Armbrustschützen auf dem Oktoberfest: "Schießen ist wie Yoga – mit Sportgerät"
In der Schießhalle, gleich neben dem Armbrustschützenzelt, herrscht am vergangenen Donnerstag geschäftiges Treiben. Auf den Bänken stapeln sich Taschen und Jacken, zwischen den Reihen ziehen Schützen ihre speziellen Schießanzüge über.
Diana Eyb ist bereits startklar. Konzentriert hebt sie ihre Armbrust, jeder Handgriff sitzt, sie atmet ganz ruhig. Ein kurzer Moment der Stille – dann zischt der Bolzen lautlos durch die Bahn und bohrt sich in die Scheibe, 30 Meter entfernt. Eyb löst den Blick vom Visier, die Anspannung fällt von ihr ab.
Hier wird auf der Wiesn mit der Armbrust geschossen
"Schießen ist wie Yoga – nur mit Sportgerät", sagt Eyb der AZ. Die Atmung sei mit das Wichtigste beim Schießen. "Einfach einatmen, Schultern hoch und abdrücken – so funktioniert das nicht. Man muss sich selbst regulieren."

Zum Oktoberfest-Armbrust-Landesschießen gehören neben dem Schießen auf die Zielscheibe auch das sogenannte Stern- und Adlerschießen. Eyb nimmt am "Festschießen Scheibe" teil.
Die dicken Schießjacken und -hosen geben den Athleten zusätzliche Stabilität, erklärt Klaus Lehnert. Er ist erster Gildenmeister der Schützengilde "Winzerer Fähndl" – sozusagen die Gastgeber im Schießstand auf der Wiesn. Bereits im Jahre 1895 baute die Armbrustschützen-Gilde ein erstes Zelt auf der Wiesn auf, um Schützen und Besucher zu bewirten und um Meisterschaften auszuschießen.

"Das Zelt ist aus dem Schießen heraus entstanden“, betont er. Und auch heute noch dreht sich hier zwei Wochen lang alles um Wettkämpfe: Neben dem Landesschützenkönig wird auch der deutsche Meister ermittelt.
Frauen im Schießsport: "Sie sind fokussierter und am Ende entscheidet der Kopf“
Auf den rund 14 Ständen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wer gerade nicht schießt, schlüpft schon mal ins Dirndl oder die Lederhose und stößt mit einem Bier an. Auch Diana Eyb hat inzwischen ihr Dirndl angezogen.
Angefangen hat Eyb schon mit 12 Jahren, sagt sie. "Es hat einfach eine Faszination den 10er zu treffen." Der Schießsport sei ein idealer Ausgleich. Sie fügt hinzu: "Frauen werden in den Disziplinen eher besser als die Männer", sagt die Schützin. Sie ist sich auch sicher: "Frauen sind fokussierter und Schießen entscheidet sich nun mal im Kopf." Lehnert nickt. Frauen und Männer treten seit jeher gemeinsam an. Die Zahl der Schützinnen werde immer größer. Das hat sich deutlich verändert, sagt Lehnert. Und auch Diana Eyb, die nebenbei Jugendliche trainiert, spürt eine Veränderung.
Mit diesem Verein hat alles angefangen: Schützengilde "Winzerer Fähndl"
Mehr als 50 Mitglieder zählt die Gilde, hinzu kommen zahlreiche Förderer – darunter auch Stadträte, wie Lehnert stolz erzählt. Trainiert wird nicht auf der Wiesn, sondern auf dem Vereinsgelände in Lochhausen. Neben den Wettkämpfen gehört auf der Wiesn natürlich auch das Feiern dazu, vor allem am ersten Wochenende.
Lehnert hat 2007 mit dem Schießen angefangen. Ein Bekannter habe ihn damals mit auf die Wiesn zum "Freundschaftsschießen" genommen, erinnert er sich. "Dann bin ich da irgendwie reingerutscht." Schon 2009 war er dann dritter Gildenmeister und seit März eben der Erste.
Am Montag schließlich stehen die Sieger fest. Abends werden sie feierlich geehrt, mit viel Politprominenz im Saal. Diana Eyb gehört diesmal nicht zu den Siegern – doch für sie überwiegt ohnehin ein anderes Erlebnis: die Teilnahme am Trachten- und Schützenzug für die "Winzerer Fähndl". "Es war beeindruckend, durch München zu laufen – alle haben sich gefreut", sagt sie.
Klaus Lehnert ist wichtig, die Tradition sichtbar zu machen – gerade auf der Wiesn, auf der oft andere Dinge im Fokus sind. Mit der Tradition habe schließlich all das begonnen.
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