Peinliche Philippika
Andrea Nahles hat offenbar nichts aus der Wahlniederlage gelernt. Der AZ-Politikredakteur Markus Jox über die Abrechnung der SPD-Generalsekretärin.
Andrea Nahles hat eine Philippika gehalten: Unter dem bieder daherkommenden Titel „Frau, gläubig, links“ rechnet die neue SPD-Generalsekretärin brüsk mit dem politischen Vermächtnis Gerhard Schröders und Franz Münteferings ab. Natürlich hat sie mit ihrer Brandschrift nicht ganz Unrecht: Während der elf Jahre, in denen die Sozis seit 1998 an der Regierung beteiligt waren, wurde die Partei meist autoritär geführt und ihre Politik miserabel kommuniziert.
Trotzdem erweist Nahles mit ihrem weinerlichen Nachtreten der SPD einen Bärendienst. Erstens entwertet sie mit einem Federstrich elf Jahre rechtschaffener Arbeit. Von der Agenda 2010 bis zur Rente mit 67 haben viele SPD-Politiker aus hehren Motiven hart um eine bessere Zukunft Deutschlands gerungen. Diese jetzt alle in die Schublade „böser Neoliberalismus“ zu stopfen, raubt großen Teilen der Partei und deren Wählern ihren Stolz.
Zweitens ist es peinlich, dass ausgerechnet die Oberstrippenzieherin Nahles, die soeben im Hinterzimmer ihre eigene Macht in der Partei zementiert hat, anderen vorwirft, kein Gespür mehr für Gefühle der „kleinen Leute“ zu haben.
Genau diese schmutzigen parteiinternen Attacken, wie sie Nahles derzeit lustvoll reitet, haben mit dazu geführt, dass die SPD so viel Vertrauen bei den Bürgern verspielt hat. Anstatt einen guten Oppositions-Job zu machen und die Regierung vor sich herzutreiben, verfällt die Generalin wieder in die alte Lieblingsbeschäftigung der Sozis: sich gegenseitig fertig zu machen. Offenbar hat Andrea Nahles nichts aus der dramatischen Wahlniederlage der SPD gelernt.
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