Diesel-Skandal: Hat auch BMW manipuliert?

München - Nach dem Volkswagenkonzern wird nun auch BMW vom Strudel des Abgas-Skandals erfasst. In einem Bericht der "Auto Bild" heißt es, dass ein BMW X3 mit Zweiliter-Dieselmotor in einem Abgastest unter realen Bedingungen den europäischen Grenzwert (EU6) um das Elffache überschritten haben soll. Das sorgte gestern für einen Absturz der Aktie des Konzerns.
Ein BMW-Sprecher versicherte, dass „bei der BMW Group nicht manipuliert“ werde. Das International Council on Clean Transportation (ICCT), das die Manipulationen an VW-Dieselmotoren aufgedeckt hatte, behauptet bislang zwar nicht, dass BMW wie die Wolfsburger Schummel-Software einsetzen. Allerdings habe man bei einer Untersuchung der realen Emissionen von 15 „modernen Diesel-Pkw“ eine erhebliche Überschreitung der gesetzlichen Vorgaben festgestellt.
BMW-Sprecher: "Nicht erklärbar"
Im Durchschnitt sei der Stickoxid-Grenzwert von 80 Milligramm je Kilometer um das Siebenfache übertroffen worden. Das Testergebnis ist „weder nachvollziehbar noch erklärbar“ Einige der getesteten Fahrzeuge seien unter dem Grenzwert der EU6-Norm geblieben, heißt es in einem Bericht des ICCT über die im vergangenen Jahr erstellte Studie. Dies zeige, „dass die Technologien für saubere Diesel-Pkw bereits heute existieren“. Welche Fahrzeuge unter beziehungsweise über dem zulässigen Limit lagen, ist der Studie nicht zu entnehmen. „Auto-Bild“ will jedoch erfahren haben, dass darunter auch ein BMW X3 mit Zweiliter-Dieselmotor war, der den EU-Grenzwert für Stickoxidemissionen bei realen Fahrten unter normalen Bedingungen um das Elffache überschritten haben soll. Diese Testergebnisse seien BMW bisher nicht bekannt und daher derzeit „weder nachvollziehbar noch erklärbar“, so ein BMW-Sprecher.
Systematische Überschreitung
Es ist ein offenes Geheimnis, dass unter realen Bedingungen in der Regel ungünstigere Emissions- und Verbrauchswerte erreicht werden als auf dem Prüfstand. „Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es auch für die neueste Generation von Diesel-Pkw eine systematische Überschreitung von Stickoxid-Limits unter realen Fahrbedingungen gibt – sowohl in der EU wie in den USA“, heißt es in der Zusammenfassung der ICCT-Studie. Bei BMW beruft man sich auf andere ICCT-Studien. Zwei davon hätten bestätigt, dass sowohl der BMW X5 sowie weitere 13 getestete BMW-Fahrzeuge die Anforderungen an Stickoxid-Emissionen erfüllten, so der BMW-Sprecher.
Dobrindt: Auch Autos in Europa betroffen
Nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sind auch in Europa Dieselautos von Volkswagen mit manipulierten Abgaswerten unterwegs. Das sei der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission am Mittwoch bei ersten Gesprächen in Wolfsburg mitgeteilt worden, sagte Dobrindt am Donnerstag in Berlin. Um wie viele Autos es genau gehe, stehe noch nicht fest. "Das wird sich in den nächsten Tagen klären." Dobrindts Angaben zufolge geht es um Fahrzeuge mit 1,6- und 2-Liter-Dieselmotoren. Nach dem Bekanntwerden des Skandals in den USA hatte Volkswagen bereits mitgeteilt, dass weltweit rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen seien. VW hat die Autos mit einer Software so manipuliert, dass sie bei Tests deutlich weniger gesundheitsschädliche Stickoxide ausstießen als tatsächlich auf der Straße. Konzernchef Martin Winterkorn gab wegen der Affäre seinen Rücktritt bekannt.
VW-Skandal: Motorentyp in vier Audi-Modellreihen
Unterdessen müssen im Skandal bei Europas größtem Autobauer Volkswagen auch vier Modellreihen der Tochter Audi unter die Lupe genommen werden. Der Motor vom Typ EA 189 sei auch in Fahrzeuge der Modellreihen A1, A3, A4 und A6 verbaut worden, sagte ein Audi-Sprecher am Donnerstag in Ingolstadt. Zuvor hatte es entsprechende Medienberichte gegeben. Die genauen Baujahre und die Anzahl der Fahrzeuge könnten aber noch nicht genannt werden. Ob die Autos von den Software-Manipulationen betroffen seien, könne er ebenfalls noch nicht sagen.
Daimler: Wir haben eine weiße Weste
Der Stuttgarter Autobauer Daimler hat am Donnerstag bekräftigt, eine weiße Weste zu haben. "Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen", sagte ein Konzernsprecher am Donnerstag. Volkswagen hatte eine spezielle Software eingesetzt, die bei Tests zu einer besseren Abgasreinigung und geringeren Schadstoffwerten führte als im Normalbetrieb der Autos. Solch eine Software - auch "Defeat Device" genannt - nutze Daimler nicht, betonte der Sprecher. Mit Blick auf einen drohenden Imageschaden für die Dieseltechnologie in den USA sagte er, man rechne nicht mit nennenswerten Beeinträchtigungen für die US-Geschäfte. Diesel hat für Daimler in den USA eine eher nachrangige Bedeutung. Nur etwa fünf Prozent der dort verkauften Fahrzeuge des Autobauers haben Firmenangaben zufolge einen Dieselmotor.