AZ-Finanzen: Eine kleine Erbschaft richtig anlegen

Wer plötzlich einen unverhofften Betrag zur Verfügung hat, sollte sich genau überlegen, wie er die Summe investieren will. So klappt's.
Veronika Csizi |
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Ob sparen oder ausgeben: Das müssen Sie wissen, wenn Sie erben.
Ob sparen oder ausgeben: Das müssen Sie wissen, wenn Sie erben. © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

Der Großvater oder die berühmte Erbtante sind gestorben und haben einem Erben 20.000 Euro überlassen. Der Erbe, beziehungsweise die Erbin, stehen nun vor der Frage: Was tun mit dem Geld?

SCHRITT 1:

Zunächst ist zu klären: Fällt Erbschaftssteuer an? Bei Summen bis 20.000 Euro gilt unabhängig vom Verwandtschaftsgrad mit dem Erblasser in jedem Fall: Der Staat geht leer aus – allerdings nur, wenn man in den vergangenen zehn Jahren sonst keine anderen Erbschaften oder große Geldgeschenke erhalten hat.

Bei näheren Verwandten sind sogar deutlich höhere Summen erbschaftssteuerfrei: 200.000 Euro für erbende Enkel, 400.000 für Kinder, 500.000 für Ehepartner. Bei der Großtante oder nicht verwandten Erblassern hält der Fiskus für jeden Euro jenseits der 20.000 allerdings die Hand auf.

Hätte die Großtante im AZ-Beispiel also 50.000 Euro vererbt, würde sich der Staat 30 Prozent von 30.000 Euro holen, also 9.000 Euro.

SCHRITT 2:

Ein Kassensturz. Existiert bereits ein Tagesgeldkonto, auf dem etwa drei Gehälter als eiserne Rücklage deponiert sind? Laufen noch Konsumentenkredite, deren Ablösung nun möglich wäre?

SCHRITT 3:

Besteht hier kein Handlungsbedarf, wartet der dritte und wichtigste Schritt: die Geldanlage selbst. Dafür sind zwei Fragen zu klären: Benötige ich das Geld oder Teile davon kurz- bis mittelfristig, also in den nächsten drei (bis maximal fünf) Jahren? Und: Welches Risiko bin ich bereit einzugehen? Bin ich dem Herzinfarkt nahe, wenn der Kontostand zwischenzeitlich von 20.000 auf 18.500 Euro oder tiefer sinkt? Oder kann ich cool bleiben, weil die Anlage ja lange Zeit hat, Dellen auszugleichen?

Egal wie groß der geerbte Betrag ist: Er sollte schlau angelegt werden.
Egal wie groß der geerbte Betrag ist: Er sollte schlau angelegt werden. © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Wer von vorneherein weiß, dass er in zwei Jahren eine Weltreise machen will, dass unter Umständen ein neues Auto, eine Renovierung oder vielleicht sogar ein Immobilienkauf anstehen könnten, wird auf stärker schwankende, aber renditestärkere Anlagen verzichten müssen.

Festgeld oder Tagesgeld? Eine wichtige Entscheidung

Hier müssen Festgelder oder Tagesgelder ausreichen. Da Tagesgelder derzeit, je nach Bonität der Bank, maximal 0,75 bis ein Prozent abwerfen, wären einjährige Festgelder, für die es maximal 1,75 Prozent Zinsen gibt, eine Überlegung wert.

Wer drei Jahre auf das Geld verzichten kann, erhält mit deutscher Einlagensicherung immerhin schon 2,45 Prozent pro Jahr. Einen Inflationsausgleich bieten sichere Zinsanlagen jedoch bei weitem nicht. Mit der aktuellen Preissteigerung von zehn Prozent hätten die 20.000 Euro in einem Jahr nur noch eine Kaufkraft von 18.182 Euro. Maximal ein Prozent Zinsen brächten also nur einen kleinen Ausgleich von 200 Euro. Selbst eine Inflation von im Schnitt fünf Prozent knabberte binnen drei Jahren real 3.823 Euro vom Erbe weg.

Die geerbte Summe müsste in diesem Zeitraum dann auf 23.152 Euro steigen, um nur die heutige Kaufkraft zu wahren. 2,45 Prozent für drei Jahre hieven das Erbe aber nur auf 21.506 Euro, vor Steuern.

Gut möglich ist es allerdings, dass die Zinsen weiter deutlich steigen. Eine dreijährige Bindung des Geldes könnte also wenig sinnvoll sein, denn in der Regel lassen sich festverzinsliche Anlagen nicht vorzeitig auflösen.

Drei Anlageziele – aber nur zwei sind vereinbar

Sehr viel mehr Handlungsfreiheit hat, wer das Erbe länger nicht benötigt oder es für seine Altersvorsorge anlegen will. Unterstützung bei der Entscheidung für eine konkrete Geldanlage kann zunächst die Tatsache bringen, dass von den drei Anlagezielen Rendite, Flexibilität/Verfügbarkeit und Sicherheit immer nur zwei auf einmal umsetzbar sind: Eine Anlage mit guter Sicherheit und attraktiver Rendite ist nicht flexibel, sondern eine Weile nicht verfügbar.

Eine Anlage, die flexibel und sicher ist, bringt keine guten Renditen. Und Geld, das mit guten Renditen und flexibel arbeitet, bietet wenig Sicherheit. Der Anleger sollte sich also fragen, welches Paar ihm wichtiger ist. Natürlich können jedoch auch verschiedene Anlageformen kombiniert werden.

