Die Macht des Netzes
Das Internet ist nicht gut oder böse, sondern mächtig - Der AZ-Aktuell-Ressortchef Frank Müller über das Gesetz gegen Kinderpornos.
Das Internet ist nicht gut, es ist nicht böse, aber es ist. Welche Macht das Netz inzwischen hat, zeigt der Iran: Sie ist groß genug, um eine der härtesten Diktaturen ins Wanken zu bringen. Die neue Kraft kommt daher, dass das Internet sich stark gewandelt hat: In Netzwerken wie Facebook und Twitter bringen Menschen weltweit gleichzeitig Erstaunliches zustande. Und sei es der Kampf gegen Diktatoren.
Doch es gibt eben auch die Kehrseite dieser grenzenlosen Onlinefreiheit. Im Internet werden Verbrechen begangen. Menschen werden etwa beim Homebanking betrogen. Und es geschieht noch wesentlich Schlimmeres – Stichwort Kinderpornografie.
Gestern nun hat der Bundestag Eingriffe ins Netz beschlossen, um Kinderporno-Gangstern das Handwerk etwas schwerer zu machen (siehe Seite 4). Sie sind gering genug und haben dennoch in der Netzszene eine Protestwelle ausgelöst, die ins Lächerliche geht. „Nur eine Diktatur braucht Zensur“, heißt es in den Blogs. Und mit typisch deutscher Hysterie wird Familienministerin von der Leyen, die das Gesetz vorantrieb, online nur noch „Zensursula“ genannt.
Noch hat die Politik nicht den zeitgemäßen Umgang mit dem Internet gefunden. Aber mit Verlaub: Wer so flott von Zensur redet, sollte sich vielleicht in China oder Iran nochmal schlau machen. Bislang ist das Internet ein erstaunlich rechtsfreier Raum. Dass es das angesichts seiner globalen Kraft nicht bleiben kann, das müsste die Twitter- und Facebook-Gemeinde besonders gut wissen. Denn schließlich kennt sie sich mit dem Internet am besten aus.
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