Pest oder Cholera
Das Modell der FDP zuckt noch, aber es ist so gut wie tot: Anja Timmermann, AZ-Redakteurin, über die neuen Gespräche zur Gesundheitsreform
Oh Graus: Schon wieder eine Gesundheitsreform. Die Republik badet gerade noch die Folgen der letzten ziemlich verunglückten Einigung auf dem allerkleinsten gemeinsamen Nenner aus (zwischen Schwarz-Rot), da macht sich Schwarz-Gelb auf den Weg zur nächsten.
Für den Versicherten lauten die Alternativen leider Pest oder Cholera. Man mag sich kaum wünschen, den aktuellen Fonds zu behalten, mit seinen Absurditäten und den – politisch gewollten – steigenden Zusatzbeiträgen. Aber stattdessen die Pauschale, die, wenn sie wenigstens noch einen Hauch von Gerechtigkeit wahren will, gigantische Kosten und eine gigantische Bürokratie erfordert? Immerhin ein Trost: Das FDP-Modell zuckt noch, aber es ist so gut wie tot, allein wegen der Kosten. Wie auch immer die gesichts-wahrende Verpackung des besagten kleinsten Nenners mit Mini-Pauschal-Elementen dann aussieht.
Das Ärgerliche an der Debatte ist aber die Art der Fragen. Gestellt werden: Was soll der Arbeitnehmer zahlen? Wie kann der Arbeitgeber entlastet werden? Wie steht jede Partei hinterher so da, dass sie das Paket als großen Erfolg verkaufen kann? Nicht gestellt werden: Warum redet man nur über die Einnahmen und nicht über die Ausgaben? Was macht eigentlich der FDP-Minister mit der Pharma-Lobby und den Arzneimittelkosten, die immer weiter explodieren, obwohl sie EU-weit Rekordhöhen haben? Was stimmt nicht, wenn Deutsche 18 Mal im Jahr zum Arzt gehen (Norweger: drei Mal)? Und: Wie könnte man das System wirklich verbessern?
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