3. Startbahn: Kommt jetzt das juristische Aus?

Großes juristisches Hickhack zum Auftakt des Mammut-Prozesses. Kläger wollten Verfahren aussetzen. Begründung: Das Nein der Münchner macht eine juristische Entscheidung überflüssig
John Schneider |
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Protest gegen die Startbahn: Vor Prozessbeginn gab's eine Mahnwache.
dpa Protest gegen die Startbahn: Vor Prozessbeginn gab's eine Mahnwache.

MÜNCHEN Christoph (38) und Monika Riesch (40) wollen ihre Heimat nicht verlassen. Das Attachinger Paar unterstützt die Eltern Georg und Maria Huber bei ihrer Klage gegen die dritte Startbahn. Und haben sich dabei Verstärkung mitgebracht. Sohn Leopold (4 Monate) war gestern beim Prozess auf dem Arm der Mama immer dabei. Schließlich geht es auch um seine Zukunft.
„Wenn die Startbahn kommt, fliegen die Flugzeuge 70 Meter über unseren Köpfen”, erklärt Mutter Monika ihren Protest. „Im Kindergarten dürften die Kinder nicht raus ins Freie, aber wir sollen da leben.” Keine schönen Aussichten für Leopold.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) muss seit Mittwoch über 17 Klagen gegen das Milliardenprojekt entscheiden. Kommunen, der Landkreis Freising, der Bund Naturschutz (BN) und Privatkläger wie die Rieschs wollen den Planfeststellungsbeschluss kippen. Oder schärfere Auflagen beim Lärmschutz erreichen. Bund und Freistaat halten an der Startbahn fest. FMG-Chef Michael Kerkloh erwartet, „dass das Baurecht für die Piste bestätigt wird”.

Die erste Hürde in dem Mammutprozess nahm der VGH souverän. Da die eigenen Säle an der Ludwigstraße zu klein sind, mietete man kurzerhand den Vortragssaal des Amtes für ländliche Entwicklung an. So fanden über hundert Prozessbeteiligte, Besucher und Presse an der Infanteriestraße genügend Platz, um den Auftakt zu verfolgen.
Die wäre nach zwei Stunden beinahe schon wieder zu Ende gewesen. Die Kläger wollten das Verfahren aussetzen. Der Europäische Gerichtshof, so die Anregung der BN-Anwältin Ursula Philip-Gerlach, möge doch erst einmal klären, ob der negative Münchner Bürgerentscheid eine VGH-Entscheidung überflüssig macht. Ihre Begründung: Durch das Nein der Münchner sei die notwendige Einstimmigkeit in der Flughafen-Gesellschafterversammlung nicht mehr gegeben.

Vehement hielten die Anwälte des beklagten Freistaates dagegen, dass Planfeststellung und Bau zwei verschiedene Paar Stiefel seien. Dem Bauherrn bleiben laut Gesetz 10 Jahre, um ein Projekt tatsächlich umzusetzen. Die Planung müsse deshalb unabhängig vom Bau betrachtet werden. Auch juristisch.
Diese Ansicht setzte sich durch. Das Nein der Münchner Bevölkerung zur dritten Startbahn am Flughafen hat keinen Einfluss auf den Prozess um die Rechtmäßigkeit des Projekts, sagt der 8. Senat des VGH. „Die Auswirkungen des Bürgerentscheids sind als unsicher zu beurteilen”, erklärte der Vorsitzende Richter Erwin Allesch. Der Prozess kann also ohne Umweg über Luxemburg weitergehen.
Auch so wird die Zeit bis Ende Mai, dem ursprünglich angepeilten Termin fürs Urteil, kaum reichen. Das machte der erste Verhandlungstag überdeutlich. Unter anderem kritisierten die Startbahn-Anwälte, dass der BN zwei Grundstücke im Baugebiet der geplanten Piste gekauft hatte. Während dessen Anwälte von naturschutzrechtlich wertvollen Flächen sprachen, auf denen sogar der seltene Wachtelkönig niste, glauben die Juristen der Flughafengesellschaft, dass diese Areale nur dem Zweck dienen, dem BN zu ermöglichen, auch privat zu klagen.

Leopold, der bewundernswert lange durchgehalten hatte, begann nach zwei Stunden juristischem Hickhack dann doch zu nörgeln. So laut wie ein startender Flieger wurde er dabei aber nicht. 

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