENSCHADEN: Am Mittwoch hat der Stadtrat das Ausschreibungsverfahren offiziell aufgehoben. Die Suche nach einem Investor verlief leider erfolglos. Vorgesehen ist nun, dass die Verwaltung dem Stadtrat verschiedene Optionen vorlegt, wie es weitergehen kann. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden.

Habenschaden: "Deckelung auf 450 Millionen war ein Grund für das Scheitern"

Welche Optionen bestehen aus Ihrer Sicht?
Ein zügiges Vorgehen scheint mir entscheidend für den gesamten Prozess. Die Ausschreibung für ein Investorenmodell könnte wiederholt werden – mit einem an den Baukostenindex angepassten Kostendeckel. Die Deckelung auf 450 Millionen war aus meiner Sicht ein Grund für das Scheitern.

In ihrer Funktion als Zweite Bürgermeisterin ist Katrin Habenschaden Vorsitzende der Ausschüsse für Bau, Arbeit und Wirtschaft, Kultur, Klima und Umwelt sowie Mobilität.
In ihrer Funktion als Zweite Bürgermeisterin ist Katrin Habenschaden Vorsitzende der Ausschüsse für Bau, Arbeit und Wirtschaft, Kultur, Klima und Umwelt sowie Mobilität. © Anja Mörk

Sie konnte während der europaweiten Ausschreibung aus rechtlichen Gründen nicht mehr verändert werden, obwohl in dieser Zeit die Inflation und die Baukosten explodiert sind. Da kann man der Stadtkämmerei, die das Verfahren durchgeführt hat, nun wegen des Scheiterns keinen Vorwurf machen.

Habenschaden: "Gasteig kann eine optische und inhaltliche Aufwertung vertragen"

Was heißt das für die Zukunft?
Das Verfahren könnte wiederholt werden – mit einem Kostendeckel, der den aktuellen Gegebenheiten entspricht. Die zweite Option wäre, die Planung noch einmal aufzumachen und eventuell zur Grundsanierung zurückzukehren. Diese Variante ist aber im Unterschied zum Henn-Entwurf nicht vorgeplant: Ihre Kosten sind unbekannt. Sie müsste erst durchgerechnet und durchkalkuliert werden. Außerdem wäre zu klären, ob diese Varianten durch die Stadt oder extern durchgeführt werden sollten. Diese Fragen bedürfen wegen der vielen Veränderungen des vergangenen Jahres eines Updates.

Und was passiert dann?
Nach meiner Meinung als Kulturbürgermeisterin kann der Gasteig am Rosenheimer Platz eine optische und inhaltliche Aufwertung vertragen. Aber das hat der Stadtrat zu entscheiden.

Eine Simulation des neuen Gasteig mit dem geplanten Verbindungstrakt aus der Vogelperspektive - im Hintergrund Haidhausen und der Arabellapark.
Eine Simulation des neuen Gasteig mit dem geplanten Verbindungstrakt aus der Vogelperspektive - im Hintergrund Haidhausen und der Arabellapark. © Henn/Gasteig

Gibt es dafür nach derzeitigem Stand eine Mehrheit? Die Generalsanierung wurde gegen die SPD quer durch die Rathauskoalition von den Grünen und der CSU beschlossen.
In diese politische Debatte können wir erst einsteigen, wenn wir wissen, worüber wir sprechen. Dafür brauchen wir Daten und Fakten.

"Wir haben bei keinem Verfahrensschritt in Richtung Freistaat geschaut"

Es ist immer wieder zu hören, dass das Baureferat an der Gasteig-Sanierung wenig interessiert sei und das Verfahren verzögert habe.
Dagegen erhebe ich Einspruch. Ich habe das völlig anders erlebt. Das Baureferat hat das Investorenmodell nach dem Beschluss des Stadtrats gemeinsam mit der Kämmerei vorbereitet.

Nach meinem Eindruck tut sich beim Gasteig immer nur dann etwas, wenn der Staat sein Konzerthaus im Werkviertel vorantreibt, wo derzeit ebenfalls eine Denkpause herrscht.
Das nehme ich anders wahr. Wir haben bei keinem Verfahrensschritt in Richtung Freistaat geschaut und gehen nun auf unserem Weg weiter, auch wenn die Suche nach einem Investor vorerst erfolglos geblieben ist. Außerdem gibt es derzeit keine Aussage der Staatsregierung dazu, wie es mit dem geplanten Konzerthaus im Werksviertel weitergeht. Ich habe den Eindruck, dass aus der Denkpause eine Pause vom Denken geworden ist.

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Bräuchte es nicht ein Gesamtkonzept für Konzertsäle und Kulturzentren in München?
Wenn der Freistaat darüber sprechen möchte: Die Türen bei der Landeshauptstadt stehen dafür offen.

"Subkultur trifft auf den Gasteig – das verspricht spannend zu werden"

Hemmt der Erfolg der Isarphilharmonie möglicherweise auch die Bereitschaft zur Sanierung des Gasteig?
Ich finde die Isarphilharmonie auch sehr gelungen – sowohl als Ausweichquartier für die Philharmoniker wie auch für die Konzerte privater Veranstalter. Trotzdem steht es für mich außer Frage, dass das größte Kulturzentrum Europas am Rosenheimer Platz in seiner ganzen Kraft auch in Zukunft weiter strahlen soll.

Wie geht es mit der Zwischennutzung im Gasteig weiter?
Da gibt es eine positive Nachricht: Am Freitag wurde der Vertrag unterzeichnet. Es wäre unverzeihlich gewesen, das Gebäude leer stehenzulassen, schließlich ist der Bedarf an Flächen zur kreativen und sozialen Nutzung groß. Für Münchens Freie Szene ist die Zwischennutzung eine besondere Gelegenheit, sich in einem außergewöhnlichen Umfeld zu zeigen. Subkultur trifft auf den Gasteig – das verspricht spannend zu werden.

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  • Der Schwabinger am 05.02.2023 16:39 Uhr / Bewertung:

    Ein Armutszeugnis für eine reiche Millionenstadt( oder doch das viel beschworene Millionendorf).

    Man wollte es sich leicht machen und einen "dummen" Investor finden , der der Stadt zum Vorzugspreis alle Arbeit abnimmt und das Ding renoviert. War doch zu Erwarten, daß sich da keiner drauf einlässt.
    Und anstatt einen Plan B in der Tasche zu haben , fängt man nun nach Jahren des Abwartens anscheinend wieder bei 0 an.

    Wie gesagt- ein Armutszeugnis.

  • Wuschel_MUC am 06.02.2023 09:28 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Schwabinger

    @Der Schwabinger: ...und wenn man die Ausschreibung ohne Preisdeckel gemacht hätte, hätten die Leute "Steuerverschwendung, sperrt den ganzen Stadtrat ein" geplärrt. Wie macht man's nun richtig?

  • Plato's Retreat am 06.02.2023 09:33 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Schwabinger

    Es muss doch seit langem bekannt sein, dass die Kostenvorgabe von 450 Mio. zu knapp war und sich dafür kein Investor findet. Auf mich wirkt das Ganze so, dass die Stadt München an einer echten Renovierung gar kein Interesse hat. Lieber überlässt man die Räume der "freien Szene", auf was auch immer das hinauslaufen wird (-> ich tippe auf gesellschaftlich engagierte, parapolitische Vereine, die von der Stadt alimentiert werden).

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