60 Jahre Radarfalle: Gestochen scharf!

Seit genau 60 Jahren blitzt die Polizei mit Radar-Geräten Temposünder. Lesen Sie hier die skurrilsten Geschichten, die Anfänge in München und die neuesten Zahlen.
von  Von Anna Rauch
Neuherbergstraße: Nikolaus und Krampus sind ein bisserl zu flott unterwegs.
Neuherbergstraße: Nikolaus und Krampus sind ein bisserl zu flott unterwegs. © dpa

Manchmal kommen Menschen während des Autofahrens auf komische Ideen: Sie bohren in der Nase, lesen Zeitung oder ziehen sich Faschingsmasken über den Kopf. Wenn sie dabei auch noch zu schnell fahren, landet der teure Beweis solcher Fremdbeschäftigungen am Steuer schon kurz darauf im heimischen Briefkasten: als schwarz-weißes Blitzerfoto.

Seit 60 Jahren gibt es die bei Autofahrern so unbeliebten Radarfallen nun schon auf Deutschlands Straßen. Dabei ist die exakte Geburtsstunde der Blitzer etwas schwer festzulegen. 1956 war der Prototyp VRG 1 der Firma Telefunken auf der Internationalen Polizeiausstellung in Essen vorgestellt worden.

Nach ersten Feldversuchen mit dem Gerät 1957 in Düsseldorf, Hamburg und Ulm trat die Radarfalle als Weiterentwicklung VRG 2 ihren bundesweiten Siegeszug an. Als Stichtag der ersten Radarkontrolle gilt der 21. Januar 1957 mit einem Test in Düsseldorf – doch Historiker tun sich schwer, dieses Datum auf den Tag genau zu bestätigen.

Erst seit ein paar Jahren gibt es in München stationäre Radarfallen

Auch in München ist das genaue Datum, an dem die erste Radarfalle auf den Straßen auftauchte, nicht exakt dokumentiert. Wahrscheinlich ist aber, dass auch hier die ersten dieser Geräte im Jahr 1957 zum Einsatz kamen. Die frühen Radarfahrzeuge waren noch mit analogen Fotokameras ausgerüstet, die Schwarz-Weiß-Filme mussten nach jedem Einsatz aufwendig im Fotolabor entwickelt werden. Hier schaffte erst die Digitalisierung zum Glück Abhilfe.

Lange Zeit waren allen Blitzer in München mobil. Fest installierte Radarfallen gibt es in der Landeshauptstadt erst seit 2008. Die erste "stationäre Geschwindigkeitsüberwachung", wie es bei der Polizei heißt, wurde damals an der Ecke Dachauer Straße/Max-Born-Straße installiert. Inzwischen gibt es die Dauerblitzer an sieben Orten in München.

Kamen wegen des doch recht hohen Aufwandes Radarfallen anfänglich nur gelegentlich zum Einsatz, stieg die Anzahl der Messgeräte und der Messstellen über die Jahre. 130 000 Raser erwischte die Polizei so insgesamt mit ihren Radarfallen im Jahr 2015. Besonders ergiebig sind für die Münchner Polizei dabei derzeit die Radaranlagen in den Tunnelanlagen Luise-Kiesselbach-, Richard-Strauß- und Petueltunnel. Das liegt laut einem Sprecher vor allem daran, dass die Radaranlagen hier rund um die Uhr im Betrieb sind.

Die kuriosesten Fälle aus München

Eine offizielle Statistik über die frechsten Geschwindigkeitsübertretungen führt die Polizei nicht. Einige Fälle sind trotzdem im Gedächtnis geblieben. Da gab es zum Beispiel den Mann, der mit 152 statt der erlaubten 50 Stundenkilometer durch die Fürstenrieder Straße bretterte. Ein Vergehen, das nicht nur ein hohes Bußgeld, sondern auch mehrere Punkte in Flensburg nach sich zog.

Und auch der 17-jährige Motorradfahrer, der innerhalb von drei Monaten gleich acht Mal im Richard-Strauss-Tunnel geblitzt wurde, wird den Beamten wohl noch länger in Erinnerung bleiben, genauso wie ein Blitzerfoto, das so auch nur in München entstehen konnte:

Aufgenommen wurde es während der Wiesn, in welchem Jahr ist nicht mehr ganz klar. Auf dem Bild zu sehen: ein Taxi. Auffällig ist allerdings auf diesem Foto nicht das Verhalten des Fahrers, sondern das des Mannes auf dem Beifahrersitz. Der übergibt sich nämlich bei voller Fahrt und laufender Blitzerkamera aus dem Seitenfenster des Gefährtes. Ob die plötzliche Übelkeit aus zu vielen Maß Bier oder doch aus dem rasanten Fahrstil des Taxlers resultierte, ist nicht überliefert.

Blitzer senken Raserzahlen deutlich

Trotz solcher skurriler Anekdoten ist die Geschichte der Radarfallen in München vor allem eines: eine echte Erfolgsgeschichte. Denn dass sie ein probates Mittel sind, um Geschwindigkeitsunfälle zu verhindern, das haben die oftmals ungeliebten Blitzer in den vergangenen Jahren deutlich unter Beweis gestellt, wie ein Blick in die Polizeistatistik zeigt.

Rund die Hälfte aller Verkehrstoten in der Landeshauptstadt kommen bei Unfällen aufgrund überhöhter Geschwindigkeit ums Leben. Doch trotz des stetig zunehmenden Verkehrsaufkommens in der Stadt sind solche Unfälle in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen – mit einer positiven Gesamtbilanz: Starben 1961 noch 222 Menschen bei Unfällen auf Münchens Straßen, waren es 2015 lediglich noch 21.

Ein Erfolg, den die Polizei sicher auch den Geschwindigkeitsmessungen zu verdanken hat. In diesem Sinne: Alles Gute zum Geburtstag, Radarfalle.

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