Ein Blick in die Auto-Zukunft: Im Mini E gibt man nicht Gas, sondern Strom

AZ auf Testfahrt mit dem Elektro-Flitzer durch München: Er ist fast lautlos und sehr flott - aber durch den dicken Akku-Pack hat er die hinteren Sitze eingebüßt. Den Serieneinsatz von E-Mobilen erwartet BMW für "Mitte des nächsten Jahrzehnts".
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Mini E in der Leopoldstraße: Von vorne ist er nur an der Plakette am Kühlergrill als unbezahlbares Test-Gerät zu erkennen. Fotos: ho
az 4 Der Mini E in der Leopoldstraße: Von vorne ist er nur an der Plakette am Kühlergrill als unbezahlbares Test-Gerät zu erkennen. Fotos: ho
Auf Tour: AZ-Redakteur Rudolf Huber im Elektro-Mini.
az 4 Auf Tour: AZ-Redakteur Rudolf Huber im Elektro-Mini.
Ziemlich mickrig: Hinter den Vordersitzen bleibt nur Platz für ein bisschen Gepäck.
az 4 Ziemlich mickrig: Hinter den Vordersitzen bleibt nur Platz für ein bisschen Gepäck.
Umfunktioniert: Aus dem Drehzahlmesser wurde die Ladeanzeige.
az 4 Umfunktioniert: Aus dem Drehzahlmesser wurde die Ladeanzeige.

MÜNCHEN - AZ auf Testfahrt mit dem Elektro-Flitzer durch München: Er ist fast lautlos und sehr flott - aber durch den dicken Akku-Pack hat er die hinteren Sitze eingebüßt. Den Serieneinsatz von E-Mobilen erwartet BMW für "Mitte des nächsten Jahrzehnts".

Ein leises Surren, ein feines Sirren – mehr ist nicht zu hören: BMW hat dem Mini ein Elektroherz eingepflanzt. Eigentlich sollen die kompakten Stromer ja demnächst in Los Angeles, New York und Berlin in einem Großversuch Kilometer fressen (siehe Kasten). Aber die AZ hatte jetzt schon Gelegenheit, den Zukunfts-Mini zu chauffieren – und zwar durch München. Für den Elektro-Flitzer ein echtes Heimspiel: Schließlich wird die aus England gelieferte Rohkarosse komplett an der Isar zusammengebaut.

Einen E-Mini zu fahren ist kinderleicht. Wie beim Benziner oder Diesel wird der Schlüssel in die dafür vorgesehene Mulde gedrückt. Nach dem Betätigen des Start-Knopfes und dem Tritt aufs Bremspedal signalisieren Lämpchen im zum Ladestandsanzeiger umgebauten Drehzahlmesser, dass alles bereit ist für den elektrischen Trip. Noch den Automatik-Wählhebel auf „D“ ziehen – und schon bringt der Tritt aufs „Gas“-Pedal das Aha-Erlebnis: Fast lautlos, aber sehr nachdrücklich setzt sich der 1,4-Tonner (400 Kilo mehr als der Benziner) in Bewegung. Wer mag, kann die Fuhre in nur 8,5 Sekunden auf 100 Sachen bringen. Bei 150 km/h wird abgeregelt, dann hat der kleine E-Motor unter dem gewaltigen Steuerungs-Koffer im Bug die Drehzahl erreicht, die er auf Dauer maximal verträgt: nämlich 12 500 Umdrehungen pro Minute.

Das Fahrgefühl ist ziemlich dynamisch

In der Praxis fühlt sich das ganze ziemlich dynamisch an, an der Ampel hat der elektrifizierte Kleine wenige Gegner zu fürchten, eher vor lauter Kraft durchdrehende Vorderräder, die elektronisch eingebremst werden müssen. 204 PS liefert der E-Motor, den exakt 5088 der aus Laptops oder Handys bekannten Lithium-Ionen-Akkus mit Energie versorgen. 30 der insgesamt 35 darin gespeicherten Kilowattstunden stehen bei voller Ladung zur Verfügung, der Rest ist Reserve und soll eine schädliche Tiefenentladung verhindern. Und die Reichweite? 250 Kilometer sind bei schonendster Fahrweise drin, heißt es bei BMW, wer öfter mal ordentlich Strom gibt, kommt etwa 150 Kilometer weit. Dann muss der Mini E für zweieinhalb Stunden an die Starkstrom-Steckdose. Oder acht bis zwölf Stunden an die mit 220 Volt.

Energie wird beim Loslassen des Gaspedals zurückgewonnen

Bis zu 17 Prozent der verbrauchten Energie kann der spannende Münchner aber auch durch Entschleunigung wieder reinholen. „Rekuperation“ nennt man das: Wird das Gaspedal losgelassen, bremst das Elektro-Auto richtig kräftig ab und speist die dabei gewonnene Energie wieder in die Akkus ein. Eine Eigenheit, an die man sich erst gewöhnen muss. An die Ampel rollen lassen – das funktioniert nicht auf Anhieb: Zuerst bleibt man leicht 15 oder 20 Meter zu früh stehen.

Wie gesagt: reine Gewohnheitssache. Eine bleibende Einschränkung ist aber das mickrige Platzangebot. Die Akkus machen sich da breit, wo sonst die Hinterbänkler sitzen. Anders ausgedrückt: der Mini E ist ein reinrassiger Zweisitzer mit mickrigem Kofferraum.

Ein solches Auto wird nicht in Serie gehen

Aber er ist ja auch in dieser Form definitiv nicht für eine Serienproduktion vorgesehen. Sondern soll Mini-Mutter BMW mit haufenweise Erkenntnissen über die Tücken und Macken des Elektroantriebs versorgen, soll Vor- und Nachteile der Akku-Anordnung und -kühlung herausarbeiten. „Wir lernen an den Fahrzeugen“, so BMW-Sprecher Daniel Kammerer. Ziel ist es, mit dem gewaltigen Akku-Pack 100000 Kilometer zu schaffen. Und natürlich leistet der Mini E ganz nebenbei auch noch kräftig Image-Arbeit für den München Autokonzern. Schließlich passt es sehr gut in diese Krisen-Zeiten, mit einem alternativen Auto vorzupreschen.

„Mitte des nächsten Jahrzehnts“ könnten nach Kammerers Ansicht die ersten serienmäßigen Stromer aus München anrollen. Schon jetzt ist klar: In denen steckt dann das Know-how aus dem Mini E. Klare Erkenntnis der AZ-Testfahrt durch München: Dem E-Antrieb gehört die Zukunft. Wenn auch nur als eine Variante der Mobilität, die für Ballungsräume, für Kurz- und Mittelstrecken. Komplett wird er den Verbrennungsmotor sicher nicht ersetzen können. Aber der läuft ja irgendwann auch statt mit Benzin oder Diesel mit Wasserstoff, der mittels regenerativ hergestelltem Strom aus Wasser gewonnen wird.

Rudolf Huber

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.