Rendite mit Sicherheit, also beherrschbaren Risiken, könnte beispielsweise zur Anlage in (höher verzinste) Anleihen führen, die aber nicht jederzeit zu Geld gemacht werden können, sondern bei ausgeprägter Marktschwäche (wie derzeit) bis zur Endfälligkeit gehalten werden müssten.

Auch Immobilienmärkte verbinden Ertrag und Sicherheit, sind jedoch nicht flexibel. Flexibel und sicher kann man sein Geld in Tagesgeldern deponieren, die aber nur wenig Rendite abwerfen. Rendite und Flexibilität bieten vor allem die Aktienmärkte, die jedoch kurzfristig kaum Sicherheit bieten.

Der Dax ist der wichtigste Aktienindex in Deutschland.
Der Dax ist der wichtigste Aktienindex in Deutschland. © Fredrik von Erichsen/dpa

SCHRITT 4:

Wer sich Klarheit zu den Fragen verschafft hat, welche Risiken er oder sie einzugehen bereit ist und wie lange das Geld arbeiten kann, bevor es gebraucht wird, ist einen Schritt weiter. Ein risikobereiter Anleger mit Rücklagen und langem Anlagehorizont wird die gesamte Summe in Aktien bzw. Fonds stecken können, dabei maximal eine kleine Summe auf einem Zinskonto deponieren – für den Fall, dass sich vielleicht doch andere Pläne auftun.

Die meisten Anlageberater empfehlen statt einzelnen Aktien eher passive Indexfonds (ETF), die wie Fonds flexibel verkauft werden können, passiv auf einen ganzen Markt setzen und dazu günstig sind. 20.000 Euro könnten dann auf fünf bis zehn verschiedene Märkte und Indizes aufgeteilt werden, um möglichst viele Unternehmen abzubilden und das Risiko damit zu senken.

Die größten und wichtigsten Indizes sind: der MSCI World, ein weltweit anlegender Aktienindex, der aktuell in 1.516 Aktien aus 23 entwickelten Ländern investiert. Der hohe US-Anteil von knapp 70 Prozent bildet dabei schlicht das Geschehen an den Weltaktienmärkten ab.

Eine Alternative für einen weltweit anlegenden Index wäre der MSCI World All Country, der auch Schwellenländer umfasst, oder der FTSE All World mit 4.115 verschiedenen Aktien. Dazu lassen sich ETF auf US-Indizes wie S & P 500, Dow Jones oder Nasdaq 100, auf den japanischen Leitindex Nikkei 225, auf die europäischen Indizes EuroStoxx50 oder Stoxx600, auf Schwellenländer-Indizes oder auch einzelne Länderindizes nutzen.

Ob man das Geld verfügbar haben möchte oder es lieber in die Altersvorsorge investiert, ist wichtig bei der Anlage des Erbes.
Ob man das Geld verfügbar haben möchte oder es lieber in die Altersvorsorge investiert, ist wichtig bei der Anlage des Erbes. © picture alliance / Lino Mirgeler/dpa

Auf Nummer sicher gehen: beliebte Anlagemöglichkeiten

Ein weniger risikobereiter Anleger mischt einfach einen größeren Anteil Anleiheindizes bei und splittet dabei auf Staatsanleihen und Unternehmensbonds. Auch Rohstoffe lassen sich beimischen, etwa Gold oder Industriemetalle. Allerdings holt sich der Anleger damit ein zusätzliches Risiko ins Depot, denn Rohstoffe werden in Dollar gehandelt und dessen Schwankungen gegenüber dem Euro können die Wertentwicklung dämpfen – oder stützen, wie derzeit. Fondshäuser wie ishares, Amundi, xtrackers, Invesco und viele andere haben auf alle nur erdenklichen Indizes Papiere herausgebracht, die sich meist stark ähneln und hauptsächlich durch ihre Kosten unterscheiden.

Hier gilt: je billiger, desto besser. Ein ETF auf den MSCI World muss aktuell nicht mehr als 0,12 bis 0,18 Prozent pro Jahr kosten. Abgeliefert hat er binnen fünf Jahren trotz der aktuellen Baisse etwa 30 Prozent. Ein ETF auf den S&P 500 liegt seit 2017 insgesamt 53 Prozent im Plus und im Nasdaq 100 sind es 88 Prozent.

Dass ein herkömmlicher ETF auf den deutschen Index Dax im gleichen Zeitraum ein Minus von acht Prozent eingefahren hat, zeigt, wie wichtig es ist, über den heimischen Tellerrand zu blicken.

Geld anlegen für Mutige

Ganz Mutige können auch einzelne Aktien kaufen. Um Klumpenrisiken zu vermeiden, wären möglichst viele verschiedene Papiere aus unterschiedlichen Branchen und Ländern notwendig. Denn natürlich kann man das Glück haben, eine Aktie wie jene von Tesla zu erwischen, die zwar zuletzt wie der gesamte Aktienmarkt Schwäche zeigt, auf Sicht von fünf Jahren dennoch 917 Prozent im Plus notiert.

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Umgekehrt kann man sich jedoch auch unglücklich für Bayer oder die BASF entschieden haben und binnen fünf Jahren mehr als 50 Prozent im Minus liegen.

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