Hohe See - kleine Preise
Fast 1,4 Millionen: So viele Deutsche haben im vergangenen Jahr Urlaub auf einem Hochseekreuzfahrtschiff gemacht. Und dieses Jahr werden es noch einmal mehr werden. Da ist sich der deutsche Branchensprecher Michael Thamm sicher. „Nach einer anfänglichen Buchungszurückhaltung zu Beginn 2012 verzeichnen wir aktuell eine rege Nachfrage, die sogar den Vorjahreszeitraum übertrifft“, diktierte er kürzlich Journalisten in den Notizblock.
Mehr noch: „Die Branche hat ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft“, fährt Thamm fort. Diese Erwartung stützt sich auf aktuelle Umfragen. So schätzt die renommierte Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen das Potenzial für Hochseekreuzfahrten in Deutschland gar auf 14 Millionen Gäste. Eine Verzehnfachung wäre demnach durchaus noch drin. Eine erstaunliche Entwicklung: Schließlich hatten die Urlauber nach dem Schiffsunglück vom vergangenen Januar und mit nachlassender Konjunktur erst mal Zurückhaltung geübt. Doch mittlerweile sind die Schiffe wieder voll, die Erfolgsstory der vergangenen Jahre scheint nach einer kleinen Delle weiterzugehen. Dieser Erfolg hat vor allem eine Ursache: purzelnde Preise. Discounts, Upgrades, sogenannte Bordguthaben: Der Kreuzfahrtmarkt wird seit etlichen Monaten geradezu überflutet von Rabattaktionen. Die Fachzeitschrift „Touristik Aktuell“ konstatiert trocken: „Die Preise liegen deutlich unter dem Niveau der Vorjahre.“ Beispiele: 100 Euro Rabatt und 150 Euro Bordguthaben gibt es gerade für eine MSC-Reise ans Rote Meer. „Mitfahrerpreise“ von 99 Euro für die dritte bis fünfte Person offeriert Carnival Cruise Line. „7 Day Sales“ mit bis 200 Euro Rabatt heißt eine Aktion bei Norwegian Cruise Line. Und mit „Extra Days“, also Gratistagen, lockt Celebrity. Die Preise sinken also, und die Gästezahlen steigen. Das ist auch notwendig, denn 2013 drängen zusätzlich wieder sechs neue Schiffe in den Markt, mehr als 7000 zusätzliche Kabinen wollen verkauft werden.
Auf einigen Reisen wird auch All-inclusive angeboten
Den Urlaubern kann das nur recht sein. Sie sehen sich an, was in den neuen Katalogen so angeboten wird. Ein Trend der kommenden Saison heißt Auffallen um jeden Preis. Wo das Grundprodukt immer ähnlicher wird, müssen nie gehörte Attraktionen her. So spendiert Aida seinem Neubau Aida Stella einen echten Birkenwald an Bord, auf der Norwegian Breakaway der Reederei Norwegian Cruise Line wird man im Wasserrutschenparadies den freien Fall ausprobieren können, und Royal Caribbean bietet ab März auf allen Schiffen rosafarbene Barbie-Kabinen für kleine Prinzessinnen an. Der Gegentrend zu den glitzernden künstlichen Ferienwelten auf dem Wasser sind kleinere und überschaubare Schiffe. So bringt der deutsche Veranstalter Hansa Touristik im kommenden Jahr die runderneuerte Ocean Majesty mit nur 274 Kabinen auf den Markt. Sie startet - ebenfalls ein Trend - mit einem hotelähnlichen Bordkonzept: So können die Gäste wählen, ob sie à la carte oder am Büfett essen wollen. Auf einigen Reisen wird auch All-inclusive angeboten. Denn was an Land der ganz große Hit ist, das findet auch auf hoher See immer mehr Anhänger. Tui Cruises machte mit dem All-inclusive-Konzept den Anfang. Künftig gibt es auch bei Azamara zahlreiche alkoholische Getränke, Biere und Weine und sogar einen Landausflug inklusive. MSC und Carnival Cruises weiten ihre All-inclusive-Getränkepakete aus. Bei den Reiserouten liebt es der Kunde dagegen eher klassisch: Gefragt sind Mittelmeer und Ostsee, im Winter die Karibik. Dubai wurde stark reduziert. MSC, Royal Caribbean und Norwegian strichen die Region ganz aus den Katalogen 2013/14. Dafür gibt es einige neue Angebote für Kreuzfahrten im Roten Meer, etwa mit der FTI Berlin oder der MSC Armonia ab Scharm el Scheich. Und für den Hochsommer 2013 wagen sich mehr Passagiere denn je ins Eismeer - etwa mit Hurtigruten oder Hapag-Lloyd.