Wo bleibt da der Humor?
Matthias Richling teilt öffentlich richtig aus, Dieter Hildebrandt bleibt gelassen – im Titelstreit um die Kabarettsendung im Ersten
Im verbalen Schlagabtausch mit dem Altmeister des politischen Kabaretts, Dieter Hildebrandt, zieht Nachfolger Mathias Richling (55) nun richtig aus. Er warf dem 81-Jährigen in Interviews vor, die Grenzziehung zwischen Kabarett und Comedy sei „sehr humorlos“. Und: „Altgenosse Hildebrandt kann kein politisches Kabarett, sondern immer nur parteipolitisches.“ Das sind Hämmer, auf die Hildebrandt gegenüber der AZ mit feinstem Florett reagiert.
Hildebrandt hatte Richling Anfang März (siehe AZ vom 7./8.3.) die weitere Verwendung des Titels „Scheibenwischer“ für die von ihm 1980 ins Leben gerufene ARD-Kabarettsendung verboten. Dahinter stand wohl ein Unbehagen gegenüber Reformen: Richling hatte im Februar angekündigt, künftig sollten Comedy und Kabarett mit viel Tempo an einem Strang ziehen und damit das Publikum verjüngen. Hildebrandt sah das Konzept des reinen politischen Kabaretts nicht mehr erfüllt.
Er sei gegen jede Form von „Humor-Fundamentalismus“, erklärte Richling, der am kommenden Donnerstag nun erstmals die Kabarettsendung in der ARD unter dem neuen Namen „Satire Gipfel“ präsentiert, in „Der Spiegel“. Im „Focus“ meinte Richling, der „Scheibenwischer“ sei „von der SPD immer angesehen worden als parteieigene Sendung“. Deshalb gehe „Hildebrandt „leider jede Objektivität ab, auch in der Beurteilung von Kollegen“.
Kein Parteien-Kabarett
Die AZ erreichte Dieter Hildebrandt im Zug nach Fulda (wo er mit Roger Willemsen auftritt): „Das Ganze stimmt mich nicht zornig, eher heiter. Wenn ich lese, dass Richling immer schon gegen das ,SPD-Kabarett’ gewesen sei, hätte er den ,Scheibenwischer’ verlassen müssen – wegen unüberwindlicher Abneigung. Den Vorwurf ,Parteien-Kabarett’ habe ich nie in all den Jahren von ihm gehört. Vermutlich ist die Tatsache, dass ich ihm den Titel weggenommen habe, die Ursache für diese Entdeckung. Richling wird nun über seine Verhältnisse ausfällig und behauptet, er hätte die Kabarettisten ,immens geeint’. Das mag sein, aber nicht auf seiner Seite. Ich möchte keine weitere Stellung nehmen, das ist mir zu lachhaft. Aber dass Richling in den späten Jahren seines Schaffebns bei Markwort im ,Focus’ gelandet ist, erfüllt mich mit Besorgnis.“
Angie Dullinger