Angeklagter lehnt Richterin ab - und geht
Der erboste Mann stürmt aus dem Saal und verpasst das Urteil: 2400 Euro Strafe wegen Beleidigung.
München Es war wohl eine der skurrilsten Verhandlungen, die das 38 Jahre alte Strafjustizzentrum an der Nymphenburger Straße je gesehen hat. Ein Angeklagter, der seine eigene Fan-Gruppe mitbringt und der Amtsrichterin dann erklären will, warum er sie für nicht zuständig hält und sein Verfahren an den Europäischen Gerichtshof gehört. Als er endet, brandet Applaus auf. Als wäre dies keine Gerichtsverhandlung, sondern eine Parteitagsrede.
Als die Richterin dennoch unverdrossen weitermachen will, erhebt sich Peter R. (Name geändert) kurzerhand und verlässt den Gerichtssaal. Zurück bleibt eine konsternierte Richterin. Doch die hat sich schnell gefangen. Die Verhandlung wird fortgesetzt. Ohne den Angeklagten.
Die Beweisaufnahme wird geschlossen, die Staatsanwältin plädiert auf 60 Tagessätze Geldstrafe, weil der Mann in einem Schreiben eine Richterin am Landgericht übel beleidigt haben soll. Da sein Einkommen nur geschätzt werden kann – die Frage nach seinen privaten Verhältnissen ignorierte der Angeklagte – nimmt die Staatsanwältin 40 Euro an. Sprich: Peter F. soll wegen Beleidigung 2400 Euro zahlen.
Die Gegenrede muss ausfallen, da Peter F. ohne Rechtsbeistand angetreten ist. Das Gericht schließt sich dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft an, 2400 Euro sollen es sein. „Wenn er noch da wäre, hätte ich ihm erklärt, dass er dagegen Rechtsmittel einlegen kann“, sagt die Richterin. Doch das weiß Peter R. mit Sicherheit auch so ganz genau.
Zum Hintergrund: Peter R. kämpft seit Jahren um den Umgang mit seinem kleinen Sohn. Er fühlt sich ungerecht behandelt, hat sich mit mehreren Juristinnen, Richterinnen wie Rechtsanwältinnen, angelegt.
Noch eine Stunde nach dem Urteil diskutierten Peter F. und seine Anhänger vor dem Justizzentrum. Dass er seinen Kampf jetzt aufgibt – eher unwahrscheinlich.
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