Renten steigen: Senioren freuen sich ab Sonntag über mehr Geld auf dem Konto

Deutschlands Senioren haben bald spürbar mehr im Portemonnaie, weil sich die Bezüge am Sonntag erhöhen. Für einige droht damit aber auch die Steuer – und die Zukunftsperspektive ist ungemütlicher.
B. Wegener, O. Zellmer |
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Rentner sitzen auf einer Bank am Ufer des Ammersees in Diessen.
Imago Rentner sitzen auf einer Bank am Ufer des Ammersees in Diessen.

Die Bezüge der 21 Millionen Rentner in Deutschland steigen an diesem Sonntag spürbar. Zudem gleichen sich die Renten in Ost und West weiter an. Was auf die Betroffenen zukommt, was zu beachten ist und wie es bei der Rente weitergehen könnte – ein Überblick:

Wie stark steigen die Renten am Sonntag? Im Westen um exakt 3,22 Prozent und im Osten um 3,37 Prozent. Eine monatliche Rente von 1.000 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, erhöht sich so um 32,20 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ostbeiträgen um 33,70 Euro.

Wann kommt das Geld auf dem Konto an? Wer seit April 2004 Rente erhält, der bekommt den erhöhten Betrag nachschüssig, also Ende Juli. Die anderen erhalten die Zahlung Ende Juni.

Warum steigen die Renten? Die Erhöhung beruht nicht auf einer Entscheidung der Regierung, sondern auf einer Formel: Im Kern folgt sie der Lohnentwicklung. Dass die Rente (noch) in Hochform ist, liegt an der Konjunktur. Auch die Beitragsentwicklung und das Verhältnis von Einzahlern und Rentnern spielen hinein.

Kommt die Rentenerhöhung bei allen komplett an? Nein. Das Finanzministerium meint, dass 54 000 Rentner zusätzlich Einkommensteuer zahlen müssen. Demnach werden rund 4,4 Millionen Senioren steuerpflichtig sein – fast doppelt so viele wie im Jahr 2005.

Müssen sich Rentner jetzt gleich an das Finanzamt wenden? "Nein", sagt Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). "Die Mehrzahl der Rentner muss sich keine Gedanken um ihre Steuererklärung machen." Der Grund: Auch das steuerfreie Existenzminimum ist heuer um 180 Euro auf 9.000 Euro im Jahr angehoben worden. Außerdem können Rentner die auf die Rentenerhöhung anfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung absetzen. Das sind im Durchschnitt knapp elf Prozent der Rentenbezüge.

Wann verändert sich dann die steuerliche Situation? Wenn die Rente 2018 um mehr als 200 Euro im Vergleich zum Vorjahr steigt. Wer aufgrund geringer Rente bisher keine Steuererklärung abgeben musste, braucht laut Rauhöft in der Regel auch nach der Anpassung keine Steuerbelastung zu befürchten.
Nur für einzelne Rentner im Beitragsgebiet West mit Rentenbeginn vor 2007 kann aufgrund der stärkeren Anhebung erstmals eine Steuerbelastung auftreten. Solange also keine weiteren Einkünfte vorliegen, sind für Neurentner des Jahres 2018 monatliche Rentenzahlungen in Höhe von etwa 1.185 Euro steuerfrei. Für Ehepaare verdoppeln sich die Werte.

Werden auch Mütterrente oder Erwerbsminderungsrente erhöht? Ja. Die Rentenerhöhung umfasst alle gesetzlichen Renten inklusive Mütterrente, auch Erwerbsminderungs-, Witwen- oder Waisenrente.

Wie steht es um die Reserven der gesetzlichen Rentenversicherung? Bis Jahresende wird die Rücklage auf 34,8 Milliarden Euro wachsen – rund 1,4 Milliarden Euro mehr als Ende 2017. Aber die Rentenversicherung warnt: Wegen diverser sozialpolitischer Pläne der GroKo könne das Rentenniveau – das Verhältnis von Rente zu Durchschnittseinkommen – nicht wie angestrebt bis 2025 auf dem heutigen Wert von 48 Prozent gehalten werden, sondern fiele schon 2022 darunter. Um das Ziel bis 2025 zu erreichen, sei Steuergeld in zweistelliger Milliardenhöhe erforderlich.

Was ist mit den Rentnern im Osten? Ihre Renten werden weiter ans Westniveau angeglichen. Wegen eines Gesetzes von 2017 wird die Rentenanpassung in den neuen Ländern erstmals anders berechnet. Jedenfalls steigt der Rentenwert Ost auf 95,8 Prozent. Bisher lag er bei 95,7 Prozent. Der Rentenwert ist der Geldwert eines Entgeltpunkts, mit dem dann die Höhe der Rente errechnet wird. Bis 2024 steigt er schrittweise auf 100 Prozent.

Gibt es im Osten mehr Rentner? Im Verhältnis ja. Wären die fünf neuen Länder ohne Berlin ein eigenständiger Staat, wäre dieser das Land mit den meisten über 65-Jährigen in der EU – mit einem Anteil von 24,6 Prozent (2015). In Deutschland insgesamt sind es 21 Prozent.

Wie hoch sind die gezahlten Renten? Die meisten Männer im Westen erhalten eine monatliche Altersrente zwischen 1.250 und 1.300 Euro, im Osten zwischen 1.000 und 1.100 Euro (2016). An westdeutsche Frauen werden am häufigsten Altersrenten zwischen 200 und 300 Euro gezahlt, während ostdeutsche Frauen am häufigsten Altersrenten zwischen 800 und 850 Euro erhalten. Nur zwei Drittel aller Einkommen der Seniorenhaushalte stammen aber von der gesetzlichen Rente.
2015 kamen Ehepaare im Westen auf ein monatliches Nettoeinkommen von im Schnitt 2.572 Euro, alleinstehende Männer auf 1.593 und Frauen auf 1.422 Euro. In den neuen Ländern verfügten Ehepaare über 2.257 Euro, alleinstehende Männer über 1.389 und Frauen über 1.370 Euro.

Wie geht es bei der Rente weiter? Die Rente gerät immer stärker unter Druck – weil das Älterwerden der Gesellschaft zu weniger Beitragszahlern, aber mehr Rentnern und längeren Rentenbezugszeiten führt.
In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer in Rente. Die Regierung setzt auf Vorschläge einer Kommission, die für März 2020 angekündigt sind. Sie will die Rente auskömmlich halten, ohne die jüngeren Beitragszahler zu überfordern. Wichtig ist ihr, dass die Menschen auch privat oder betrieblich vorsorgen. Noch nicht vom Tisch ist eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Zudem sind Verbesserungen für kleine Selbstständige geplant, für langjährig gering Verdienende und für gesundheitlich geschädigte Frührentner: All diese Gruppen sind - besonders von drohender Altersarmut bedroht.

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