Volkswagen: Die Kunst neben dem Automobilbau
Sharifa Rhodes-Pitts sitzt in ihrer kleinen Wohnung in Harlem und erzählt mit ruhiger, sanfter Stimme über ihr Leben und ihre Pläne. Darüber, dass sie mit ihrem kleinen Sohn wohl bald umziehen muss, weil Harlem immer schicker und die Mieten immer teurer werden. Und davon, dass sie bald für ein paar Monate nach Haiti reisen wird, um ein Buch über das Leben der Menschen auf der ärmsten aller Karibikinseln zu schreiben. "Harlem is Nowhere: A Journey to the Mecca of Black America" hieß das letzte Werk der jungen, farbigen Schriftstellerin. Die sozialkritische Betrachtung des einst gefürchteten New Yorker Stadtviertels, in Zeiten der Rassenunruhen in den Sechzigern auch politische Heimat der so unterschiedlichen schwarzen Anführer Malcolm X. und Martin Luther King, wurde von der "New York Times" als eines der hundert besten Bücher des Jahres 2011 gelobt.
Reich geworden ist Sharifa davon nicht, dafür wurde sie in der Künstlerszene bekannt und geschätzt. Und als der Maler und Illustrator Christopher Myers eine wortreiche Begleitung für sein Kinderbuch "Jake makes a world" suchte, nahm Sharifa gerne an. Perfekt harmoniert ihre Gute Nacht-Geschichte mit seinen Bildern, und zum Erfolg des Kinderbuches trug sicherlich bei, dass es vom Museum of Modern Art, weltweit als MoMA bekannt, gefördert wurde.
Das ehemalige Schulgebäude MoMA PS1 in Queens mit der New Yorker Skyline im Hintergrund Foto:API/Michael Tinnefeld
Kürzlich ging im MoMA, an der 53. Straße zwischen 5th und 6th Avenue in New York gelegen, mit "Björk" eine vielbeachtete Ausstellung zuende. Die Retrospektive setzte sich mit der mittlerweile über 20-jährigen Karriere der Sängerin, Komponistin und Musikerin Björk auseinander. Nach wie vor sprüht die Isländerin vor Kreativität, für ihre eigene Ausstellung hatte sie eine außergewöhnliche Idee - die Realisierung eines Audio Guides. Die Spezialisten des Electronic Research Laboratory, das in Belmont im Silicon Valley nahe San Francisco an der audio-automobilen Zukunft forscht und zur Volkswagen Group of America gehört, staunten nicht schlecht, als Björk anfragte. Aber sie machten sich mit großer Begeisterung an die Arbeit.
Heraus kam ein akustischer Begleiter zur Präsentation von Björks Werken, deren Grundlage die Volkswagen-App "Sound Journey" bildete. Mit ihr werden Fahrzeuginfos wie Geschwindigkeit, Bremsen, Beschleunigen oder die Stellung des Lenkrads in einen Soundtrack umgesetzt. Übertragen auf den Audio Guide im MoMA bedeutete dies, dass jeder Besucher ein individuelles Klangbild im Kopfhörer hatte, wenn er sich einem Björk-Exponat näherte. Der technische Hintergrund: Eine Kombination aus Bluetooth-Signalen, die direkt von den Ausstellungsstücken gesendet wurden, Standortdaten und Informationen über die Kopfbewegung der Besucher. Was denen dann individuell als neues und verblüffendes 3D-Klangerlebnis auf die Ohren gespielt wurde, waren von Björk konzipierte Musik- und Sprachelemente.
Junge Kunst im MoMA PS1
VW-Chef Martin Winterkorn, Ehrengast Yoko Ono, MoMA PS1-Leiter Klaus Biesenbach (von links) Foto:API/Michael Tinnefeld
Was die Schriftstellerin Sharifa mit der Künstlerin Björk verbindet? Sie profitieren beide vom Museum of Modern Art und dessen Partnerschaft mit Volkswagen, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Der deutsche Automobilhersteller fördert seit 2011 das MoMA und Forum für junge Kunst MoMA PS1. Letzteres ist die Abkürzung für Primary School, weil sich in einem alten Schulgebäude in Queens, in dem früher 5- bis 11-jährige unterrichtet wurden, jetzt auch Nachwuchskünstler präsentieren können. In den ehemaligen Klassenzimmern und auch im Hof. Wo einst Kinder spielten, steht aktuell die Installation von André Jaque, der damit den diesjährigen internationalen "Young Architects Program" gewann.
Das Werk des 44-jährigen Spaniers ist nicht nur eine funktionsfähige Wasseraufbreitungsanlage, sondern auch eine Mahnung an den verschwenderischen Umgang mit dem Element. Und für VW ein Paradebeispiel für die gemeinsamen Werte. Der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn dazu: "Für den Konzern ist die Zusammenarbeit mit führenden Kultureinrichtungen wie dem MoMA ein wichtiger Impulsgeber. Wie soll unsere Welt in Zukunft aussehen? Welche Rolle hat ein Konzern wie unserer dabei? Und wie treiben wir Veränderungen voran? Mit unserem Engagement machen wir Kunst und Kultur für ein breites, weltweites Publikum erlebbar und begreifbar".
Mehr als 35 MoMA und PS1-Projekte - Ausstellungen, Bildungsinitiativen und Kunstveranstaltungen - haben die Wolfsburger seit 2011 gefördert. Künftig soll der Fokus mehr auf die digitalen Lernangebote des Museums gerichtet werden, die von jährlich fast einer Million Menschen weltweit genutzt werden. Geführte Onlinekurse gehören dazu, auch interaktive Apps und kostenfreie Downloads. Wieviel sich Volkswagen sein Engagement in Kunst und Kultur kosten lässt, ist gehütetes Geheimnis. Um Kleingeld handelt es sich sicherlich nicht, denn auch zahlreiche andere Institutionen wie die Nationalgalerie - Staatliche Museen Berlin mit ihren sechs Standorten in der Hauptstadt, die documenta in Kassel oder ein neues Projekt in Shanghai werden unterstützt. Und natürlich geht die Partnerschaft mit MoMA weiter.
In diesen Tagen erst wurde in New York die Verlängerung des Engagements bis 2017 im Rahmen einer großen Benefiz-Gala gefeiert. Yoko Ono, Ehefrau des 1980 ermordeten Beatle John Lennon, war Ehrengast. Die mittlerweile 83-jährige alte Dame stellt noch bis Anfang September im MoMA aus. Und hörte lächelnd zu, wie sich VW-Chef Winterkorn in seiner Rede anlässlich seiner Ehrung durch das MoMA für sein internationales Kulturengagement outete: "Als Automobilingenieur bin ich definitiv mehr vertraut mit Fragen zu Benzineinspritzung und Lithiumbatterien, als mit dem Werk von Gilbert und George. Doch die letzten vier Jahren haben mir verdeutlicht: Kunst hat nicht nur die Kraft, neue Perspektiven zu eröffnen. In der Kunst steckt erst recht die Energie, in uns allen neue Ideen und Gedanken freizusetzen."
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