Beliebteste Städte: München nur von einer Stadt im Ranking übertroffen

Eine Umfrage des Instituts "YouGov" zeigt: Nur in Hamburg möchten die Deutschen lieber leben als in München. Aber es zieht auch viele aufs Land.
AZ/Gregor Tholl, dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
10  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Ausflügler nutzen das schöne Wetter für einen Spaziergang am Nymphenburger Kanal. Im Hintergrund ist das Schloss Nymphenburg zu sehen.
Ausflügler nutzen das schöne Wetter für einen Spaziergang am Nymphenburger Kanal. Im Hintergrund ist das Schloss Nymphenburg zu sehen. © dpa/Sven Hoppe

Berlin/München - Berlin als Hauptstadt ist okay – aber dort leben? Nein danke! So lassen sich Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur deuten. Das echte oder vermeintliche Weltstadtflair ist vielen Bundesbürgern unwichtig. Als ideal vor allem für Kinder und Rentner gelten zudem Kleinstadt und Dorf. Doch der Reihe nach.

Lieblingsmetropole: Nicht München, sondern Hamburg

Unter den fünf deutschsprachigen Millionenstädten haben die Erwachsenen in Deutschland recht eindeutig eine Lieblingsmetropole, und zwar Hamburg – die zweitgrößte Stadt der Bundesrepublik ist laut Umfrage "am sympathischsten" (25 Prozent). Erst danach folgen München (19 Prozent), Wien (15 Prozent), Berlin (12 Prozent) und Köln (11 Prozent). Der Rest wollte sich für keine der Städte entscheiden.

Wenn die Leute gefragt werden, in welcher der zehn größten Städte Deutschlands sie am liebsten leben würden, dann sagt fast ein Drittel (31 Prozent): In keiner dieser Städte. Immerhin je 16 Prozent sagen Hamburg oder München, 10 Prozent Berlin, 6 Prozent Köln und 5 Prozent Leipzig. Abgeschlagen landen Frankfurt/Main, Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund und Essen dahinter.

Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land

Anders als zum Beispiel in Frankreich oder auch Österreich ist das Gefälle zwischen Metropole und Provinz in Deutschland geringer – wegen der föderalen Struktur mit 16 Landeshauptstädten und anderen wichtigen Metropolen wie eben zum Beispiel Köln, Frankfurt, Leipzig, oder auch Nürnberg, Mannheim, Bonn und anderen.

Dennoch gibt es ein Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land – zum Beispiel auch in der medialen Präsenz. Andererseits ist es im dicht besiedelten Deutschland oft gar nicht so einfach zu sagen, wo Stadt überhaupt endet und wo das sogenannte Land beginnt.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Dörfern und kleineren Städten im Umland von Großstädten geht es oft recht gut, anderswo aber leiden ganze Regionen unter Landflucht, vor allem in Ostdeutschland.

Berlin als Hauptstadt im Osten beliebter als im Westen

Im Osten erfährt die dort liegende Hauptstadt Berlin eine größere Beliebtheit als im Westen. Auf die Frage "Sind Sie zufrieden damit, dass Berlin Deutschlands Hauptstadt ist?" antworten im Osten 75 Prozent mit Ja (im Westen 66) – insgesamt sind es 68 Prozent. Unterdurchschnittlich ist der Zustimmungswert für Berlin als Hauptstadt zum Beispiel in Bayern, Bremen und Nordrhein-Westfalen.

Das liegt womöglich alles auch an einer jahrhundertealten Mentalität. Die deutsche Geschichte ist bekanntlich die einer "verspäteten Nation" (Soziologe Helmuth Plessner). Lange war Deutschland in Kleinstaaten zersplittert, hatte deshalb viele kleine Zentren.

Erst der preußische Politiker Otto von Bismarck formte als sogenannte kleindeutsche Lösung, also ohne Österreich, mit "Eisen und Blut" den deutschen Nationalstaat – nach Siegen in Kriegen gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich (1870/71).

