Die halbe Wahrheit
Das Thema ist zu schwierig für parteitaktische Mätzchen: Anja Timmermann, AZ-Politikredakteurin, über den Start der Gesundheitskommission
Das Ärgerlichste an der aktuellen Gesundheitsdebatte ist, dass jeder Beteiligte immer nur die Hälfte sagt und die andere Hälfte wider besseres Wissen verschweigt. Angefangen bei der CSU: Sie beklagt landauf, landab, dass die Sekretärin bei der Kopfpauschale das Gleiche zahlen müsste wie ihr Chef.
Das wäre in der Tat empörend, wird aber von niemanden so geplant (vielleicht kann das mal jemand Herrn Söder erklären?). Ja, er zahlt dann weniger und sie erstmal mehr als bisher. Aber sie bekommt eben alle Mehrkosten komplett aus Steuergeldern zurück. Weiter bei der FDP, die genauso unehrlich ist: Sie tut so, als wäre die Reform quasi zum Nulltarif zu haben. Dabei wird sie gigantische Summen kosten, und damit nicht nur jeden Steuersenkungsplan zertrümmern, sondern auch den Haushalt, wenn nicht die Steuern drastisch erhöht werden.
Andererseits: Der erwähnte Chef wird durch die Pauschale ja entlastet. Damit hätte er Geld übrig (und nur so klappt das Modell auch), diese Summe dann wieder beizusteuern.
Und selbst die Opposition: Die Pläne sind ihrer „Bürgerversicherung“ gar nicht so unähnlich, weil jeweils der Grundgedanke drinsteckt, nicht alleine den kleinen und mittleren Angestellten sowie ihren Chefs die ganze Last der Solidarität aufzubürden, sondern über Steuern auch andere heranzuziehen, die sich bisher davor drücken. Aber es muss natürlich trotzdem dagegen gewettert werden.
Schade. Und bedrohlich. Denn das Gesundheitssystem ist zu wichtig und die Problematik tatsächlich zu schwierig für parteitaktische Mätzchen.