Jeder siebte Deutsche war noch nie im Internet
Deutschland ist online – von wegen. Ein Viertel der Bundesbürger nutzt das Netz nicht, 15 Prozent waren noch nie drin. Gründe gibt es viele.
München - Schnell mal Geld online überweisen, übers Netz ein Hotel buchen oder sich eine Antwort für Günther Jauch ergoogeln: Jeder siebte Deutsche hat das noch nie gemacht – denn sie waren noch kein einziges Mal im Internet. Diese Zahl veröffentlichte am Dienstag das Statistische Bundesamt. Die Gründe, sich dem Internet zu verweigern, sind vielfältig. Ganz oben auf der Liste: die Sorge um mangelnden Datenschutz. Und manche haben einfach keine Lust aufs Netz.
Einer der noch nie online war, ist der Rentner Uwe T. aus München. Scheu vor der Technik spielt bei dem Diplom-Ingenieur keine Rolle. „Mich reizt das nicht, ich brauche das nicht für mein Leben. Es ist kein Protest, aber ich habe schon eine kleine Abneigung, in diesem Konzert mitzuspielen. Wenn ich jünger wäre, würde das arrogant klingen. Aber mit 73 Jahren darf ich das. Ich muss nicht alles nutzen, ich muss nicht alles wissen“, sagt er.
Ärgert ihn das manchmal, wenn es heißt: „Mehr Informationen im Internet“? „Gar nicht. Mein Bedarf an Informationen ist völlig gedeckt, wenn ich meine Zeitungen lese und Nachrichten sehe. Das muss der Kopf auch erst mal speichern und verarbeiten.“ Wenn’s mal dringend ist, fragt er halt „freundliche Zeitgenossen“ mit Internet. Und die Schnelllebigkeit des Online-Lebens stört ihn – schon allein der Zwang, immer auf dem neuesten Stand sein zu sein. „Die Technik ändert sich so rasch, dass gleich alles wieder veraltet ist.“ Die NSA-Affäre interessiert ihn übrigens kaum. Er hinterlässt auch keinerlei Spuren im Netz.
Mit seinen 73 Jahren passt Uwe T. ins Bild. Denn je älter, desto höher ist der Anteil der Deutschen, die noch nie im Internet waren. Bei Jugendlichen sind es gerade mal ein Prozent, zwischen 25 und 54 Jahren fünf Prozent. In der Altersgruppe zwischen 55 und 64 Jahren dann ein Anstieg auf 23 Prozent. Bei den über 65-Jährigen schnellt die Zahl sogar auf 53 Prozent hoch.
Doch es gibt auch andere Faktoren. Zum Beispiel Bildung. „Da beobachten wir die gleiche Schere, die es auch sonst in der Gesellschaft gibt“, sagt Sabrina Ortmann von der „Initiative D21“, die seit Jahren die Internetnutzung untersucht. Konkret bedeutet das: Je geringer das Einkommen und Bildung, desto höher der Anteil an Nicht-Onlinern. Zudem surfen noch immer mehr Männer als Frauen. Erstaunlich: Ein großer Teil der Nichtnutzer kennt das Netz zwar aus eigener Erfahrung, hat aber trotzdem abgeschaltet. Nach den Zahlen der „Initiative D21“ ist rund ein Viertel der Deutschen offline – deutlich mehr als die 15 Prozent, die nie im Internet waren.
Deshalb greifen die Zahlenspiele zu kurz. Denn Menschen, die sich dem Netz verweigern, haben handfeste Gründe dafür. 44,1 Prozent von ihnen sehen im Internet für sich keinen Nutzen. 52,7 Prozent sind Google und Co. zu kompliziert, 58,8 Prozent haben keine Erfahrungen mit Computern. Groß sind die Sorgen um die Sicherheit: 67,5 Prozent haben Bedenken beim Datenschutz, 59,1 Prozent glauben angesichts von Phishing, Viren und Trojanern an zu wenig Sicherheit im Netz. Einen großen Vorteil hat es auf alle Fälle, nicht online zu sein: Der US-Geheimdienst NSA kann einen übers Netz nicht ausspionieren.