Bespuckt und geschlagen - Busfahrer packt aus

Der Chef der Busfahrer Otto Schultze über spuckende Fahrgäste, den zunehmend rauen Umgangston und Gewalt gegen Fahrer – „kein leichter Job” 
Thomas Gautier |
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Schildert seine Sicht der Dinge: Busfahrer Otto Schultze.
Schildert seine Sicht der Dinge: Busfahrer Otto Schultze.

Der Chef der Busfahrer Otto Schultze über spuckende Fahrgäste, den zunehmend rauen Umgangston und Gewalt gegen Fahrer – vor allem zu Hauptverkehrszeiten ist das „kein leichter Job”

MÜNCHEN „Da draußen herrscht Krieg”: So klagte jüngst eine Mutter über rabiate Fahrer und Fahrgäste in Münchner Bussen. Daraufhin gingen unzählige Leserbriefe und Online-Kommentare in der Redaktion ein. Jetzt redet die Gegenseite: Der Chef der Busfahrer packt aus.

AZ: Herr Schultze, einer Ihrer Fahrer hat uns in einem Brief von seinen Erfahrungen in 25 Jahren am Bussteuer berichtet. Er schreibt, er werde immer wieder als A...loch oder Hurensohn beschimpft, manche Fahrgäste traten gegen seinen Bus, zeigten ihm den Mittelfinger und sogar den Hitlergruß. Übertreibt er?

Nein. Das ist passiert. Das hat Hintergrund.

Klingt nicht nach einer entspannten Arbeit.

In manchen Situationen ist Busfahren wie ein Ritt auf der Rasierklinge. Und in manchen kann man als Fahrer nur verlieren. Wenn etwa ein Bus voll ist und an der nächsten Haltestelle noch mehr rein möchten, aber nicht können, dann kann der Fahrer auch nichts machen – er kann ja nicht aussuchen, wer einsteigen darf.

Und dann richtet sich der Ärger der Zurückgelassenen gegen den Fahrer?

Wenn es Ärger gibt, wird man schon mal zum Sündenbock gemacht.

Was geschieht, wenn Fahrgäste wütend werden?

Das kommt darauf an.

Beleidigungen?

„Depp”, „Vollidiot”, das gibt es schon. Als ich letztens mal auf der Tollwood-Linie nach 21 Uhr fuhr, kontrollierte ich die Fahrscheine an der Fahrertür. Einer hatte keinen, das hat dann etwas länger gedauert. Dann hörte ich von außen: „Hey, du Idiot! Was dauert das so lange?”

Wie kommt es dazu?

Gerade abends ist oft auch Alkohol im Spiel. Fahrer werden auch mal angespuckt. Oder: Fahrgäste treten gegen den Bus. Meist aber geht es glimpflich aus.

Meist?

Na ja, es kommt auch vor, dass jemand eine Bierdose gegen das Fenster wirft. In Einzelfällen wurden Fahrer zum Beispiel ins Gesicht geschlagen. Einer bekam 2008 während der Wiesn eine Flasche an den Kopf. Ich muss aber auch sagen: In München leben wir, was das angeht, praktisch auf der Insel der Seligen. Wir haben nur zehn solcher Vorfälle pro Jahr. In anderen Großstädten wie Berlin ist die Situation anders.

Erkennen Sie Schläger und Querulanten auf Anhieb? Gibt es bestimmte Typen?

99 Prozent unserer Fahrgäste sind alles andere als Querulanten, gleiches gilt für unsere Fahrer. Schwierige Zeitgenossen gibt es quer durch die Bevölkerung. Besonders schwierige Linien haben wir nicht, die wenigen Vorfälle verteilen sich übers ganze Netz.

Was ist der Hauptgrund für solchen Ärger?

Eigentlich gibt es keinen. Aber einige übertreiben einfach, wenn sie ihr Recht einfordern – und gehen dann verbal auf den Fahrer los. Manche Eltern meinen: „Du Fahrer hast dafür zu sorgen, dass ich mit dem Kinderwagen reinkomme. Die anderen sind mir egal.” Wenig hilfreich ist, wenn immer gleich geduzt wird. Das senkt die Aggressionsschwelle. Der zwischenmenschliche Respekt geht verloren.

Ist die Aggressivität in den letzten Jahren gestiegen?

Es gibt sicher nicht weniger Fälle, aber das kann man auch generell in unserer Gesellschaft beobachten. Die Menschen gehen weniger aufeinander ein.

Was Busfahrer Otto Schultze außerdem in seinem Alltag am Steuer erlebt, was er etwa zum Thema "Kinderwagen in öffentlichen Verkehrsmitteln" zu sagen hat, lesen Sie in der heutigen Ausgabe der AZ auf Seite 9.

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