Abschied von AZ-Urgestein Arne Boyer: Krimis, Kriege, Katastrophen
München - Sein Markenzeichen war der dicke Schnäuzer unter der Nase. Er stand ihm gut. Arne Boyer war ein gut aussehender Mann, ein Mann, der Menschen fangen konnte.
Arne Boyer: Anfänge bei der AZ als Polizeireporter
Seine zurückhaltende, bescheiden-warmherzige Art tat ihr Übriges. Das war keine Maskerade, aber der ehemalige AZ-Redakteur und Schwabinger Flaneur Arne Boyer war eben auch der knallharte Reporter, der aus der ganzen Welt berichtete. Über Kriege und Katastrophen genauso wie über große Kriminalfälle und menschliche Tragödien.
Anfang der 60er Jahre kam der gebürtige Berliner nach München. Zuvor hatte er in den Nachkriegswirren auf Wunsch seiner Mutter eine Zimmermannslehre absolviert. Als er bei der AZ als Polizeireporter anfing, wurde er schon bald der journalistische Ziehsohn des Verlegers und Chefredakteurs Werner Friedmann; er hatte das Talent erkannt.

Schuss auf Arne Boyer durchlöchert das Fenster
Boyer war ein exzellenter Autor, Menschenkenner und gründlicher Rechercheur. Seine großen Reportagen begeisterten und wurden teilweise zu Ikonen. So die Berichte des Jahrhundertfalls der Vera Brühne. Sie war angeklagt, den Münchner Arzt Otto Praun und seine Geliebte Elfriede Kloo ermordet zu haben und hat stets ihre Unschuld beteuert. War sie schuldig? Die AZ war dank Boyer hautnah dran an dem Fall.
1961 gelang Arne Boyer ein politisch brisanter Coup. Er traf in München den Chef der algerischen Widerstandsbewegung gegen die Unabhängigkeit von Frankreich Stunden bevor dieser vom französischen Geheimdienst nach Paris entführt wurde.
Manche fühlten sich von seiner spitzen Feder attackiert. Eines Tages klingelt ein Mann an der Tür der Schwabinger Wohnung, wo Arne Boyer mit seiner Frau und seinem Sohn lebte. Ein des Mordes Verdächtiger, der in die Schlagzeilen geriet. Boyer öffnet die Tür im Bademantel, und der ungebetene Besucher schoss. Er traf nicht; die Kugel durchlöcherte das Fenster. Familie Boyer beschloss, das Loch als mahnendes Souvenir zu belassen.
Arne Boyer: Von der AZ zur QUICK
"Das können Sie uns nicht antun. Sie gehören zur AZ-Familie!" schimpfte Friedmann, als Boyer zur Illustrierten QUICK wechseln wollte. So hielt Arne dem Verleger bis zu dessen Tod 1969 die Treue.
Arne Boyer liebte seine Arbeit als Reporter, er liebte sein Schwabing rund um die Ainmillerstraße, wo er über 50 Jahre lebte. Er liebte die Menschen und tat, was er tun konnte. 1991, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, war er in Leningrad und war schockiert über die Zustände in der Ex-Sowjetunion. Er setzte sich ans Telefon und hat große Unternehmen und die Leser der QUICK zu einer beispiellosen Hilfsaktion bewegt.
Am Ende fuhren zwei riesige Rot-Kreuz-Trucks mit Fähren über die Ostsee, voll bepackt mit Medikamenten und einem modernen OP-Tisch. Zum Dank gab es für ihn und seinem Fotografen Hans-Peter Kruse Tee beim Oberbürgermeister, serviert von dessen deutsch sprechenden Sekretär: Wladimir Putin.
Die letzten Monate musste Arne Boyer in einem Seniorenheim verbringen. Bis zum Schluss verfolgte er das aktuelle Geschehen und sah sich im TV die Olympischen Spiele an. Ein leidenschaftlicher Journalist bis zu seinem letzten Atemzug.