Steuernachzahlungen für Kurzarbeiter? "Panikmache ist unangebracht"
AZ-Interview mit Isabel Klocke: Die Juristin ist Abteilungsleiterin für Steuerrecht beim Bund der Steuerzahler Deutschland.
AZ: Frau Klocke, wenn ich Kurzarbeitgeld bekomme - drohen mir jetzt sicher Steuernachzahlungen?
ISABEL KLOCKE: Das lässt sich pauschal nicht sagen und hängt vom persönlichen Steuerfall ab. Meine Bitte: Niemand sollte jetzt verunsichert werden. In vielen Fällen kommt es nicht zu einer Nachzahlung.
In diesen Fällen kommt es zu Nachzahlungen
Und wann doch?
Zu Nachzahlungen kann es kommen, wenn jemand innerhalb eines Monats Lohn- und Kurzarbeitergeld gleichzeitig erhalten hat, weil er zum Beispiel in Teilzeit gearbeitet hat.
Gibt es noch andere Fälle?
Bei verheirateten Ehepaaren kann es zu einer Nachzahlung kommen, wenn einer der Partner in Kurzarbeit war. Dann bleibt zwar das Kurzarbeitergeld steuerfrei, aber der Steuersatz für das ganze eheliche Einkommen steigt ja. Ebenfalls nachzahlen könnten jene, die neben dem Kurzarbeitergeld weitere Einkünfte haben, wie eine Eigentumswohnung.
Sind manche Branchen gefährdeter als andere?
Nein, das gilt für alle Branchen. Da gibt es steuerrechtlich keine Unterschiede.
Das hat es mit dem Progesssionsvorbehalt auf sich
Die Steuernachzahlungen beim Kurzarbeitergeld basieren auf dem sogenannten Progesssionsvorbehalt. Was genau bedeutet das?
Den Progressionsvorbehalt gibt es für alle Lohnersatzleistungen, und zwar nicht erst seit Corona. Das ist eine Fairness-Frage gegenüber denjenigen, die voll arbeiten mussten oder durften - die Kassiererin oder die Altenpfleger etwa. Mit dem Progressionsvorbehalt will man die Lücke zwischen jenen, die normal gearbeitet und viel Lohnsteuer gezahlt haben und denen, die Kurzarbeitergeld bezogen haben, schließen.
Worauf müssen Kurzarbeiter jetzt bei der Steuererkläung beachten?
Mein Tipp: Unbedingt alle Ausgaben, die zu meinen Gunsten sind, absetzen. Etwa die Pendlerpauschale, wenn man zwischen der Kurzarbeit eben doch im Büro war, oder die Homeofficepauschale. Insgesamt gilt es aufzuklären und keine Panik zu verbreiten. Keiner braucht jetzt Angst vor der Steuererklärung haben.
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