Eisdielen in München bieten 50-Cent-Eis an: Ein Zeichen der Solidarität?

Seit einer Woche bieten sieben Eisdielen jeweils eine Eissorte für 50 Cent an. Sie unterstützen damit eine Aktion des Radiosenders Gong. Lisa Staufert arbeitet dort in der On-Air-Promotion. Die AZ trifft sie in der Eisdiele Sarcletti am Rotkreuzplatz. "Die Grünen in Berlin haben eine Forderung nach einer Eiskugel für 50 Cent für ärmere Familien gestellt. Und da haben wir uns gefragt: Warum nicht auch in München, wo das Eis ja besonders teuer ist?" Viele Eisdielen habe der Sender angefragt.
Beni Lun ist Filialleiter im Sarcletti. Die Kugel Eis kostet hier zwei Euro, für München ohnehin schon günstig. Andere Eisdielen verlangen bis zu drei Euro. Seine Eisdiele hat auch so immer wieder Aktionen mit vergünstigten Preisen. Aber er macht trotzdem mit bei der Gong-Aktion und verkauft nun die blaue Sorte Azzurro für 50 Cent. Verdienen tut er daran nichts. "Wir zahlen drauf, ganz klar", sagt er. Für ihn ist das einfach eine schöne Geste.
Verena Dietl (SPD) über 50-Cent-Eis: "Da mache ich mit!"
Das findet auch die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). "Als Sozialbürgermeisterin ist mir wichtig, ins Bewusstsein zu bringen, dass wir in einer Stadt leben, in der sich nicht jeder ein Eis leisten kann, gerade wenn man mehrere Kinder hat", sagt sie zur AZ. Von der Aktion hat sie im Radio gehört und sofort gesagt: "Da mache ich mit!" Am Dienstag steht sie im Sarcletti und gibt das blaue Eis aus. "Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft zusammenhalten und Anreize setzen, dass es eine Eissorte für 50 Cent gibt. Dann haben wir mit der Aktion etwas gewonnen", so Dietl weiter.

Lucy Allary betreibt die veganen Eisdielen Eisbrunnen. "Das Thema Eis ist eine emotionale Sache", weiß sie. "Jedes Jahr gibt es in den Medien große Aufregung, wie teuer die Kugel Eis geworden ist, seit sie 50 Pfennig gekostet hat." Beim Thema Kaffee passiere das nicht.
Allary hat ebenfalls eine Anfrage von Radio Gong bekommen. "Ich habe geantwortet, dass ich mir das als selbstständige junge Mutter nicht leisten kann." Sie verlangt 2,60 Euro für die Kugel. Aber das sei eigentlich viel zu wenig, um die Kosten zu decken. Diese seien ins Unermessliche gestiegen, dann steht eine Erhöhung des Mindestlohns an, der Winter, die Kakaokrise, die Nusskrise. "Eigentlich müsste die Kugel bei uns 3,80 Euro kosten, damit wir auf die Margen kommen, die in der Gastronomie üblich sind", sagt Allary. Ein finanzielles Polster für potenzielle Kosten, wie Reparaturen bleibe ihr nicht übrig.
Lucy Allary: "Am Ende leidet die Person, die am meisten Energie reinsteckt"
Die Eisdielen-Betreiberin gibt zu bedenken: "Wir haben hier noch die günstigsten Eispreise in Europa. In Skandinavien beginnt die günstigste Kugel bei 3,50 Euro". Zwei Drittel der Eisdielen würden ohnehin schon auf sogenannte Sprinterprodukte zurückgreifen, so Allary weiter. Also Pulver, das mit Wasser oder Milch verrührt wird.
"Wir versuchen, unsere Qualität zu halten, solange es geht", sagt Allary. "Aber wenn man auf alles achtet: regionale, frische, fair gehandelte Zutaten und seine Mitarbeiter gut bezahlt, dann leidet bei solchen Eispreisen die Person, die am meisten Energie reinsteckt." Wenn es so weitergehe, werde die Gastronomie nicht bestehen bleiben, weil man damit seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen könne.

"Das Problem wird auf die Eisdielen abgewälzt"
Darauf angesprochen widerspricht auch Beni Lun nicht. Der Grundgedanke der Radio-Aktion sei spannend. "Aber im Prinzip wird das Problem auf die Eisdielen abgewälzt." Auch Verena Dietl weiß: "Klar, die Eisdielen würden ihre Eiskugeln billiger ausgeben, wenn sie nicht so hohe Ausgaben hätten."
Aber vielleicht sei die 50-Cent-Aktion ja eine Möglichkeit, auch die Ausgaben wieder zu decken: "Wenn man mal eine Eissorte günstiger anbietet, dadurch mehr verkauft und letztendlich auch den Rest damit subventioniert."
Aber im Vordergrund stehe für sie der Gedanke, dass Eis im Sommer einfach dazugehöre. "Wir wollen auch etwas für die tun, die sich die Kugel Eis nicht leisten können." Mit "wir" sind allerdings die sieben teilnehmenden Eisdielen gemeint.