Rote Renaissance
"Es gibt sie noch, die guten alten Werte der Sozialdemokratie und freilich hat auch die Union Leidenschaftliche Wahlkämpfer." Susanne Stephan über den beginnenden Wahlkampf
Es gibt sie noch, die guten alten Werte der Sozialdemokratie: Kräftige Belastungen für die Reichen, auf dass mehr Geld für die weniger Betuchten übrigbleibe, ein Mindestlohn für alle. Die SPD will Wohltaten für die unteren Schichten in ihr Wahlprogramm schreiben und scheut nicht einmal vor Forderungen nach einer Steuererhöhung – 2,5 Prozentpunkte mehr beim Spitzensteuersatz, der zudem schon bei 125 000 Euro im Jahr greifen soll, zurück.
Die Krise macht’s möglich: Vergessen scheinen die Jahre unter Schröder, als den SPD-Führern kein Geschenk für die Konzerne als zu generös, keine Belastung für die untersten Einkommensschichten als zu hart erschien. Wirtschafts- und Finanzbosse stehen in der öffentlichen Wahrnehmung so schlecht da wie lange nicht mehr. Gelegenheit für alte und neue Populisten mir rotem Parteibuch, ihre Schäflein um sich zu scharen.
Leidenschaftliche Wahlkämpfer hat die Union freilich auch, und die werden nicht scheuen, die SPD in eine Ecke mit den verpönten Linken zu stellen. Nur werden sich die Konservativen schwertun, den Positionen der Sozialdemokraten ähnlich plakative Forderungen entgegenzustellen. Der Ruf der CSU nach niedrigeren Mehrwertsteuersätzen im Gasthaus wirkt fast schon mitleiderregend. Und wenn Seehofer jetzt gesetzlich festschreiben will, wie künftige Regierungen künftige Mehreinnahmen verwenden sollen – was rein juristisch unmöglich sein dürfte – stellt dies der Gestaltungsfähigkeit seiner Partei ein Armutszeugnis aus.