Streit um 50 Hektar: Thurn & Taxis ärgert BMW
Regensburg – Seit kurzem ist bekannt, dass BMW deutschlandweit rund 5000 Arbeitsplätze schaffen will (AZ berichtete). Fast die Hälfte davon könnten in Ostbayern entstehen, genauer gesagt in Obertraubling, ein paar Kilometer südlich von Regensburg.
Sie könnten – gäbe es da nicht einen recht merkwürdiger Streit zwischen einem Saatzuchtbauern und dem Regensburger Fürstenhaus Thurn und Taxis. Das geplante Logistiklager des Autobauers hängt offenbar am seidenen Faden.
Hintergrund: BMW will für das neue Werk ein 50 Hektar großes Land vom Fürstenhaus kaufen. Das hat die Saatzuchtfamilie Bauer gepachtet – und zwar seit 1860. Sie will die Flächen wegen Existenzängsten nicht abgeben. Den Pachtvertrag will Thurn und Taxis nun kündigen. Das Problem: ohne die Bauers mit Gut zu entschädigen.
Lesen Sie hier: Drive now expandiert ins Ausland
Es geht um EU-Subventionen für die Flächen in sechsstelliger Höhe, auf denen Thurn und Taxis beharrt. BMW soll damit nicht glücklich sein.
Bauer fordert eine Ausgleichsfläche von 135 Hektar. Nur so könne er seinen Betrieb über Wasser halten.
Der Saatbetrieb legte gegen die Auflösung des Pacht-Verhältnisses Zivilklage ein. Doch der angesetzte Gerichtstermin am Montag wurde kurzfristig abgesagt, beide Parteien suchen wieder nach einem Kompromiss – vor allem auf Drängen der Politik.
Denn die Staatsregierung steht unter massivem Druck. Hat doch unter anderem Ministerpräsident Horst Seehofer im November BMW-Chef Norbert Reithofer versprochen und sich dafür eingesetzt, dass das benötigte Teilelager in der Donau-Stadt angesiedelt wird.
Regensburgs OB: „Wir brauchen die 2000 Jobs dringend“
So oder so hätte der Richter bei einem Prozess auf eine Frist für den Saatzuchtbauer geurteilt. Das ist bei solchen Prozessen üblich. Und diese Frist hätte noch Jahre dauern können. Ein Logistiklager in Obertraubling wäre dann ziemlich sicher ad acta gelegt worden.
Auch Regensburg selbst ist auf den größten Gewerbesteuerzahler der Stadt angewiesen. „Die 2000 Jobs, die hier entstehen, brauchen wir dringend“, sagt Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD). Insbesondere, weil die Region aufgrund des Wirtschaftsbooms viele Stellen für Akademiker geschaffen hat. Für Niedrigqualifizierte wird das Leben aber schwieriger. Hohe Mietpreise, steigende Lebenshaltungskosten. Wolbergs will diesen Menschen nun einen Arbeitsplatz bieten.
Lesen Sie hier: Daimler, BMW, Volkswagen & Co. - Deutsche Autobauer mit großer Absatzsteigerung 2014
BMW will das Logistiklager unbedingt in Ostbayern ansiedeln, um Teile auszuliefern, die „just in time“ etwa in den Werken in Dingolfing oder Leipzig gebraucht werden. In Regensburg gibt es bereits einen Ableger. Dort werden hauptsächlich 1er- und 3er-BMW produziert.
Ein anderer Ostbayern-Standort als Obertraubling? Kommt für BMW nicht infrage. Nun spekulieren Medien, dass der Autobauer das Teilelager sogar in Tschechien eröffnen könnte. Von BMW-Seite gibt es dazu ein Dementi.
Nun wird erstmal weiterverhandelt. BMW soll dem Saatzüchter, der übrigens aus Niedertraubling stammt, drei Alternativstandorte angeboten haben. Darunter auch eine Wiese, auf der Papst Benedikt XVI. 2006 eine Messe zelebriert hatte. Das Problem: All diese angebotenen Felder verfügen nicht über spezielle Böden, wie sie für die Saatzucht notwendig sind. Nach jüngsten AZ-Informationen ist eine baldige Einigung der beiden Streithanseln aber in Sichtweite. „Es sieht nach einer außergerichtlichen Einigung aus“, hieß es dazu am gestrigen Dienstag aus dem Rathaus in Regensburg.