50.000 Euro Spenden für Taifun-Opfer auf Philippinen

München - Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Dieser Spruch von Erich Kästner ist das Motto des Unfallchirurgen Dr. Matthias Haun. Als er von dem verheerenden Wirbelsturm auf den Philippinen hört, zögert er nicht lange. Der 60 Jahre alte Mediziner, der sonst im Krankenhaus im niederbayerischen Rotthalmünster arbeitet, nimmt seinen Jahresurlaub und fliegt nach Tacloban. Vom Flugzeug aus kann er das ganze Ausmaß der Verwüstungen sehen.
Dr. Haun beschreibt das Szenario so: „Die ganze Stadt ist zerstört, alle Dächer sind kaputt, alles ist mit einer grauen Schicht überzogen.“ Ein Trümmerfeld. Zwei Wochen ist es her, dass der Taifun Haiyan auf den Philippinen wütete. Er hinterließ Tod, Zerstörung und unvorstellbares Leid. Bei der Naturkatastrophe ließen mehr als 4000 Menschen ihr Leben, rund 1600 werden noch vermisst.
Die ersten internationalen Helfer, die es nach Tacloban, ins Zentrum der Verwüstung schafften, waren von der Allgäuer Organisation „Humedica“ aus Kaufbeuren. Darunter auch: die 30-jährige Margret Müller. Am Tag drei nach Haiyan ist sie in Tacloban. Vor Ort bietet sich ihr ein Bild des Grauens. „In den ersten Tagen lagen massenhaft Leichen auf den Straßen“, erzählt Margret Müller der AZ am Telefon. Der Verwesungsgeruch hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt.
Den Menschen, die die Katastrophe miterleben mussten, mangelt es an Trinkwasser, Essen, Kleidung – eigentlich an allem. Das Team von Humedica baut zunächst eine mobile Klinik auf. Viele Menschen sind durch herumschleudernde Teile während des Sturms verwundet worden. Andere haben sich erst später verletzt, weil sie keine Schuhe mehr besitzen und barfuß über den Schutt oder durch Brackwasser laufen. Die Hauptaufgabe der Ärzte besteht darin, entzündete Wunden zu reinigen. Aber auch Durchfall und Atemwegserkrankungen machen den Taifun-Opfern schwer zu schaffen.
Einen Wendepunkt erfährt der Einsatz von Humedica, als die Helfer eine Woche nach der Katastrophe das „Mother of Mercy“-Krankenhaus im Herzen von Tacloban übernehmen können. Auch dieses Gebäude ist vom Wirbelsturm beschädigt worden. Fenster sind zerborsten. Das Dach hat schwer gelitten, es regnet hinein. Die oberen beiden Stockwerke sind in Mitleidenschaft gezogen worden. Dort ist auch der OP-Saal, der jetzt einen Wasserschaden hat.
Dennoch bietet das Krankenhaus viel bessere Möglichkeiten, die Verletzten zu versorgen. Hier arbeitet nun auch Dr. Matthias Haun aus Rotthalmünster. Säubert Wunden. Behandelt Abszesse. Richtet alte Knochenbrüche ein. Und unterstützt auch den Kinderarzt vor Ort. Dr. Haun berichtet: „Viele Kinder, die im Wasser schwammen und es schluckten, leiden an Hautausschlägen oder Lungenentzündung.“
Die AZ-Leser helfen den Helfern von Humedica bei ihrem Einsatz. Dank zahlreicher Spenden für unseren Verein „Münchner helfen“ konnten wir nun 50000 Euro an die Allgäuer Organisation überweisen. Geld, mit dem zum Beispiel wichtige Reparaturen an der „Mother of Mercy“-Klinik durchgeführt werden können. Mit dem Krankenschwestern bezahlt und der Betrieb des Krankenhauses finanziert werden können. Geld, das auch Einsätze in der Umgebung von Tacloban möglich macht.
Etwa 600 Patienten können die Ärzte pro Tag behandeln. Die Hälfte davon im Krankenhaus, die andere bei mobilen Einsätzen auf dem Dorf. Insgesamt werden an diesem Sonntag neun Ärzte, eine Medizinstudentin, drei Pflegekräfte sowie vier Koordinatoren für Humedica auf den Philippinen sein. Langsam kehrt auch die Hoffnung zurück ins Katastrophengebiet. Als die AZ am vorigen Sonntag zum ersten Mal mit Margret Müller telefoniert, erzählt sie: „Seit gestern habe ich das Gefühl, die Stadt erwacht aus ihrer Apathie.“
Immer mehr Leute würden mit dem Aufräumen beginnen. „Es ist beglückend, diese Aktivität zu sehen.“ Auch Chirurg Matthias Haun sagt: „Ich wundere mich, dass die Menschen den Mut haben, schon wieder aufzubauen.“ Die Aufgabe, die sie vor sich haben, ist gewaltig. Der Mediziner berichtet: „Egal wohin man blickt: Es ist alles kaputt.“ Und über allem liege der Geruch nach abgestandenem Wasser.
Trotzdem wird die Stadt von Tag zu Tag lebendiger: An den Straßen sind bereits wieder erste Verkaufsstände zu sehen. Knoblauch, Äpfel, Salat, Fleisch, Reis werden dort angeboten. Zumindest denjenigen, die Geld haben und nicht alles durch den Taifun verloren. Außerhalb der Stadt liegen vereinzelt noch Leichen am Straßenrand, aber inzwischen sind sie in Tüten eingewickelt. Auch unter Schuttbergen sind noch Opfer begraben.
Wie verarbeitet man all die schlimmen Bilder? Margret Müller sagt: „Ich find’s total belastend, es ist schon hart.“ Was helfe, sei, mit Kollegen über die Eindrücke zu sprechen. Sie wage es nicht, vor den hungrigen Menschen zu essen, berichtet Müller. Sie bringe aber eh kaum etwas herunter. Während des Einsatzes sei sie in einer Art „Funktionsmodus“. Dennoch fällt es auch ihr manchmal schwer, stark zu sein. Aber sie weiß: „Ich helfe den Leuten nicht, wenn ich weine, wenn ich ihre Geschichten höre.“
Auch Matthias Haun berichtet, dass tagsüber bei der Arbeit eine gewisse Routine eintritt. Er hat viel Erfahrung als Akuthelfer, war nach Erdbeben schon in Pakistan und Haiti und versorgte Brandopfer nach der Explosion eines Munitionslagers im Kongo. „Man kann nur Gutes vollbringen, wenn man es einfach tut“, sagt er. Der Arzt wird drei Wochen bleiben, eine davon hat er schon geschafft. Margret Müller hat sich gestern nach 14 Tagen im Einsatz auf den Heimweg gemacht. Sie weiß: „Es wird schwierig, in das Völleland Deutschland zurückzukommen.“
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