Empörungsrituale

Frank Müller, AZ-Aktuell-Chef, über ein umstrittenes Sportzitat im ZDF

4:0, ein überzeugender Sieg, das hätten viele andere Länder zum WM-Auftakt einfachmal so stehengelassen und sich Freude. Was aber macht Deutschland oder zumindest ein Teil davon? Es wirft die Empörungsmaschine an. Wenn es am Spiel nichts zu meckern gibt, dann sucht man sich eben den Moderator aus.

„Und für Miroslav Klose ein innerer Reichsparteitag, jetzt mal ganz im Ernst, dass er heute hier trifft“, hatte Katrin Müller-Hohenstein im ZDF in der Halbzeitpause gesagt. Darf man das?

Über einen Spieler mit polnischen Wurzeln einen Ausdruck in den Mund nehmen, der irgendwie an Deutschlands Nazi-Vergangenheit erinnern könnte? Der reflexhafte Aufschrei in neuen Diensten wie Twitter und Facebook, aber auch in manch herkömmlichem Medium ist dafür gesichert.

Man muss gar nicht tief in historische Debatten darüber einsteigen, ob es den Begriff schon vor den Nazis gab und ob er während ihrer Herrschaft vielleicht sogar innere Distanz zum Regime signalisieren mochte, um die Diskussion nervtötend zu finden. Ganz egal, was die Wahrheit ist – am Ende findet sich immer einer mit dem festen Willen zum Missverständnis. Und wenn bei einem „echten“, unsäglichen Nazizitat dieselbe Empörungsmaschine anläuft wie beim flapsigen umgangssprachlichen Spruch wie dem von Müller-Hohenstein, dann wird es schwierig mit der Kommunikation.

Schade, dass auch das ZDF nicht den Mut fand, sich klar vor „KMH“ zu stellen. Das ist aber vielleicht auch zu viel verlangt in Deutschland.