Bündnis NOlympia: "Eine Katastrophe, so ein Großevent nach München zu holen"

Gegner der Münchner Olympia-Bewerbung warnen vor unkalkulierbaren Kosten für die Stadt und vor steigenden Mieten – und starten jetzt eine Kampagne mit 2000 Plakaten für ein "Nein" beim Bürgerentscheid.
von  Irene Kleber, Irene Kleber
Noch ist das lila Plakat des Bündnisses NOlympia ein Provisorium. Die Gegner einer Münchner Olympia-Bewerbung arbeiten gerade an einer Plakatkampagne für ein Nein beim Bürgerentscheid am 26. Oktober. Florian Kaiser (BUND), Daniela Vogt (BMBI), Stefan Jagel (Linke), Ludwig Hartmann (Grüne) und Tobias Ruff (ÖDP, v.l.) hoffen, dass sich ihrem Bündnis in den nächsten Wochen noch viele Mitstreiter anschließen.
Noch ist das lila Plakat des Bündnisses NOlympia ein Provisorium. Die Gegner einer Münchner Olympia-Bewerbung arbeiten gerade an einer Plakatkampagne für ein Nein beim Bürgerentscheid am 26. Oktober. Florian Kaiser (BUND), Daniela Vogt (BMBI), Stefan Jagel (Linke), Ludwig Hartmann (Grüne) und Tobias Ruff (ÖDP, v.l.) hoffen, dass sich ihrem Bündnis in den nächsten Wochen noch viele Mitstreiter anschließen. © Daniel von Loeper

Viel Zeit bleibt den Gegnern einer München-Bewerbung um Olympische Sommerspiele für 2036, 2040 oder 2044 nicht mehr. "Fünf, vielleicht noch sechs Wochen", sagt ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff, "dann haben die Münchner ihre Wahlunterlagen in der Post. Die machen sie auf und setzen ihr Kreuzerl irgendwo hin." Womöglich also schon vier Wochen vor dem Bürgerentscheid am 26. Oktober, bei dem die Münchner über mögliche Sommerspiele in ihrer Stadt abstimmen sollen. Ohne Rückhalt der Münchnerinnen und Münchner keine Bewerbung, das hatte OB Dieter Reiter (SPD) versprochen.

Am Dienstag haben sich fünf Vertreter des Bündnisses "NOlympia München" deshalb gesammelt vor die Presse gesetzt, um zu erklären, warum sie für ein Nein zu Olympia in München werben werden.

Neben dem ÖDPler Ruff auch Linke-Stadtrat Stefan Jagel, Florian Kaiser vom Bund Naturschutz, Daniela Vogt vom Bund Münchner Bürgerinitiativen (BMBI). Und der Grünen-Landtagsabgeordnete und Vize-Landtagspräsident Ludwig Hartmann, ein erfahrener Kämpfer gegen Olympische Spiele, der sich – anders als die Grünen selbst – gegen Olympia in München positioniert hat.

Versiegelung, unglaubwürdige Versprechen und teure Einmal-Sportstätten

Vieles am bisherigen Bewerbungskonzept der Stadt (AZ berichtete) regt die Olympia-Gegner auf: die Versiegelung von Flächen, unglaubwürdige Versprechen beim öffentlichen Nahverkehr, der Bau temporärer Einmal-Sportstätten, unkalkulierbare Kosten für die Stadt – und die Erwartung von künftig steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten.

Schon jetzt müsse die Stadt, die auf einem riesigen Schuldenberg sitzt, massiv sparen, sagt Ruff. "Sich in dieser Situation für mehrere Millionen Euro einen Wettbewerb zu liefern und dann Milliarden hinterherzuschießen, ist schlicht unverantwortlich."

Dazu komme, dass das IOC Steuerfreiheit vom ausrichtenden Land verlange: "Die Gewinne bekommt das IOC, die Verluste trägt die öffentliche Hand", ärgert sich Hartmann. "Und was hat München von diesem Olympia? München steht als schöne Fernsehkulisse da. Und wenn die Stadt noch bekannter wird, heißt das nur eins: steigende Immobilienpreise und steigende Mieten."

"Nach den Spielen keine Sozialwohnungen"

Genau diese Sorge treibt auch die Münchner Linke um. Stefan Jagel erinnert an die Sommerspiele von Paris im letzten Jahr: Die 4000 Wohnungen, die dort für die Athleten gebaut worden sind, seien nach den Spielen keine Sozialwohnungen geworden. "Sie werden jetzt zu deutlich höheren Preisen angeboten", sagt Jagel, "die Pariser sind stinksauer." Vor diesem Hintergrund sei es "eine Katastrophe, so ein Großevent nach München zu holen."

Frischluftschneise verbauen: "Ein Riesenfehler"

Daniela Vogt vom BMBI engagiert sich auch als direkt Betroffene gegen die Bewerbung. Sie wohne in Daglfing im Münchner Nordosten, wo – auf bisherigen Wiesen und Feldern – das Olympische Dorf mit Wohnungen für 16.000 Athleten entstehen soll. "Die Verbauung der Frischluftschneise", findet sie, "ist ein Riesenfehler." Obendrein wachse München und brauche Freiflächen. "Wenn wir die auch noch zubauen, wo sollen die Leute dann noch hin?"

Massige Zweifel äußert Bund-Naturschutz-Sprecher Kaiser auch an den Olympia-Versprechen für den ÖPNV – wie die Verlängerung der U4, den Bau der U9, den S-Bahn-Ringschluss Nord. "Glauben Sie, dass das bis 2036 fertig wird? Wir gehen davon aus, dass das nur mit schlampiger Arbeit geht, mit hohen Kosten und hoher Belastung für alle."

Münchner Kindl auf dem Servierteller

Noch hat das Bündnis NOlympia nur ein provisorisches lila Plakat von Ehrenamtlichen anfertigen lassen. "Für München gegen Olympia" steht darauf. Und das Internationale Olympische Komitee (IOC) präsentiert ein Münchner Kindl auf einem Servierteller – um es in Kürze zu verspeisen. Gerade werde noch an einem professionellen Plakat gearbeitet. Nach der Sommerpause soll dann eine große Kampagne mit Aktionen und Infoständen starten. "Wenn die Münchner aus dem Urlaub kommen", sagt Tobias Ruff, "hängen 2000 Plakate in der ganzen Stadt." Man hoffe, dass sich bis dahin noch viele Mitstreiter dem Bündnis anschließen.

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