Fünf Euro - kosten Arztbesuche bald weniger?

Seit die Milliardenüberschüsse der Krankenkassen bekannt wurden, gibt es Diskussionen über Sinn und Zweck der Praxisgebühr. Jetzt haben Gesundheitsökonomen eine neue Idee.
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Seit die Milliardenüberschüsse der Krankenkassen bekannt wurden, gibt es Diskussionen über Sinn und Zweck der Praxisgebühr. Jetzt haben Gesundheitsökonomen eine neue Idee

MÜNCHEN - Das Ziel der 2004 eingeführten Praxisgebühr, nämlich die vielen Arztbesuche in Deutschland zu reduzieren, gilt als verfehlt. Zuletzt hatte sich Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) für eine „Aussetzung oder Aufhebung“ der Zehn-Euro-pro-Quartal-Regel ausgesprochen, doch die Unions-Koalitionspartner sperren sich. Gestern brachten Gesundheitsökonomen einen neuen Vorschlag ein: fünf Euro pro Arztbesuch. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.

Wie funktioniert die aktuelle Regel? Beim ersten Arztbesuch im Quartal müssen Patienten über 18 Jahre zehn Euro zahlen. Unabhängig davon sind auch beim Zahnarzt zehn Euro fällig, außer bei Vorsorgeuntersuchungen.

Wie oft gehen die Deutschen zum Arzt? Im Schnitt geht jeder Deutsche 17 mal im Jahr zum Arzt, so das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI). Das ist internationale Spitze. Bei genauem Hinsehen relativieren sich die Zahlen jedoch: Denn 50 Prozent der Arztbesuche gehen auf die Kosten von 16 Prozent der Patienten. Darunter sind laut ZI zahlreiche Dialysepatienten, die für die Blutreinigung besonders häufig zum Arzt müssten. Insgesamt verteilen sich die Arztbesuche recht unterschiedlich: Die Hälfte der Patienten geht bis zu zehn mal im Jahr zum Arzt. 25 Prozent gehen 11 bis 22 mal. Weitere 25 Prozent nehmen häufiger als 22 mal pro Jahr einen Arzt in Anspruch.

Was bringt die Praxisgebühr? Eingeführt wurde sie mit dem Ziel, die Arztbesuche zu reduzieren und die gesetzlichen Krankenkassen finanziell zu entlasten. Ergebnis: Die Arztbesuche sind zahlreich wie eh und je. Die Kassen allerdings verdienen rund zwei Milliarden Euro.

Was würde es kosten, die Gebühr abzuschaffen? Offenbar müssten die Kassen nicht auf die kompletten zwei Milliarden verzichten, die die Praxisgebühr ihnen einspielt, heißt es aus Koalitionskreisen. Wahrscheinlich sind Ausfälle von 1,5 Milliarden Euro. Fällt nämlich die Praxisgebühr weg, steigen im Gegenzug die übrigen Zuzahlungen. Diese regelt die Überforderungsklausel: Demnach muss niemand mehr als zwei Prozent für Eigenbeteiligungen aufwenden – bei chronisch Kranken gilt ein Prozent. Fällt die Praxisgebühr weg, steuert der Einzelne mehr Zuzahlungen bei.

Wie könnte eine Reform aussehen? Fünf Euro pro Arztbesuch, dafür andere Zuzahlungen streichen: So lautet die Kurzformel, für die sich gestern Gesundheitsökonomen von der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (DGGÖ) aussprachen. „Der internationale Vergleich zeigt, dass die Deutschen zu oft zum Arzt gehen“, sagt Stefan Felder, DGGÖ-Generalsekretär. „Wenn die Patienten bei jedem Arztbesuch zahlen müssen, machen sie sich darüber mehr Gedanken.“ Die Ausnahmen für Vorsorgeuntersuchungen und die Behandlung von Kindern sollten gleichzeitig bestehen bleiben. Vor einer Überlastung chronisch Kranker würde außerdem die Überforderungsklausel schützen. Im Gegenzug zu den fünf Euro je Arztbesuch könnten Zuzahlungen wie die zehn Euro für die ersten 28 Tage im Krankenhaus wegfallen.

Wie regeln es andere Länder? In Schweden kostet jeder Arztbesuch je nach Region 15 bis 25 Euro. In der Schweiz zahlen Patienten grundsätzlich zehn Prozent der Arztrechnung.

 

 

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