"Besonders erschreckend": Münchens Verwaltung schlägt Alarm

Bei den 22.000 städtischen Mitarbeitern, die ihre Arbeitszeit digital erfassen, fallen im Schnitt 44 Überstunden im Jahr an. Das ist ein Zeichen dafür, dass die städtische Verwaltung überlastet ist. Das in Zeiten, wo weitere Sparrunden in allen Abteilungen schon vorbereitet werden – und wo ein Einstellungsstopp verhängt wurde.
Hohe Krankheitsquote als Indikator
Ein weiterer Hinweis für die Überlastung ist die Krankheitsquote, die im Schnitt, über alle städtischen Referate betrachtet, bei etwa zehn Prozent liegt – ein Wert, der in den vergangenen Jahren relativ stabil blieb. Am höchsten ist die Krankheitsquote beim Abfallwirtschaftsbetrieb mit 14,53 Prozent im Jahr 2024. Für Linken-Fraktionschef Stefan Jagel ist klar: "Die Beschäftigten der Stadt sind am Limit". Das habe aber auch "dramatische Auswirkungen für die Münchnerinnen und Münchner", so der Stadtrat weiter. "Das Angebot der Stadt schrumpft, Anträge brauchen länger und die Beschäftigten können sich nicht mehr so viel Zeit nehmen, wie sie gerne würden".
Spaltung der Gesellschaft
Das sieht auch Liliana Parente ähnlich. Sie ist Sozialpädagogin im Stadtjugendamt: "Wir im Sozialreferat haben vor allem mit Menschen zu tun, die in Notlagen sind", sagt sie im Gespräch mit der AZ. "Da führt diese Überlastung auch zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft, wenn Menschen keine Unterstützung erhalten".
"Besonders erschreckend" findet die Linke im Stadtrat, dass sich laut dem Personalreferat die Beratungszahlen bei der Psychosozialen Beratungsstelle seit 2018 verdoppelt haben. Dies sei besonders bei den Themen "psychische Auffälligkeiten und belastende Arbeitssituationen" der Fall.
Kritik an der Politik
Der Gesamtpersonalrat der Stadt moniert in seiner Stellungnahme zur aktuellen Lage, "dass die Belastbarkeitsgrenze des Personals nahezu in allen Bereichen erreicht ist und in vielen Fällen bereits deutlich überschritten wurde". Ein Beispiel aus dem Alltag in der Verwaltung sind die sogenannten "Überlastungsanzeigen", also ein schriftlicher Hinweis an den Vorgesetzten, dass ein Mitarbeiter überlastet ist. Davon gebe es eine "hohe Zahl", berichtet der Personalrat. Aber damit seien die Führungskräfte "oftmals überfordert, da sie an der Situation nur wenig ändern können". Es herrsche die Haltung, dass diese "für die Tonne" seien.
Forderungen nach Priorisierung
Und der Personalrat richtet auch klare Kritik an den Stadtrat – und an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): Die Politik müsse "priorisieren und gegebenenfalls auch schmerzhafte Einschnitte gegenüber der Bürgerschaft mittragen". Auch "vor den Lieblingsprojekten und -themen dürfe man nicht Halt machen." Und er weist auf die "ständig zunehmenden und eiligen Stadtratsanfragen, OB-Aufträge und ähnliches" hin. Jagel fordert darum "schleunigst eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen". Ansonsten laufe die Stadt Gefahr, "dauerhaft ein schlechter Arbeitgeber zu sein".