"Besonders erschreckend": Münchens Verwaltung schlägt Alarm

Eine Anfrage der Linken im Stadtrat zeigt, wie überlastet die städtischen Mitarbeiter sind. Die Rathaus-Opposition fordert darum Maßnahmen.
Jan Krattiger
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Die städtischen Mitarbeiter klagen über ihre Arbeitsbedingungen. Die Linke fordert Verbesserungen.
Die städtischen Mitarbeiter klagen über ihre Arbeitsbedingungen. Die Linke fordert Verbesserungen. © Matthias Balk/dpa

Bei den 22.000 städtischen Mitarbeitern, die ihre Arbeitszeit digital erfassen, fallen im Schnitt 44 Überstunden im Jahr an. Das ist ein Zeichen dafür, dass die städtische Verwaltung überlastet ist. Das in Zeiten, wo weitere Sparrunden in allen Abteilungen schon vorbereitet werden – und wo ein Einstellungsstopp verhängt wurde.

Hohe Krankheitsquote als Indikator

Ein weiterer Hinweis für die Überlastung ist die Krankheitsquote, die im Schnitt, über alle städtischen Referate betrachtet, bei etwa zehn Prozent liegt – ein Wert, der in den vergangenen Jahren relativ stabil blieb. Am höchsten ist die Krankheitsquote beim Abfallwirtschaftsbetrieb mit 14,53 Prozent im Jahr 2024. Für Linken-Fraktionschef Stefan Jagel ist klar: "Die Beschäftigten der Stadt sind am Limit". Das habe aber auch "dramatische Auswirkungen für die Münchnerinnen und Münchner", so der Stadtrat weiter. "Das Angebot der Stadt schrumpft, Anträge brauchen länger und die Beschäftigten können sich nicht mehr so viel Zeit nehmen, wie sie gerne würden".

Spaltung der Gesellschaft

Das sieht auch Liliana Parente ähnlich. Sie ist Sozialpädagogin im Stadtjugendamt: "Wir im Sozialreferat haben vor allem mit Menschen zu tun, die in Notlagen sind", sagt sie im Gespräch mit der AZ. "Da führt diese Überlastung auch zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft, wenn Menschen keine Unterstützung erhalten".

"Besonders erschreckend" findet die Linke im Stadtrat, dass sich laut dem Personalreferat die Beratungszahlen bei der Psychosozialen Beratungsstelle seit 2018 verdoppelt haben. Dies sei besonders bei den Themen "psychische Auffälligkeiten und belastende Arbeitssituationen" der Fall.

Kritik an der Politik

Der Gesamtpersonalrat der Stadt moniert in seiner Stellungnahme zur aktuellen Lage, "dass die Belastbarkeitsgrenze des Personals nahezu in allen Bereichen erreicht ist und in vielen Fällen bereits deutlich überschritten wurde". Ein Beispiel aus dem Alltag in der Verwaltung sind die sogenannten "Überlastungsanzeigen", also ein schriftlicher Hinweis an den Vorgesetzten, dass ein Mitarbeiter überlastet ist. Davon gebe es eine "hohe Zahl", berichtet der Personalrat. Aber damit seien die Führungskräfte "oftmals überfordert, da sie an der Situation nur wenig ändern können". Es herrsche die Haltung, dass diese "für die Tonne" seien.

Forderungen nach Priorisierung

Und der Personalrat richtet auch klare Kritik an den Stadtrat – und an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): Die Politik müsse "priorisieren und gegebenenfalls auch schmerzhafte Einschnitte gegenüber der Bürgerschaft mittragen". Auch "vor den Lieblingsprojekten und -themen dürfe man nicht Halt machen." Und er weist auf die "ständig zunehmenden und eiligen Stadtratsanfragen, OB-Aufträge und ähnliches" hin. Jagel fordert darum "schleunigst eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen". Ansonsten laufe die Stadt Gefahr, "dauerhaft ein schlechter Arbeitgeber zu sein".

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  • Himbeergselchts vor 4 Stunden / Bewertung:

    Das sind hausgemachte Probleme. In unserer, vergleichsweise kleinen Kommune von knapp 100 000 Einwohnern wurden im Sommer 2015 sämtliche Abteilungen vorbereitet und personell aufgestockt mit dem Kommando „refugees first „. Das klappte eine Weile gut, nahm dann aber Raum und Zeit in Anspruch, verursachte nicht nur bei unserer Integrationsbeauftragten 300 Überstunden binnen 9 Monaten. Gerade die „Sozialen“ in Jugend- und Gesundheitsamt, Ausländeramt oder im Integrationsteam wurden bis zur Erschöpfung beansprucht. Bei 34 grad in den Arbeitsräumen über Wochen hinweg, wurde per zigseitigen Anweisungen aus der Bayer. Staatskanzlei um sich geworfen. Wir hatten nicht mal Zeit das zu lesen. Abkühlung - „Ihr habt fließend Wasser auf dem Stockwerk“.
    2017 im Frühsommer wechselte die Order dann von „refugees first“ auf „alle angemieteten Wohnungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen“. Auf die Frage, wohin mit all den Menschen, kam aus der Staatskanzlei sinngemäß nun ein „Euer Problem“.

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  • VolkerM vor 6 Stunden / Bewertung:

    44 Überstunden im Jahr, das ist eine Überstunde in der Woche, das ist 12 Minuten am Tag. Überlastung deswegen ?

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  • Alexxx vor 6 Stunden / Bewertung:

    Extremer Personalabbau durch OB Reiter und seine Folgen, unerträglich für diejenigen, die das alles auffangen müssen. 125 Millionen warf man ungerührt raus für das Hohenzollernkarree für Leute, die dort längst wohnen. Anstatt Personal aufzustocken und Neubauten voranzutreiben für Menschen die verzweifelt Wohnungen suchen.

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