Apropos Österreich: Von Deutschlands Nachbarn ist die Alpenrepublik laut Umfrage heute das sympathischste Land für die Bundesbürger. Das Land wurde von 22 Prozent der über 18-Jährigen aus den neun Nachbarn ausgewählt. Es folgen die Niederlande, Dänemark, Frankreich und die Schweiz.

Föderalismus geliebt, aber auch als nervig empfunden

Nach den schrecklichen Irrwegen des Nationalsozialismus gründete sich das von den Alliierten befriedete Deutschland (zumindest im Westen) sozusagen neu als Staatenbund – als föderale Bundesrepublik Deutschland. Ihr schlossen sich – ein Jahr nach dem Mauerfall von 1989 – die in Ostdeutschland wiedergegründeten Länder an.

Der Föderalismus wird bis heute geliebt und gepflegt, aber auch abgelehnt und manchmal als nerviger Flickenteppich empfunden. Zuletzt zeigte er etwa in der Corona-Pandemie mit verschiedenen Regelungen der Bundesländer seine komplizierte Seite.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Jedoch gibt es in Deutschland einen verbreiteten Stolz auf das Leben in kleinen Einheiten, auf den Alltag jenseits der großen Stadt – und das auch von Regionen, die gar kein Bundesland sind, kein eigenes Staatswesen bilden, also zum Beispiel Schwaben und Franken.

Vielleicht rührt auch daher die romantische Vorstellung von regionaler Verankerung, die deutsche Liebe zum Landleben.

Für den Lebensabend bevorzugt eine Mehrheit das Land

Bei der Frage "Wo sollte ein Kind in Deutschland Ihrer Meinung nach idealerweise aufwachsen?" entscheiden sich zusammen 57 Prozent für die Antworten "Kleinstadt" und "Dorf". Nur zehn Prozent bevorzugen die Großstadt (mehr als 100.000 Einwohner).

Und nicht nur für die Kindheit, sondern auch für den Lebensabend bevorzugt eine Mehrheit der Leute eigentlich das Land oder die kleine Stadt. Wenn es darum ginge, die Wohngegend für den eigenen Ruhestand auswählen zu können, sagen 58 Prozent, sie würden diesen gerne in einem Ort mit weniger als 20.000 Einwohnern verbringen – 26 Prozent sagen "Kleinstadt (5.000 bis 20.000 Einwohner)" und immerhin 32 Prozent "In einer ländlichen Gegend/in einem Dorf (unter 5.000 Einwohner)". Der Wert für die Großstadt liegt bei nur 16 Prozent.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
10 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Wickie712 am 04.01.2023 07:31 Uhr / Bewertung:

    Am Wochenende kann man die Sehenswürdigkeiten eh nicht besuchen. Zu voll.
    Allein das Titelbild von Nymphenburg. Nicht nur unter der Woche manchmal voll, sondern am Wochenende noch mehr.
    Zudem wird immer weniger Rücksicht auf die Anlage genommen. So trampeln Fotografen die Wiesen platt um irgendein Foto zu machen, trampeln durchs Gebüsch um noch mehr Tiere zu sehen. Zigarettenkippen werden auf den Boden geworfen.
    In der Stadt genauso.

  • Witwe Bolte am 04.01.2023 06:28 Uhr / Bewertung:

    Im Alter aufm Land leben: ganz schlechte Idee. Es sei denn, jüngere Verwandte wohnen ums Eck, die für einen einkaufen oder zum Arzt fahren. Die (Fach-)Ärzteversorgung aufm Land ist meistens schlecht und irgendwann kann man nicht mehr Auto fahren, um zum 30 km entfernten Orthopäden/Kardiologen zu kommen. Und der ÖPNV aufm Land.... vor allem wenn man 80plus ist, nicht spaßig.
    Im Alter wohnt man am besten barrierefrei in der Großstadt, vor allem als Single. Dort gibts alles, meistens fussläufig erreichbar. Abwechslung inkl.

  • SL am 04.01.2023 08:03 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    Es muss ja nicht unbedingt das Land ohne ÖPNV sein. Aber es gibt durchaus lebenswerte Kleinstädte oder Großgemeinden mit Fachärzten und Einkaufsgelegenheiten. Land heißt ja nicht immer hinterstes Dorf

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.