Aktivisten stürmen mit Blumenstrauß Büro der Münchner "Wirtschaftslobby"
München - "Hallo, wir möchten Ihnen Blumen vorbeibringen", sagt die Aktivistin Sabine höflich und unverbindlich, als sie das Gebäude des Wirtschaftsbeirats Bayern in der Ottostraße betritt. Eine andere Aktivistin der radikalen Klima-Gruppe Extinction Rebellion hinter ihr schiebt einen Fuß in die Tür, damit sie nicht zufällt.
Die Angestellte des Wirtschaftsbeirats wirkt überfordert. Was soll sie mit den Blumen anfangen? Das nutzen die Aktivisten aus. Den Blumenstrauß hatten sie, so sagen sie es, ohnehin nur "zur Beruhigung" dabei. Damit sich niemand bedroht fühlt. Ihr Ziel ist aber keine Blumenübergabe. Sie wollen Plakate aus dem Fenster hängen.
Klima-Aktivisten stürmen Büro
Die Empfangsdame kann nichts machen. An ihr vorbei stürmen die Klima-Aktivisten in ein Büro mit Fenstern zur Barer Straße. Der Vorwurf von Extinction Rebellion: Der Wirtschaftsbeirat Bayern ist zu sehr mit der CSU verstrickt. Außerdem wollen sie radikale Maßnahmen für den Klimaschutz.
"Hier sitzt die Klima-Schmutz-Lobby", steht auf dem großen weißen Transparent. Doch die Aktion dauert nicht lange. Der Chef des Beirats kommt ins Foyer. "Keine Fotos, keine Videos", sagt er lautstark.
Das Einrücken der Polizei lässt sich nicht verhindern
Ein Aktivist, der alles mit dem Handy festhält, widerspricht. Man wolle die Situation zunächst friedlich lösen. Dann, kurze Zeit später, rückt die Polizei an.

Über 25 Polizisten sind vor Ort. Die Polizei versucht, nicht zu eskalieren. Von alleine kommen die Aktivisten nicht raus. Durch den Hintereingang gehen die Beamten in das Gebäude. Kurze Zeit später stehen die Büro-Besetzer wieder auf der Straße und sind festgesetzt in zwei Polizeiwagen. Sie werden in die Ettstraße gebracht. Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs, sagt die Polizei. Größere Ausschreitungen auf der Straße gibt es nicht. Nur Diskussionen. Als "sehr umgänglich", beschreibt ein Polizist die Aktivisten.
Lehramtsstudentin sucht Gespräche mit Polizei
Einige Demonstranten sind, so sagen sie es, sogar nur vor Ort, um mit der Polizei zu reden. Eine von ihnen ist Lisa Pöttinger, sie trägt eine Weste mit der Aufschrift "Polizei-Kontakt". Die Demo vor dem Gebäude sei "vom Versammlungsrecht geschützt", sagt die Lehramtsstudentin zur AZ. Mit der Polizei habe sie viel diskutiert.

Erstaunlich ist, dass nicht nur junge Menschen an der Aktion teilnehmen. Die 54-jährige Anja Helmbrecht ist auch dabei. "Jeder hat Kinder und Enkel, deshalb ist es nicht egal, wie die Zukunft aussieht", sagt Helmbrecht. Sie ist mit einer Ilse-Aigner-Maske verkleidet und spielt mit zwei weiteren Aktivisten Karten. Die offenen Karten stünden für die Forderung nach mehr Transparenz in der Wirtschaftspolitik. Ihr Resümee zur Besetzung: "Was geplant war, ist erreicht worden."
Johann Schachtner, Chef des Wirtschaftsbeirats, möchte sich offiziell nicht zu dem Vorfall äußern. Aus dem Wirtschaftsbeirat heißt es, dass man nicht mit dieser Aktion gerechnet habe. Man werde den Vorfall aber anzeigen.
Freigelassen wurden die Aktivisten gegen 12.30 Uhr. Die Polizei wusste von der Aktion, sagt sie der AZ. Es habe ein Kooperationsgespräch im Vorfeld gegeben, was die Mitglieder von Extinction Rebellion laut eigenen Angaben eher als "Gefährderansprache" wahrgenommen hätten. Ermittelt werde nun auch vom Staatsschutz.